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Mumie Klassifizierung: 930.1 ArchäologieDDC-Icon Klassifizierung: 393 Sterbe- und BestattungsritenDDC-Icon Klassifizierung: 932 Ägypten bis 640DDC-Icon , die, der einbalsamirte und getrocknete Körper eines Verstorbenen und in weiterer Bedeutung, ein jeder todter Körper, welcher anstatt in die Fäulniß überzugehen, austrocknet, und in eine feste dürre Masse verwandelt worden, dergleichen Körper zuweilen in den heißen Sandwüsten von Afrika gefunden werden. Auch die Masse selbst ist unter diesem Nahmen bekannt. Das Wort ist unstreitig morgenländischen Ursprungs, obgleich dessen Abstammung so ausgemacht noch nicht ist. Einige leiten es von dem Worte αμωμον her, welches der Nahme eines bekannten Gewürzes ist, dessen man sich zur Zubereitung der künstlichen Mumien bedient haben soll, andere von dem arabischen Muma, Wachs. Der Herr Hofrath Blumenbach behauptet in seinem Handbuche der Naturgeschichte, daß der Nahme Mumie von dem persischen Worte Muminahi abgeleitet sey, welches den berühmten kostbaren wohlriechenden festen Bergbalsam, oder die mineralische Mumie aus den Bergklüften im Khorassan am Fuße des Kaukasus bedeutet, und daß man erst im 13ten Jahrhunderte die ägyptischen Mumien allgemein so genannt habe. So viel ist gewiß, daß die wahren Mumien aus Aegypten zu uns gekommen sind, und noch daher kommen, weil vornähmlich die älteren Aegyptier ihre Todten auf eine sehr kostbare und mühsame Art einzubalsamiren pflegten, um sie dadurch vor der Verwesung zu schützen.

Wie die Aegyptier und andere alte Völker die Leichnahme einbalsamirten, findet man in den Ar<96, 657>tikeln Pfeil-IconBalsamirung der Leichname, Th. 3, Pfeil-IconS. 478 fl. und Pfeil-IconLeichenbalsamiren, Th. 73, Pfeil-IconS. 414 fl. beschrieben. Ich darf deshalb nichts weiter hinzufügen; nur will ich hier etwas von der von Gmelin im Jahr 1781 in Göttingen vorgenommenen Untersuchung einer Mumie sagen, welche der König von Dänemark der dortigen königl. Gesellsch. der Wissenschaften geschenkt hatte. *

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S. in den götting. Comment. V. B. auf das Jahr 1781. S. auch Halle' s fortgesetzte Magie IV. Th. S. 532 fl. und Tab. 9. F. 4. daselbst.

Inwendig fand man die Hirnschale ganz leer; nur hing ein zarter, schwarzer Staub daran. Die Knochen waren im Körper und sonderlich im Gehirne nicht, wie man sie sonst zu finden pflegt, mit Specereyen angefüllt, die Höhle der Brust und des Unterleibes war mit Knochen, welche man außer ihrer Lage gebracht hatte, und mit dicht über einander liegenden Schichten von schwärzlicher Leinwand ausgestopft, die wie mit zerreiblichen Körnern und Staub von einer schwarzgelben Materie angefüllt war, welche die Finger schmutzig machte, aber in warmer Hand nicht erweicht ward, und gar nicht nach Harz, wenn man sie ried, aber doch etwas schimmlig roch, und an freyer Luft nicht feucht ward, doch etwas schmierig war, im Bruche aber nichts pech= oder harzartiges zeigte, einige Stücke in der Brust ausgenommen.

Diese Materie zeigte im eisernen Löffel über Kohlen weder Geruch, noch Fluß, noch Entflammung, oder andere Eigenschaften des Harzes. Kaum fing sie Funken, aber keine Flamme, sondern sie verglimmte, ohne etwas auszuschwitzen, zu einer lockern Kohle. Auf eben diese Art verhielt sich auch die Leinwand, womit der hohle Unterleib zum <96, 658> Theil angefüllt war, und welche mit Specereyen getränkt zu seyn schien, und am Feuer bemerkte man auch an ihr gleich Anfangs einen branstigen Geruch. Andere Schriftsteller fanden an ihren beschriebenen Mumien in der Hirnschale Harzstoffe, welche dem Harze im Erwärmen ähnlich waren, zerflossen, und sich entflammen ließen, und eben so verhielten sich auch die von Herzog in seiner Mumiographie, oder über die ägyptischen Mumien, Gotha 1716, beschriebenen, mit Harz, oder Firniß getränkten Binden; diese fingen am Feuer Flamme, und hinterließen eine glänzende Kohle.

