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Scheeren Klassifizierung: 398.9 SprichwörterDDC-Icon Klassifizierung: 430 Germanische Sprachen; DeutschDDC-Icon , unregelmäßiges thätiges Zeitwort und Zeitwort der Mittelgattung. Dieses Zeitwort ist in vielen, dem Anscheine nach, sehr verschiedenen Bedeutung üblich, welche insgesammt darin übereinkommen, daß sie Handlungen bezeichnen, welche ursprünglich mit einem und eben demselben Laute oder Schalle begleitet waren. Das Stammwort oder vielmehr der Stammlaut ist, wie bei allen Wörtern, eine Interjection, hier aber der Laut schar oder scher, woraus, vermittelst der gewöhnlichen Endsylben der Zeiten und Personen, das Zeitwort scheeren gebildet ist. Bei 1 Schar ist <141, 463> bereits das Nöthigste von den mancherlei Bedeutungen dieses Wortes und ihrer Verbindung unter sich gesagt worden; daher hier nur diejenigen angeführt sind, die das Zeitwort unmittelbar betreffen.

Klassifizierung: 398.9 SprichwörterDDC-Icon Scheeren ist eine unmittelbare Nachahmung eines gewissen Lautes, daher es ehemals auch von der Stimme, Sprache, und ihren Arten gebraucht wurde. Bei dem Notker ist Sceronne, das Geschrei, Jubelgeschrei. Der Lateinische Sermo, serere, in asserere, disserere etc. ist nebst andern schon bei 1 Schar gedacht worden; es bezeichnet aber noch verschiedene andere, mit einem ähnlichen Schalle verbundene, Handlungen, welche wieder allerlei Unterabtheilungen in Ansehung ihrer Geschwindigkeit, Heftigkeit, Leichtigkeit, Richtung etc. leiden. -- 1) Den Ort schnell verändern, in welcher Bedeutung es im Niederdeutschen ein Neutrum ist. Der Schuldige scheret, ein Niederdeutsches Sprichwort, wer flieht, giebt sich schuldig. Im Hochdeutschen ist es hier nur als ein Reciprokum üblich, wo es aber auch nur in den gemeinen und niedrigen Sprecharten gebraucht wird. Scher dich weg, mache dich fort. So auch scher dich her; kannst du dich nicht hinaus scheren? wirst du dich bald hinein scheren? Scher dich aus dem Wege! Ich will mich fortscheren. Warum schorest du dich nicht hin? Die übrigen Zeiten und Arten kommen außer dem Infinitiv und Imperativ seltener vor. In einigen Gegenden braucht man es auch in der thätigen Gattung für jagen. Jemanden hinaus scheren, hinausjagen; Engl. scare. In den Hochdeutschen gemeinen Sprecharten braucht man dafür das Intensivum scherchen und schürchen. Die Niederdeutsche <141, 464> Mundart braucht dieses Wort noch in einem weiteren Umfange. Die Wolken scheeren daselbst, wenn die unteren Wolken schneller fortziehen, als die oberen, wo aber auch die folgende Bedeutung des Theilens Statt findet. Hefenscher sind daselbst einzelne schnell laufende Wolken, welche die Sonne eine Zeitlang verdunkeln, wo sich aber auch der Begriff des Schauers, der Verdunklung, Verdeckung annehmen läßt. Eben daselbst bedeutet es auch, sich schwebend hin und her bewegen. Die Störche scheeren, wenn sie langsam in der Luft hin und her ziehen. Daher wird auch eine Art Meven, welche einen schwebenden Flug hat, daselbst Scherke genannt. Auf Schlittschuhen nach beiden Seiten in halben Zirkeln ausschreiten, heißt gleichfalls scheeren, und auch im Englischen ist sheer, einwärts streichen, von Schiffen. Nach Frisch und Wachter soll diese ganze Bedeutung eine Figur der folgenden Bedeutung der Theilung seyn; allein es ist hier ohne Zweifel eine unmittelbare Onomatopöie und allem Ansehen nach eine der ersten und ältesten Bedeutungen dieses Wortes. Unser schier, so fern es hurtig bedeutet, ist nahe damit verwandt. -- 2) Heftig und schnell bewegen, eine im Ganzen veraltete Bedeutung, welche aber noch einige Ueberbleibsel zurückgelassen hat. -- Als ein Neutrum, lustige, spashafte Bewegungen machen, und im weiteren Verstande scherzen; eine veraltete Bedeutung. Im Oesterreichischen ist pakschierig noch possierlich. Kero übersetzt Scurrilitas durch Skerin, Skeru, im Englischen ist jeer, scherzen, spotten. Das Lateinische Scurra und unser Scherz und Schurk gehören, allem Ansehen nach, zu dieser Verwandschaft. -- (1) Als ein Activum (a) Jemanden scheeren, im ge<141, 465>meinen Leben, ihn schrauben, aufziehen. Mancher will geschoren seyn.

Und wer nicht schiert, der wird geschoren,
So bald er nur den Rücken dreht,
Günther.

Klassifizierung: 398.9 SprichwörterDDC-Icon Frisch und Wachter sehen diese Bedeutung sehr unwahrscheinlich von scheeren, tondere, an, weil die Abscheerung der Haare ehedem eine verächtliche Strafe war. Im Englischen ist Scorn und im Italienischen Scherno, Verspottung. --b. Jemanden scheeren, ihn ohne Noth und Nutzen gleichsam nur zur Lust plagen und beunruhigen; auch nur in den gemeinen Sprecharten; auch eigentlich ihn zur Lust gewaltsam hin= und herstoßen, wenn es hier, nach Adelung, nicht durch den herben Zischlaut aus sehr und sehren in versehren gebildet ist. Die Unterthanen scheeren, sie plagen und drücken. Laß mich damit ungeschoren. Ich bin mit ihm geschoren, geplagt. Ingleichen im weiteren Verstande. Das scheert, im gemeinen Leben schiert, mich nichts, das kümmert mich nicht, geht mich nichts an. Was schiert das dich? was bekümmert es dich. Alle nur in den niedrigen Sprecharten. Die Scheererey ist daselbst eine Sache, welche uns unnöthige, verdrießliche Mühe macht. Frisch gedenkt auch der ehemaligen Schoristen auf den Universitäten, welche die neu Ankommenden zu plagen sich berechtiget hielten. In den gemeinen Sprecharten hat man in dieser und der vorigen Bedeutung das Iterativum schurigeln, s. Pfeil-Icondasselbe. -- 3) Reißen, schneiden, spalten, theilen etc., eine gleichfalls sehr alte Bedeutung, zu welcher Scharte, Scherbe, Scherf, Sarter, Zerter, zerren, scharf, schürfen, das Böhmische Serra, das Schwedische Skaera, hauen, <141, 466> schneiden, das alte Französische scirer, in dem heutigen dechirer, und ohne Zischlaut kerben, der Gehren, das Griechische κειρειν, und andere mehr gehören. Ueberhaupt findet man es von allen Arten des Theilens, Schneidens, Verletzens etc., bei welchen sich ein diesem Worte angemessener Laut gedacht werden kann; s. die Pfeil-IconScheere. Im Deutschen kommt es besonders in folgenden Fällen vor. (1) Essen und fressen, als ein Neutrum, jedoch nur in einigen Niederdeutschen Gegenden, z. B. in Dithmarsen. Wacker scheeren können, wacker essen. Das Vieh scheert die Wiese, wenn es selbige kahl frißt. -- (2) Mähen, in der Landwirthschaft einiger Gegenden, besonders von dem Abmähen des Grases. Daher sind in einigen Gegenden einschürige, zweischürige Wiesen, welche des Jahres einmal oder zweimal gemähet werden können. Im Schwedischen ist skaera und im Englischen shear gleichfalls mähen, und in der ersteren Sprache Skära. Die Sichel und Skörd, die Erndte. -- (3) Mit einem Messer horizontal über eine Fläche wegfahren, um die hervorstehenden Haare, Wolle etc. wegzunehmen; wo die Onomatopöie unleugbar ist. Mit dem Scheermesser scheeren. Sich den Kopf kahl scheeren lassen. Vom Barte, den Bart scheeren, ist es nur in der niedrigen Sprechart üblich, so wie die meisten davon herrührenden Zusammensetzungen und Ableitungen, z. B. Bartscheerer, Scheerbecken etc. In den anständigen Sprecharten braucht man dafür die ausländischen balbieren und rasieren. Sich eine Platte scheeren lassen. Figürlich, doch auch nur in den niedrigen Sprecharten: ich weiß nicht wie ich da geschoren bin, wie ich in diesem Falle daran bin; der Wirth <141, 467> scheert oder schiert seine Gäste, wenn er sie zu viel bezahlen läßt. In dieser Bedeutung schon bei dem Kero intensive skerran, im Englischen shear, im Niedersächsischen gleichfalls scheeren. (4) Mit der Scheere auf ähnliche Art horizontal über eine Fläche fahren, um alle hervorstehende weichere Theile an derselben wegzunehmen. Sich den Kopf kahl scheeren, wenn es gleich auf diese Art mit der Scheere geschieht. Jemanden über den Kamm scheeren, bedeutete ehemals, wie es in den alten deutschen Sprichwörtern erklärt wird, Jemanden unter dem Scheine der Liebkosung, der Schmeichelei zu schaden suchen. Aber, alle über einen Kamm scheeren ist noch jetzt im gemeinen Leben, alle auf einerlei Art behandeln, einem wie dem andern begegnen. Einen Hund scheeren, ihm mit der Scheere die Haare nahe an der Haut wegnehmen. So auch die Schafe scheeren. Er hat sein Schäfchen geschoren, sagt man von einer Person, die bei einer Sache ihren Vortheil gemacht hat. Auch das Beschneiden der Hecken mit einer großen Scheere wird das Scheeren genannt; wenigstens sagt man im Mittelworte geschorne Hecken. Wenn die wollenen Tücher von dem Stuhle des Webers kommen, werden sie von dem Tuchscheerer mit der großen Tuchscheere geschoren, wozu eigentlich eine dreifache Arbeit gehört, deren jede ihren eigenen Namen hat; s. weiter unten. -- (5) Theilen, einen Unterschied machen, ausnehmen, lauter im Hochdeutschen veraltete Bedeutungen, welche aber noch in einigen Provinzen vorkommen. Im mittleren Latein ist carrire, theilen, und im Lettischen skirru, absondern, wohin ohne Zischlaut auch das Lateinische Intensivum secernere gehört. Wer da wollte scheeren, einen Unterschied <141, 468> machen, in einer alten Reim=Chronik in den Script. Brunsu. nach dem Frisch. Dar quomen gegen de Oster Heren Unde begonden sek dar scheren, sich zu theilen, eben daselbst. Ausscheeren ist daselbst eine Ausnahme machen. Im Niedersächsischen ist scheeren und schoren noch jetzt, scheiden, absondern, durch eine Zwischenwand theilen, daher Schorels daselbst eine solche bretterne Zwischenwand, und Schorten, abgetheilte Fächer bedeutet. Ebendaselbst ist scheeren und schieren auch zutheilen, und Schierung, ein zugetheiltes Ding, ein zuerkannter Theil, besonders das Jemanden zur Unterhaltung zugetheilte Stück eines Deiches. Unser bescheeren hat diese Bedeutung gleichfalls noch. -- 4) Ausspannen, besonders von seidenen Fäden etc., welche Bedeutung von dem Begriffe der Bewegung und Ausdehnung in die Länge abstammt und womit das Lateinische Series verwandt ist. S. I. Pfeil-IconSchar. Eine Linie, ein Seil scheeren, heißt noch durch ganz Niedersachsen, ein Seil ausspannen, wo es in manchen Gegenden auch schieren lautet. Die Kattunweber schieren daher, wenn sie von jeder Spuhle einen langen Faden eine Strähne auf den Scheerrahmen aufhaspeln, und in manchen Gegenden wird das Aufziehen des Garnes bei allen Arten der Weber scheeren genannt, da denn die Anscheere oder Scheerung, Niedersächsisch Scheering so viel als der Aufzug ist. Ein Tuch ist auf 36 Ellen geschoren, wenn der Aufzug so lang war. Manche Sprachforscher, denen diese allgemeine Bedeutung des Ausspannens unbekannt war, haben diesen bei den Webern üblichen Gebrauch als eine Figur von scheeren, theilen, angesehen. So auch das Scheeren in allen obigen Fällen. Das in eini<141, 469>gen Gegenden übliche Scheerung, ein bescheidenes zugemessenes Theil, ingleichen der Aufzug eines Gewebes, ist nicht das Verbale, sondern ein eigenes, vermittelst des Suffixi -- ing oder ung gebildetes Hauptwort. Es giebt außer den oben angeführten Fällen in den Mundarten noch mehrere, in welchen dieses Zeitwort gebraucht wird; dahin gehört z. B. das Dithmarsische scheeren, den Koth von sich geben, und Schor, Koth, und das Oesterreichische scheeren, für schaben, daher die kleinen Steckrüben daselbst Scheerrübel genannt werden. Unser scharren ist das Intensivum davon, so wie auch scheuern damit verwandt ist. Im Schwedischen ist skaera gleichfalls reinigen. Ueberhaupt ist dieses Zeitwort eines von denjenigen, welche in ihren Veränderungen und Verwandten durch alle Selbstlaute durchgehen, als deutlicher Beweis, daß diese in sehr vielen Fällen für völlig gleichbedeutend gehalten werden; die Schar, scheeren, scheuern, du schierst, Nieders. schieren, geschoren, Schur Feuer schüren etc.