In der Retortenprobe bekam man ein branstiges, gelbes Oehl, und so ergab es sich aus allerley chemischen Proben mit den Theilen dieser und anderer Mumien, daß die Aegypter zu der Göttingschen Mumie nicht Asphalt, oder ein vegetabilisches Harz angewandt haben, weil man im Destilliren keine Säure und kein harzartiges Oehl herausbrachte. Doch was können nicht Jahrtausende, was können nicht Himmelsstriche, Witterungen und Versendungen, und die Dämpfe in den Katakomben an Specereyen für Veränderungen machen und ihre Theile zersetzen!

Die Binden, oder leinenen Streifen, in welche die Mumie, wie gewöhnlich, und wie bey uns die kleinen Kinder, eingewickelt war, hatten folgende Farbenanstriche, als: schwarzblau, gelbroth, gelb, und Gmelin untersuchte auch diese Farben einzeln.

Heyne beschreibt diese Mumie eben daselbst. Diese in Windeln eingewickelte alte Leiche der Vorwelt liegt in einem Sarge vom Holze des ägyptischen Feigenbaums mit Maulbeerblättern (Ficus Sycomorus L.), der verziert war. Der hohle Deckel paßte, vermittelst hölzerner Keile, in den <96, 659> rechten Sarg ein. Am Gesichte siehet man die gewöhnliche ägyptische Todtenhaube; doch sind die aufgetragenen Farben zu Kreide= oder Gypsüberresten zerflossen an den hohlen Stellen, sonderlich in den Augengruben. An der Maske oder dem ausgeschnitztenen Gesichte erscheint kein gewöhnlicher Zierrath, den die Schrifsteller Persea nennen, und die Gestalt eines in Falten gelegten Kegels hat. Vermuthlich befindet sich dieses Bartfutteral bloß an männlichen Leichen, sowohl am Sargdeckel ausgeschnitzt, als an der Gesichtslarve, denn die Göttingsche Mumie ist weiblich, ob die Aegypter gleich mit geschornen Bärten gingen. Man hatte vermuthlich der Religion wegen, wie in unsern Kramladen an Domino=Masken zweyerley Särgerlarven immer vorräthig, vom Osiris und von der Isis. Osiris mit der Bartlarve war der Männer Symbol, und der Isis=Larve bediente man sich zu allen weiblichen Leichen. Und wegen dieser Kauflarven sehen sich alle ägyptische männliche Mumien, wie die unbärtigen weiblichen, eine der andern ganz ähnlich.

Der Sarg der hier beschriebenen Mumie ist sechs Fuß, die Leiche an sich fünf Fuß lang, und vom Kopfe bis zu den Fußsohlen vollständig und unverstümmelt.

Auf der in Windeln eingehüllten Leiche liegt oben auf ein baumwollenes Tuch von grobem Gespinnste, und mit Kreide oder Gyps überzogen; es geht in eins vom Scheitel bis längs die Füße herab. Auf dem Gypse ist mit dicken Farben am Obertheil an den Binden der Kopf mit dem Halse ausgedrückt. Unter dem Kinne läuft von der Brust zu den Füßen eine Binde herab, welche obenher breiter ist und losgemacht werden kann, als eine Art von Decke. Man pflegte die Leichen mit Gyps <96, 660> zu übergießen, und hernach mahlte man ein Gesicht auf den Gypsgrund. Bloß die Augen und Wangenröthe ausgenommen, war die Gesichtslarve mit Gold belegt.

Die breiten Binden, welche von den Ohren herabhangen, haben wechselweise weißliche und blaue Streifen. Unter dem Kinne befindet sich ein Goldkragen zierlich gemahlt. Das übrige Leichenkleid ist aus vier Farben, blau, roth, blaß und dunkelgelb bemahlt, wozu man Smalte, Arsenik und Metalle genommen hat. Vielleicht bestrich man den Gypsaufguß mit Leim und Farben. Besonders siehet man auf der Brust der Isis viele Halbzirkel mit eilf Farben gemahlt.

Unter den Füßen der Mumie liegen die Schuhe von baumwollenem Zeuge, und auch diese hat man mit Gyps übergossen. Der Sohlenrand hat goldene Nägel zur Verzierung. Die Rückgradwirbel, Rippen u. s. w. waren aus den Gelenken verschoben, und man fand aus der Breite des Beckens u. s. w., daß diese Mumie weiblichen Geschlechts gewesen.

Die Zähne waren alle in gutem Zustande, doch schmahler als sonst. Die Knochen fand man ohne alles Fleisch, und es ließ sich nicht die geringste Spur von Muskeln, Haut oder Nägeln entdecken. Die Knochen sahen wie die gewöhnlichen Todtenknochen aus. In andern Mumien sind Gehirn, Brust und Bauch mit Asphalt und Harz angefüllt; aber hier lag der hohle Bauch, wie ein Beinhaus voller Knochen. Die beyden Arme lagen nicht kreutzweise über einander auf der Brust, wie sonst, sondern wie bey den Windelkindern an den Seiten. Alle Binden sind von Baumwolle, nach Barchendart gewebt, und die meisten laufen quer über den Leib, als Windeln, sind aber <96, 661> nicht lackirt, sondern ohne alle Schmiererey, weich, biegsam und von natürlicher Kattunfarbe, welche aber von der Zeit verdorben ist.

Nach vielen Untersuchungen, die man mit den ägyptischen Mumien vorgenommen, hat man vor dem Einbalsamiren von den Knochen mit einem Messer alle Fleischfasern abgeschabt. Hierauf nahm man die Eingeweide, und so beschabte man alle Knochen auch an ihren innern Flächen, und so skeletirte man diese Mumie auf ganz grobe, unanatomische Art. Vornehmen Mumien zog man das Gehirnmark durch die Nase aus, spritzte den Schädel mit wohlriechenden Oehlen, oder Lackfirnissen aus, man warf die herausgenommenen Eingeweide den Krokodilen im Nil vor, man legte die Leiche vor der Ausdörrung lange Zeit in Salpeterwasser, man füllte die Körperhöhlungen mit Asphalt und Specereyen, wickelte sie in Binden, und schnitzte das Bild der Leiche auf dem Sargdeckel aus.

Eine andere Mumie, welche Pococke aus Aegypten brachte, findet man im Art. Pfeil-IconLeichenbegängniß, Th. 73, Pfeil-IconS. 507 fl. beschrieben und PfeiliconFig. 4270 und Pfeilicon4271 daselbst abgebildet. Daß dergleichen Untersuchungen aber ein sehr verschiedenes Resultat liefern müssen, läßt sich erwarten, da die alten Aegypter, wie es in den Artikeln Pfeil-IconBalsamiren und Pfeil-IconLeichenbalsamiren bemerkt worden, verschiedene Methoden hatten, ihre Todten zu balsamiren, und noch dazu, wie man, aber wohl mit Unrecht, behauptet, eine Menge Mumien von Juden in Aegypten nachgemacht werden soll, welche Missethäter und andere Leichname stehlen, und sie mit Pech und anderen schlechteren Sachen anfüllen und überziehen, und sie in einem Ofen gehörig ausdörrer. Daß letzteres kein bloßes Vorgeben sey, scheint glaub<96, 662>lich zu seyn, wenn man die Menge Mumien betrachtet, die sonst jährlich zu verschiedenem Gebrauche, theils in der Arzeney, theils als Mahlerfarbe verkauft wurde, da die Aegypter sonst doch eine große Verehrung gegen die alten Mumien haben, und sie nicht aus dem Lande lassen. Man weiß, daß sonst nur nach Marseille aus Aegypten über Alexandrien jährlich 3000 bis 4000 Centner von dieser Waare gekommen sind, wogegen in neueren Zeiten indeß des Jahrs kaum 80 bis 100 Centner dahin gebracht wurden, weil die Waare weniger Abnehmer fand. Allein dieser Meinung werden unten starke Gründe entgegen gesetzt werden.