Das Scheeren der Tücher bei den Tuchbereitern. Das aufgeranbete Tuch muß von seiner ungleichen Wolle befreit und demselben ein gerader Strich durch den Schnitt gegeben werden. Je feiner das Tuch ist, um so dichter ist die Wolle auf seiner Oberfläche und desto sammtartiger und glänzender ist auch das Tuch nach der Presse und Zurichtung. Das Tuch wird zu verschiedenen Malen gerauhet und daher auch geschoren, nämlich aus dem ersten Wasser oder Haarman, aus dem zweiten, dritten, auch wohl aus dem vierten Wasser. Bei allen Arten der Scheerung sind die nämlichen Handgriffe folgende: Wenn der Scheerer sein Tuch scheeren will, so breitet er es nach sei<141, 470>ner Länge auf dem Scheertisch nach der Breite des letzteren aus, und derjenige Theil des Tuches, der jedesmal auf dem Tische liegt, heißt eine Tischbreite. An den beiden Kanten des Tisches wird die Tischbreite an jeder Saalleiste mit einem starken Pinthaken auf dem Tische selbst aber an jeder Saalleiste mit sechs kleinen Scheerhaken befestiget. Durch diese Haken spannt der Scheerer die Tischbreite glatt aus, damit ihm die Falten beim Scheeren nicht hinderlich seyn. Dann bürstet ein Scheerer die Wolle des Tuches mit einer Bürste auf. Zwei Tuchscheerer legen nun ihre Scheeren auf das Tuch, der eine neben der obern Saalleiste, der andere aber in der Mitte der Tischbreite, gerade in die Mitte. Die Scheere wird folgendergestalt aufgelegt. Da der Lieger beständig auf dem Tuche liegt und der Läufer bei dem Scheeren stets gegen den Lieger bewegt werden muß, so sind zu diesem Zwecke an der Scheere folgende Stücke angebracht. Auf dem Lieger ist ein Stück Holz angeschraubt, so die Wanke genannt wird, an welcher ein Riemen oder ein Zügel befestiget ist, der die Wanke mit dem Stenzel, ein anderes Stück Holz, vereiniget. Der Stenzel hat einen Kerb oder eine Rinne, die an den Rücken des Läufers gesetzt wird; mithin ist der Zügel auf den beiden Blättern der Scheere zwischen der Wanke und dem Stenzel ausgespannt, und wenn der Scheerer den Stenzel an seinem Stiele mit der Hand hinabdrückt, so preßt er hierdurch den Läufer gegen den Lieger und die Scheere schneidet. Der Bogen der Scheere treibt aber wegen seiner Schnellkraft den Läufer wieder zurück. Der Scheerer bewegt die Scheere an dem Stenzel mit einer Hand, mit der andern aber hält er dieselbe an der einen Stange fest. Dieserhalb ist an der einen Stange <141, 471> des Liegers innerhalb entweder eine Leier oder eine Bilge befestiget. Die Bilge wird bloß an den Läufer, die Läufer aber zugleich hinten an die Stange des Liegers angebunden und der Lieger ist mit 70 bis 80 Pfund Bley beschwert. Der Scheerer bedient sich nun der Bilge oder der Leier, nachdem es ihm bei jeder Scheere am bequemsten ist. Jeder Scheerer hält und regiert beim Scheeren mit der rechten Hand die Scheere an der Bilge oder Leier und mit der linken Hand bewegt er den Stenzel. Durch das letzte erreicht er eine doppelte Absicht. Erstlich wird der Läufer gegen den Lieger bewegt und die Scheere schneidet hierdurch die langen aufgebürsteten Haare ab; zweitens rückt auch der Liger und die ganze Scheere langsam und nach und nach bei jeder Bewegung des Stenzels hinab. Die Neigung des Scheertisches befördert dieses Hinabsinken des Liegers; allein er kann nicht zu stark sinken, da er nicht allein mit einer Last von 70 bis 80 Pfund beschwert ist, sondern ihn auch die rechte Hand des Scheerers regiert. So rückt der Lieger bei jeder Bewegung des Stenzels etwa um eine halbe Linie breit weiter fort. Auf diese Art scheert der eine Tuchscheerer von der Saalleiste bis zur Mitte der Tischlänge, der andere aber von dieser Mitte bis zur untersten Saalleiste. Wenn eine Tischlänge geschnitten ist, so bürstet man mit einer Bürste wieder die Wolle zu, wodurch sich die Wolle wieder auf das Tuch niederlegt. Die Tischlänge wird nun abgenommen und eine neue übergesetzt. Jede Tischlänge muß aber auf gleiche Weise behandelt werden, und ein 30 Ellen langes Tuch enthält 45 Tischlängen, da der Scheertisch 1 1/2 Fuß breit ist. Bei der ganzen Arbeit muß sich ein Scheerer nach dem andern richten, daß beide gleich stark scheeren.