Klassifizierung: 615 Pharmakologie und TherapeutikDDC-Icon Der ächten ägyptischen Mumie von starkem aber nicht widrigem Geruche, welche rein, schön, leicht und schwarz, aber nicht glänzend, dabey bitter von Geschmack ist, legen einige verschiedene heilende Kräfte bey. Man rühmt sie sehr, das geronnene Geblüt und die Geschwulst zu zertheilen, und sie soll nicht bloß vermöge ihrer bituminösen und balsamischen Theile, sondern auch vermöge des flüchtigen Salzes wirken. Die Dosis ist eine halbe Drachme bis zu zwey Scrupeln. Die Tinctur, welche daraus gemacht wird, besitzt die balsamischen Eigenschaften der Mumie; man gibt sie von 12 bis 24 Tropfen. Beym Einkaufe müssen die Droguisten und Apotheker darauf sehen, daß sie große Stücke, die Fleisch haben, und keine bloße Knochen sind, bekommen, und die, wenn man etwas davon auf Kohlen wirft, zwar stark, aber nicht nach Pech riechen. Je schöner und balsamischer der Geruch ist, desto höher schätzt man die Waare. Hat aber jene Vermuthung, daß die mehrsten käuflichen Mumien nur von gewinnsüchtigen Leuten, sey es in Aegypten oder anderwärts, von schlechten Materialien nachgemacht werden, ihre Richtigkeit: so sollte man billig diese elende Waare <96, 663> wenigstens aus der Arzeney, wo man wohl bessere Mittel hat, auf deren Aechtheit man sich verlassen kann, schlechterdings verbannen, und solche nur den Mahlern überlassen, die sie mit Oehl oder einem andern Firniß gerieben und angemacht, zu allerley braunen Schattirungen gebrauchen, weil sie die Umbra übertreffen soll. Sie kommt als Arzneymittel ohnehin aber immer mehr außer Gebrauch.

Außer den von den alten Aegyptern und den Einwohnern der Insel Teneriffa angewendeten Methoden, die Leichname zu balsamiren oder zu mumificiren, wovon man, wie vorhin schon bemerkt worden, in den Artikeln Pfeil-Iconbalsamiren und Pfeil-IconLeichenbalsamiren Nachricht findet, läßt sich dieses noch auf verschiedene Weise bewerkstelligen, wiewohl man bemerkt haben will, daß alle in den neueren Jahrhunderten in Europa gemachten Mumien kein so hohes Alter, wie die altägyptischen zu erreichen fähig sind, indem sie höchstens zwey bis drey Jahrhunderte dauern sollen. Hieran mag indessen wohl der Umstand Schuld seyn, daß die Mumien in unserm Klima nicht so gut austrocknen, als in Aegypten, und besonders, daß man sie mehr der freyen Luft aussetzt, und sie nicht in solchen trocknen verschlossenen Katakomben aufbewahrt, wie es die Aegypter thaten. Auch umwickelten die Aegypter ihre Mumien mehr, und versahen die ganze Mumie noch mit dicken, der Luft widerstehenden Uebergüssen.

Daß sonst die Kunst, Mumien zu machen, auch jetzt noch nicht vorlohren sey, ja daß man hierin noch einige bedeutende Vorzüge vor den alten Aegyptern habe, besonders wenn man mehr das gute Ansehen der Mumien in Betracht zieht, wird aus dem folgenden erhellen.

<96, 664>

Durch die bloße Einbeitzung mit verschiedenen Salzbrühen und durch die Anfüllung der Höhlen des Körpers mit gewürzhaften Kräutern haben zwar einige Neuere menschlische Leichname zu erhalten gesucht; allein diese sind zuverlässig nicht hinlänglich sie vor der Verderbniß zu schützen. Ludwig von Bils, der sich hierzu einer nicht bekannten Salzfeuchtigkeit bediente (S. Haller' s Bibl. anatom. To. I. p. 459 sq.) brachte nichts Ausdaurendes hervor, und Gabriel Clauder, der aus einigen an Thieren angestellten Versuchen sich und andern sehr viel von einer Mischung der Pottaschenauflösung mit Salmiak oder von dem milden Salmiakgeiste versprach, hat seine Kunst nie an menschlischen Körpern versucht. (S. dessen Meth. bals. corp. hum. etc. Altenb. 1679. 4. p. 156 sqq.) Dergleichen mit Salzlaugen durchdrungene Körper sind gewiß eben so zerstörbar an der Luft, als die mit vitriolischem Wasser in den fahlunschen Gruben bis zur steifen Härte durchdrungenen Leichname einiger verunglückten Bergleute es waren, deren Bergmann (Opusc. Vol. IV. p. 220.) gedenkt und die, als sie der freyen Luft ausgestellt wurden, allen Halt verloren und zerstöret wurden.