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Das Scheeren der Tücher zu Eupen geschieht auf folgende Weise: Ein feines Tuch wird auf jeder Seite, auch wohl nur auf der rechten Seite 1 bis 2 Schnitt aus den Haaren geschoren, nachdem es nämlich vorher gerauhet worden. Nach dem Rauhen erhält es noch 2, 3, 4, 5 bis 6 Schnitt, je nachdem das Tuch stark ist. Ein gewöhnliches Tuch wird hingegen, nachdem es fertig geknätet ist, mit zwei bis drei Schnitten auf der rechten Seite und einen auf der linken Seite fertig geschoren. Die Drap de Dames erhalten ein bis zwei Schnitte auf der rechten und einen auf der linken Seite. Man richtet sich hier überhaupt nach der Beschaffenheit des Tuches, ob es viel oder wenig Schnitte vertragen kann. Es ist aber besser, wenn es einen Schnitt mehr, als weniger vertagen kann. Man muß auch scharfe oder stumpfe Austreicheisen haben und dazu nehmen, womit man die Haare ausstreicht, ehe es geschoren wird, nachdem das Tuch schwach oder stark ist. Es kommt auch viel darauf an, zu welcher Farbe das Tuch bestimmt ist; denn soll dieses eine helle Farbe bekommen, so darf es nicht so kurz geschoren werden, als ein Tuch zu einer dunklen Farbe; auch wird ein feines Tuch allemal kürzer geschoren, als ein geringeres, oder eins, das man stark im Rahmen ziehen will. Wenn zwei Mann scheeren, so muß beim Mantelende angefangen werden, dann am Hinterende, weil eine Scheere oft mehr, als die andere abnimmt, wodurch es also egal geschoren wird. Ein Mann kann in einer Stunde 5, 6, 7 bis 8 Tische oder 2 1/2, 3 bis 3 1/2 Ellen vom 2 Ellen breiten Tuche scheeren, vom 9/4 bis 10/4 breiten aber nur drei bis vier Tische. Zwei Mann können eilf und neun Viertel breite, 6, 7, 8 bis <141, 473> 9 Tische, acht Viertel breite, 8, 9, 10 bis 11 Tische in einer Stunde scheeren. Wenn ein Tuch gut geschoren seyn soll, so muß es keine Kerben haben, welches Streifen sind, die weniger, als das andere Tuch verloren haben, und keine Bankerotte, wenn nämlich bei jedem Tische etwa Haare gar nicht geschoren werden. Es ist auch ein Vortheil, wenn die Scheerer stark mit der Scheere aufsetzen, daß viele Haare auf einen Schnitt davon gehen, welches ohnehin auch einen Schnitt erspart. Zu Ende des verwichenen Jahrhunderts erhielt ein Mann 14 Mark 4 Buschen Tagelohn. Ein Tag besteht aus 12 Stunden, früh um 5 Uhr wird angefangen. Mittags haben sie eine Stunde frei und dann arbeiten sie bis acht Uhr des Abends. Nach jeder Stunde haben sie fünf Minuten Ruhe. Sobald das Tuch fertig geschoren und recht trocken ist, so wird es gewogen, um zu sehen, wie viel es verloren und ob der Tuchmacher etwas davon entwendet hat. Ein 2400 Tuch wiegt in Eupen gewöhnlich 80, 85, 90 bis 92 Pfund ein 3000 bis 3200 Tuch 75 bis 80 Pfund.

Das Scheeren zur streifigen Kette bei dem Seidenwirker. Hierbei muß der Weber genau berechnen, wie viel Haupt= und Nebenborten in seiner Kette geschoren werden müssen, um die verlangte Schattirung seiner Streifen heraus zu bringen. Nach dieser Berechnung stellt er die Bobinen mit der darauf gespulten Seide auf seinen Cantre auf. Da es nun verschiedene Streifen in einem Zeuge giebt und daher sehr viele Spulen mit Seide erfordert werden, so wählt er sich einen solchen Cantre der vielseitig ist und daher mehrere Reihen Spulen aufstellen kann. Kann er an einer Seite alle Spulen zu einem Streifen mit ihren Haupt= und Nebenfarben aufstellen, so <141, 474> ist es für ihn bequem, und er hat nicht nöthig beim Scheeren eines Streifens abzubrechen. Er ordnet seine Spulen so, daß sowohl die Hauptfarbe, als auch die Nebenfarben oder Schattirungen der Hauptfarbe, an ihre gehörige Stelle gesteckt werden. Ist der Streifen ein offener Schatten, so müssen aber erst die helleren Farben, nach der Mitte zu immer die dunkleren, und recht in der Mitte die Hauptfarbe, von hier aus nach unten zu aber immer wieder hellere Farben aufgesteckt werden. Kann er nicht auf einmal alle zu einem Streifen gehörige Spulen aufstecken, so muß er abbrechen. Er kann nur den halben Streifen scheeren und muß Theilweise die Streifen scheeren, wenn er mit dem einen Theile an der einen Seite des Cantres fertig ist, zu dem andern Theile auf der andern Seite die Spulen nach der getroffenen Ordnung aufstellen, dann die Faden von der ersten Seite abbrechen und an dieser fortscheeren, so auch, wenn er gezwungen ist mehrere Theile zu scheeren, sich auf mehreren Seiten die Rollen aufstecken und scheeren. Hier kommt es nun auf seine Einsicht und Ueberlegung an, wie die Rollen mit der Seide geordnet werden müssen, damit er zu gehöriger Zeit abbreche und wieder fortscheere. Kann er mit einmal die halbe Streife scheeren, so braucht es weiter keine Umstände, er hat die Spulen bis zur Mitte des Streifens aufgesteckt, gerade herab und wieder hinauf, und erhält dadurch den ganzen Streifen, wie er denn auch größtentheils zur Bequemlichkeit nur jederzeit so viel Spulen aufsteckt, als zum halben Streifen erforderlich sind, weil das Hinab= und Hinaufscheeren ihm den ganzen Streifen bildet; denn die verschiedenen Schatten sind bei einem offenem Schatten von beiden Seiten der mittleren Hauptfarbe gleich, folglich kann <141, 475> er durch die Hälfte von Spulen durch das Hinab= und Hinaufscheeren den ganzen Streifen erhalten. Ist der Schatten geschlossen, so macht er es eben so; denn der hellste Schatten verliert sich in der Mitte. Die dunkelste Hauptfarbe fängt den Streifen an und schließt auch denselben. Mit allen anderen Vorfällen macht er es eben so, wie bei dem offenen Streifen, er theilt seine Spulen auf den verschiedenen Seiten des Cantre ein, bricht ab, wenn es nöthig ist, und macht es eben so, wie bei den Streifen mit offenen Schatten. Da es aber in einem streifigen Zeuge Streifen von verschiedener Breite und von verschiedenen Farben giebt, so muß er, wenn es seyn kann, entweder an der einen Seite, oder wenn er nicht dazu Platz hat, an mehreren Seiten sich die anderen Streifen auf nur gedachte Art ordnen, und wenn er einen fertig geschoren, die Faden abbrechen und zu den andern übergehen, solche nach der Ordnung, wie sie nach dem Muster folgen, auf gedachte Art scheeren, und wenn er alle durchgeschoren hat, solche abbrechen und zu dem ersten übergehen. Dieses wiederholt er so oft, als es ihm sein Muster vorschreibt, bis er das ganze Muster durchgeschoren hat. Noch muß hier angemerkt werden, daß wenn Faden der zweiten Scheerung von solcher Farbe unten sind, die im Ganzen zu den oben erstgeschornen gehören, er solche bei dem Hinaufscheeren zu diesen obersten umstürzen muß, das ist, er drehet sie bei dem Einlesen des Kreuzes um, daß die obersten unten, und die untersten oben, zu denen sie gehören, kommen. Da er bei dem Ordnen der Spulen berechnet haben muß, wie viele Rieth und wie viele Fäden zu einem Streifen gehören, so muß er dieses nach Gängen bestimmen und bei dem Scheeren so viele Gänge, als nöthig ist, schee<141, 476>ren, welches ihm viel Schwierigkeit macht und nur seine lange Erfahrung macht es ihm leicht, weil er, wenn eine Stelle nur von wenigen Faden einer Farbe vorhanden ist, und er dennoch die Anzahl der Gänge hervorbringen muß, bald da, bald dort abbrechen muß, und diese so lange herauf und herunter scheeren, bis er die verlangten Gänge hervorgebracht hat, und alsdann erst wieder zu einer andern Farbe übergehen etc. Bei jedem Hinab= und Hinaufscheeren muß er auch allemal das Kreuz sowohl oben, wenn er herunterscheert, als auch unten, wenn er hinaufscheert, einlesen, weil sich jedesmal zwei einfachen oder doppelten Faden durchkreuzen müssen, indem diese Durchkreuzung bei dem Weben das Fach macht.

Das Scheeren der Strümpfe bei dem Strumpfwirker. Nach dem Rauhen, wird der Strumpf, welcher geschoren werden soll, auf eine 1 Fuß lange hohle hölzerne Walze gelegt, die mit einem alten Strumpf überzogen ist, damit der neue eine weiche Unterlage habe. Auf dem Strumpf und der Walze liegt die Scheere unbeweglich nach der Länge der letzteren. Die Scheere hat der Strumpfstricker mit einem Riemen an den Leib geschnallt; denn er steckt einen Ring an den Griff der Scheere durch ein Loch des Riemens, welchen er um den Leib trägt, und hinter dem Riem, nach dem Leibe zu, einen Pflock durch den gedachten Ring, und giebt hierdurch der Scheere eine sichere und haltbare Lage. Beim Scheeren steckt er in die Aushöhlung der Walze eine Hand, bewegt mit der Walze den Strumpf gegen die Scheiden der Scheere und setzt bloß die eine Klinge der Scheere mit der Hand in Bewegung, so daß die Scheere die erhöhete Haare abschneidet. Bei dem Rauhen wird von der Spitze nach der Stulpe <141, 477> des Strumpfes zu gerauhet; beim Scheeren geschieht aber das Gegentheil, nämlich von der Stulpe nach der Spitze zu. Jede breite Seite des Strumpfes wird besonders, aber nur einmal, geschoren; zuletzt werden die abgeschornen Haare mit einem Besen von Reisstroh abgebürstet; denn dieses giebt auf den Strümpfen keine Streifen.

Scheeren, im Schiffbau, heißt ein Schiff von Richtspanten und an dieselben befestigten Senten errichten, ungefähr so, wie der Zimmermann zu Lande ein Haus errichtet. Man braucht es auch von den Planken, und dann heißt: die Planken eines Schiffes scheeren, so viel, als die Richtung der Gänge von vorne nach hinten und wie sie gegen einander vorschießen sollen, anordnen.

Scheerenassel Klassifizierung: 595.6 Myriapoda (Tausendfüßer)DDC-Icon , Scolopendra forficata, eine Art Asseln, welche an den Füßen mit Scheeren versehen sind.

Scheerengeläute Klassifizierung: 794 Unterhaltungsspiele für drinnenDDC-Icon Klassifizierung: 534 Schall und verwandte SchwingungenDDC-Icon , das Geläute vermittelst einer Scheere. Um dieses zu bewerkstelligen, nehme man einen Faden von vier bis fünf Ellen Länge, binde an dessen Mitte eine Scheere und wickle hierauf die beiden Fadenenden um die Mittelfinger der Hände, nämlich an jeden Finger das eine Ende des Fadens. Jetzt steige man auf eine hohe Bank und so stehend stecke man die beiden Mittelfinger welche den Faden tragen, in beide Ohren, indessen man den Faden hin und her schlenkert, damit die Scheere hier oder da anstoße oder irgendwo anschlage. Durch diese Bewegungen vernimmt man ein Getöse und Gesumme, als ob eine Glocke geläutet würde, indem die Bebungen von der anstoßenden Scheere durch die Schwingungen des Fadens dem Ohre übertragen werden.

Scheerenglied Klassifizierung: 621.8 MaschinenbauDDC-Icon , Scheerglied, Seilhaken, Klobenring, Kloben, Klobenglied, ein als Ket<141, 478>tenglied gestaltetes Eisen, welches man bei den Wassermaschinen gebraucht, wenn an einer Kette ein Glied springt, um solches zerbrochene Glied sogleich mit diesem Scheerenglied zu ersetzen und die Kette wieder ganz zu machen.

Scheerenschleifer Klassifizierung: 683.8 Haushaltsutensilien und HaushaltsgeräteDDC-Icon Klassifizierung: 331 ArbeitsökonomieDDC-Icon , ein Professionist, der Messer und Scheeren, wenn solche stumpf geworden, wieder scharf schleif. Die Franzosen machen einen Unterschied mit demjenigen Scheerenschleifer, der mit seiner Schleifmaschine auf den Straßen herumzieht, seine Dienste anzubieten, und demjenigen, der sein Handwerk nur zu Hause betreibet. Ersteren, nennen sich Gagne-petit und Letzteren Remouleur. Die Instrumente die sie sich beim Schleifen bedienen, s. unter Pfeil-IconMesserschmid, Th. 89. Pfeil-IconS. 252 u. f.; wo auch die Schleifmaschine oder das Schleifrad vorkommt.

Scheerenschmid Klassifizierung: 331 ArbeitsökonomieDDC-Icon Klassifizierung: 683.8 Haushaltsutensilien und HaushaltsgeräteDDC-Icon , ein Zweig vom Messerschmid, der selten als ein ordentlicher Professionist in den Städten wohnt, sondern sich nur auf Messerfabriken befindet, woselbst es seine vorzüglichste Beschäftigung ist, bloß Scheeren zu schmieden und zu verfertigen, wovon er auch insbesondere den Namen erhalten hat.

Scheerenschnitt Klassifizierung: 610.28 Unterstützende Techniken und Verfahren; Geräte, Ausstattung, MaterialienDDC-Icon , in der Wundarzneikunst, ein Schnitt bei einer Wunde, welcher mit der Scheere verrichtet wird. Alle schneidende Instrumente wirken auf eine doppelte Art. Der Meisel, der Säbel, im Fall der Hiebwunde, wirken bloß durch den Druck, indem sie die äußeren Fasern so stark auf die inneren drücken, daß sie reißen. Das Bistouri und alle schneidende Instrumente wirken wie eine feine Säge, deren Schneide aus kleinen Zähnen besteht, indem man sie über die zu trennenden Theile hin und herzieht. Bei einiger Aufmerksamkeit wird man finden, daß die Scheeren auf beiderlei Art <141, 479> wirken; denn sie drücken und machen, wenn man sie öffnet und wieder schließt, mit ihrer Spitze nicht eine gerade Linie, sondern einen Theil eines Zirkels, und weichen etwas zurück, so sehr man es auch zu verhindern sucht. Aus dieser Wirkungsart wird der Grund hergenommen, daß die Scheere dem Bistouri weit nachzusetzen ist, daß letzteres einen weit reineren Schnitt mache und weit weniger Schmerzen verursache, daß es mit seiner feinen Schneide auf die zu trennenden Theile mit der kleinsten Ueberfläche einer mathematischen Linie, daß hingegen die Scheere langsamer wirke, weil ihre Blätter die zu trennenden Theile mit einer breiten Ueberfläche berührt, sie folglich quetschen, zerreissen, ja kauen muß. Wenn man die Folgen der Scheerenschnitte unterdessen mit einer genauen Aufmerksamkeit prüft, so wird man finden, daß sie sich nicht heftiger entzünden und leichter in Eiteterung übergehen, als die Schnitte mit den Bistouris. Es giebt wirklich Gelegenheiten, wo es scheint, daß die zu trennenden Theile mehr Gewalt von einem Bistouri, als von einer Scheere leiden. Man versuche es einen gespannten Zwirnsfaden mit einer Scheere zu durchschneiden und man wird finden, daß ihn die Scheere geschwinder und leichter durchschneidet, als das Bistouri. Immer muß man aber in solchen Fällen ein gutes Bistouri gegen eine gute Scheere halten. Auch will es nichts sagen, daß man sagt: Die Scheere zerreisse und quetsche die Theile; denn genau betrachtet zerreißt sie das Bistouri auch und spannt sie, indem es wie eine Säge wirkt, und Druck und Spannung haben einerlei Wirkung. Da übrigens die Scheeren beiderlei Wirkungsart haben, das heißt, zum Theil durch Druck und zum Theil wie eine Säge wirken, sollte es nicht glaublich seyn, daß ein Instru<141, 480>ment dieser Art stärker, leichter und geschwinder wirkt, als ein Instrument, welches nur auf einerlei Art wirkt. Uebrigens versteht es sich, daß die Wahl zwischen beiden Instrumenten eines Theiles von der Bequemlichkeit und der Gestalt des schneiden Instrumentes und des Theils der durchschnitten werden soll, andern Theils von der Dicke des Theils der durchschnitten werden soll oder von der Mehrheit derselben, die auf einmal getrennt werden sollen, abhängt. Nur wenn der Theil mehr oder weniger dünn ist, findet der Gebrauch der Scheere statt, denn die Scheere muß den Theil, den sie faßt, auf einmal durchschneiden, und dies kann sie nicht, wenn der Theil dick ist; aber auch das Bistouri durchscheidet dicke Theile nicht auf einmal, sondern es muß zu wiederholten Malen angesetzt werden. Gute Scheeren müssen immer kurze und lange Griffe haben, wenn man gut mit ihnen schneiden soll. Daher giebt man den Blättern ein Drittheil von der ganzen Länge der Scheere. Damit ihre Blätter leicht und gut aufeinander laufen, sollte man dieselbe kurz vor dem Gebrauche mit ein wenig Oel bestreichen, um ihnen einen leichten Gang zu verschaffen. Man faßt die Scheeren verschiedentlich an, wobei es aber nicht sowohl auf Regeln, als auf eigene Empfindung, Bequemlichkeit und Gewohnheit ankommt, und nachdem ein härterer oder weicherer Theil durchschnitten werden soll. Bei dem Schneiden kommt es nicht allein auf die Gewalt und den Druck an, sondern man muß, damit sich die Blätter im Schnitt nicht wenden, den Körper mit der bis nahe ans Gewinde geöffneten Scheere fassen und mittelst der Finger die Blätter im Schnitte dergestalt wenden, daß ihre Schneiden nahe an einander gedrückt werden und sich folglich nicht so leicht von einander entfernen. <141, 481> Nimmt man sich beim Schneiden nicht in Acht und zieht die Scheere während desselben etwas zurück, so macht man den Schnitt schmerzhaft, oder kneipt, und durchschneidet nicht. Wenn man einen gewissen bestimmten Schnitt von einer vorgesetzten Länge machen will, so legt man, um zu verhüten, daß die Scheere nicht tiefer schneidet, als man will, den Zeigefinger in einer näheren oder geringeren Entfernung zwischen ihre Aeste nahe ans Gewinde, je nachdem man die Scheere sich mehr oder weniger schließen lassen will. In folgenden Fällen sind die Scheeren brauchbar, nothwendig und nicht selten dem Bistouri vorzuziehen. 1) Bei weichen, welken, schlaffen, dünnen und häutigen Theilen. -- 2) Bei unruhigen Kranken z. B. bei Kindern, wo das Bistouri leicht etwas verletzt, zum Voraus gesetzt, daß die Art des Schnittes den Gebrauch der Scheere zuläßt. -- 3) Wenn beim Gebrauch des Bistouris eine Hohlsonde nöthig ist, und der Wundarzt die linke Hand nicht frei hat, womit er die Hohlsonde halten kann. -- 4) In allen Fällen, wo man will, daß der Schnitt stärker eitern soll, wie z. B. bei den Schußwunden, Fisteln, Geschwüren. -- 5) In Fällen, wo bei gequetschten Wunden und Zerreißungen gequetschte Lappen und halb abgesonderte Theile abzunehmen sind. -- 6) Bei der Eröffnung der Brandblasen. -- 7) In Fällen, wo wildes schwammichtes Fleisch oder andere Auswüchse wegzunehmen sind. -- 8) In manchen andern Fällen, wo bloß die örtliche Beschaffenheit des Theils, auf welchen der Wundarzt operiren soll, den Gebrauch der Scheere nothwendig macht, z. B. wenn der widernatürliche lange Zapfen abgeschnitten oder das Zungenband eingeschnitten werden soll. Bei Einschnitten in die Haut muß <141, 482> man sich der Scheere so selten, als möglich, bedienen und die Abcesse nicht mit einer Scheere erweitern, ausgenommen, wenn die Haut sehr dünn, welk, und verdorben ist, folglich der Schnitt keine starken Schmerzen erregt.

Jetzt noch Einiges von dem Gebrauche der Scheere in besonderen Fällen. Am Kopfe kann man sich der Scheere vorzüglich zur Wegnehmung der schwammichten Auswüchse, die bei Kopfwunden, die eine große Oeffnung in den Hirnschädel verursachen, zuweilen aus der harten Hirnhaut hervorwachsen, bedienen. Die Hohlscheeren sind dazu am bequemsten; nur muß man sich hüten, die Hirnhaut damit niederzudrücken oder aufwärts zu ziehen. Ist Eiter vorhanden oder ausgetretene Feuchtigkeit, so muß man erst mit der Lanzette einen Stich machen und diesen dann mit der Scheere erweitern. Zerrissene oder sonst getrennte Ohrlappen werden mit der Scheere rund gemacht und dann wie die Haasenscharte vereiniget. Auch die widernatürliche Vereinigung der Augenlieder läßt sich mit einer kleinen Scheere trennen, wenn man sich nach Herrn Richter' s Art nicht eines kleinen, feinen, schmalen Scalpels, mit einer stumpfen kurzen, sondenartigen Spitze, bedienen will, dessen Rücken man bei der Operation nach dem Augapfel hindreht. Bei der Auswärtskehrung der Augenlieder schneidet man die Falte, welche die aufgeschwollene innere Haut der Augenlieder bildet, am bequemsten mit der Scheere ab. Auch die Warzen, die widernatürlich aufgeschwollene Thränenkarunkel und andere Auswüchse an den Augenliedern lassen sich meistens bequemer mit der Scheere, als mit dem Bistouri wegnehmen. Bei der Ausziehung des grauen Staares ist man zuweilen genöthiget, den Schnitt in der Hornhaut <141, 483> mittelst einer kleinen Scheere zu erweitern und bei der Ausrottung des Augapfels läßt sie sich mit gleich großem Nutzen, wie das gebogene Scalpel brauchen. Nasenpolypen, die nicht weit von der Oeffnung der Nasenlöcher festsitzen, kann man mittelst einer Scheere nahe an ihrem Fuße abschneiden, wenn man sie zuvor mit einer Zange so stark als möglich aus dem Nasenloche hervorzieht. Bei zusammengewachsenen Lippen des Mundes läßt sie sich mit gleich gutem Erfolge, wie das Bistouri anwenden. So auch bei der Haasenscharte, und wenn diese doppelt, das Mittelstück klein, oder wenn sie bis in ein oder das andere Nasenloch dringt, muß sie vorzugsweise vor dem Bistouri angewendet werden. Fleischschwämme auf der inneren Seite des Backens, widernatürliche Bänder, die sich an die inneren Theile des Mundes befestigen, werden am besten mit einer stumpfspitzigen und langblättrigen Scheere ausgerottet und durchschnitten. Der Zapfen und die schwammichten Auswüchse und Geschwülste der Mandeln auszurotten, sind alle dazu erfundene Instrumente unnöthig, indem die Scheere hinreicht. Bei der Oesophatogomie oder dem Ausschneiden der Speiseröhre, kann man allenfalls die erste Oeffnung, die man mit dem Bistouri in die Speiseröhre gemacht hat, mit einer stumpfspitzigen und gebogenen Scheere erweitern. Das nämliche kann bei der Luftröhre geschehen, wenn man einen fremden Körper aus derselben ziehen will. Die Nabelschnur abzuschneiden, bei Bruchoperationen das vorgefallene brandige schadhafte Netz, die brandigen Gedärme, das faule Gekröse, ist die Scheere dem Bistouri vorzuziehen, welches auch bei widernatürlichen Bändern und Fasern, die zuweilen im Bruchsacke, im Bauchringe und <141, 484> hinter demselben die vorgefallenen Theile unter sich oder an das Zwergfell widernatürlich befestigen und das Zurückbringen hindern, der Fall ist. Die Fisteln am Hintern, deren äußere Oeffnung nahe an der Oeffnung des Mastdarmes ist und ihn so entblößen, daß er gleichsam ganz frei herabhängt, spaltet man mit Nutzen einer zweischneidigen Scheere. Den Vorfall des Mastdarms, der nicht zurückgebracht werden kann, alt ist, und eine harte Geschwulst bildet, hat Percy ohne den geringsten üblen Schaden mit Seiner cheere abgeschnitten. Fremde Körper, z. B. Fischgräten, die im Mastdarme nahe hinter der Oeffnung des Hintern in die Queere liegen und nicht ausgezogen werden können, sucht er mit einer stumpfspitzigen Scheere zu zerschneiden und in zwei Stücke zu zertheilen. Die Beschneidung der Vorhaut läßt sich mit einer Scheere am bequemsten verrichten, da man bei dem Gebrauche der Bistouris oft nicht verhindern kann, daß die innere Haut, wenn die äußere durchschnitten ist, sich zurückzieht und folglich der Schnitt ungleich wird. Auch zu der Operation der Phymosis läßt sich eine Scheere gebrauchen, das Blatt, welches man einbringen will, muß aber dünn und stumpfspitzig seyn. Zuweilen ist die Oeffnung so klein, daß sich weder Scheere noch Bistouri einbringen läßt. Wenn man Spalten in der Vorhaut vereinigen will, macht man ihre Ränder mit einer Scheere wund. Die widernatürlichen großen Nymphen und die zu lange Clitoris stumpft man mit einer Scheere ab. Die widernatürlichen Bänder und Häute, die zuweilen in der Mutterscheide beobachtet werden, durchschneidet man mit einer Scheere. Bekanntlich findet man zuweilen die Gebährmutter mit Steinen angefüllt. Nach Louis Rath soll man in solchen <141, 485> Fällen den Muttermund mit einer Scheere spalten, um die Steine ausziehen zu können. Smellin verwirft bei todten Kindern im Mutterleibe den schneidenden Haken und will die Frucht mit einer Scheere zerstücken. Auch um die abgestoßene, abgeschundene Haut von der Wunde zu entfernen bedient man sich der Scheere, und so noch in vielen anderen Fällen.

Scheerenstock Klassifizierung: 673 NichteisenmetalleDDC-Icon , im Messingwerke, ein runder starker Klotz in die Erde gegraben, woran die große Scheere befestiget ist.

Scheerenschwanz Klassifizierung: 595.744 Mecoptera (Skorpionsfliegen)DDC-Icon , die gemeine Rüsseljungfer, im gemeinen Leben Scorpionfliege, Panorpa communis, Fr. la Panorpe commune, eine Art Rüsseljungfern mit durchsichtigen braungefleckten Flügeln.

Scheerer Klassifizierung: 430 Germanische Sprachen; DeutschDDC-Icon , eine Person, welche scheert, jedoch nur in dem dritten und vierten Falle der dritten Bedeutung des Zeitwortes scheeren. Ein Schaf, das verstummet für (vor) seinem Scheerer, Es. 53, 7. Fleisch, daß ich für meine Scheerer geschlachtet habe, 1. Sam. 15, 11. In dem gewöhnlichen Sprachgebrauche ist es nur in den Zusammensetzungen Tuchscheerer, Schafscheerer, Feldscheerer etc. üblich.

Scheererey Klassifizierung: 430 Germanische Sprachen; DeutschDDC-Icon , von scheeren 2 (2), doch nur in den gemeinen Sprecharten, sowohl für Plackerey, muthwillige Bedrückung, als auch verdrießliche Mühe und eine Sache, welche uns unnütze und verdrießliche Mühe macht. Viele Scheererey mit etwas haben, viele verdrießliche Mühe. Das macht viele Scheererey. Das ist eine wahre Scheererey.

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