Eine neuere Art, Leichen dauerhaft einzubalsamiren, welche, da nach selbiger zubereitete Körper sich wirklich glücklich erhalten haben, mehr als andere weniger bestätigte hier angeführt zu werden verdient, rührt vom Doctor William Hunter her; und diese ist kürzlich wie sie Herr Doctor Aug. Chr. Reuß in Crell' s N. E. X. 56 fl. mitgetheilt hat, folgende. Sobald der zu einbalsamirende Leichnam steif und hart geworden ist, und ehe er noch Kennzeichen der eintretenden Fäulniß äußert, wird derselbe mit warmen Wasser ab<96, 665>gewaschen; dann in einer Weiche die Pulsader entblößt und geöffnet und durch die Oeffnung in selbige eine Mischung von zwey Theilen Chamillenöhl, acht Theilen Lavendelöhl und sechszehn Theile Rosmarinöhl, oder auch nur bloßes Terpentinöhl, dem man jedoch, wenn es beliebt, etwas Rosmarin= und Lavendelöhl, ja der Farbe wegen auch etwas mit Terpentin versetzten Zinnober zusetzen kann, mit so viel Gewalt, daß die kleinsten Schlagadern, ja selbst das Zellgewebe damit angefüllt wird, eingesprützt. Nach einiger Zeit werden alle Eingeweide der Brust und des Unterleibes, mit Zurücklassung des Stammes der großen Pulsader, des Mastdarms und bey Frauenzimmern der innern Zeugungstheile herausgenommen; die Gedärme von ihren Unreinigkeiten sorgfältig gereiniget, die andern Eingeweide aber, so wie das Gehirn, welches jedoch aus dem Hirnschädel heraus zu nehmen nicht unumgänglich nöthig ist, in oft zu verändernden trocknen Tüchern abgetrocknet; der Körper aber durch starkes von oben und unten nach der Mitte zu veranstaltetes Reiben so viel als möglich von dem Blute und dem in die Gefäße eingesprützten Oehle entledigt; damit zu wiederhohlten Mahlen in das System der großen Pulsader, nach unterbundenen Brust= und Unterbauchspulsadern und andern zerschnittenen größern Blutgefäßen Antheile von einer fäulnißwidrigen Feuchtigkeit eingesprützt werden können, welche aus sechs Pfund Terpentinöhl, fünf Unzen Terpentin, eilf Unzen Zinnober, zwey Unzen Kampfer und drey Pfund Weingeist zusammengesetzt ist. Mit eben dieser Feuchtigkeit werden auch die abtrocknenden fleischichten Theile fleißig bestrichen und die Gefäße der herausgenommenen Eingeweide angefüllt, die man sodann wieder in ihre natürliche Lage bringt, dergestalt, daß unter, zwischen und <96, 666> über dieselben von einem aus zehn Pfund gelben Harze oder Pech, sechs Pfund Salpeter und fünf Unzen zerriebenen Kampfer bestehenden Pulver so viel gestreuet wird, daß alle Zwischenräume damit völlig angefüllt werden.

Nachdem sodann noch etwas von der obgedachten Feuchtigkeit in die Höhle der Brust und des Bauches gegossen worden ist, wird die Haut wieder zugenähet; Mund, Hals, Schlund und Luftröhre durch Einsprützen gereinigt, und sodann nebst den Ohren, Nasenlöchern, After und Geburtstheilen, ingleichen den ausgeleerten Augenäpfeln und den Augenwinkeln mit dem nur erwähnten Pulver wohl ausgefüllt; die ganze Oberfläche des Körpers aber nach vorgängigem Abwaschen und Abtrocknen mit Kampferweingeist und zuletzt mit Rosmarin= und Lavendelöhl stark eingerieben.

Um endlich alle Feuchtigkeit von dem Körper wegzuschaffen, wird der neueinbalsamirte Körper in einen Sarg auf gebrannten und fein geriebenen Gyps gelegt, dergestalt, daß der Gyps denselben bis zur Hälfte hoch an allen Seiten wohl bedeckt, auch neben denselben Stücke Kampfer gelegt und mit flüchtigen Oehlen angefüllte offene Gläser reihenweise gesetzt, und der Sarg mit einem wohlpassenden Deckel verschlossen, in welchem ein großes Glas eingekittet ist. Der Gyps braucht erst nach vier Jahren wieder erneuert zu werden und kann endlich, wenn der Körper ganz ausgetrocknet ist, gänzlich wegbleiben.

Auf ähnliche Weise könnte man gewiß auch thierische Körper für Naturalien=Kammern erhalten; allein man begnügt sich mit der wohlfeilern und hinlänglich unterrichtenden Ausstopfung ihrer Häute, die man durch eine reichliche Einstreuung von Arsenik oder einem Gemische aus Arsenik, <96, 667> Alaun, und wenn sie groß sind, gesiebter Asche und durch hinlängliches Abtrocknen vor Fäulniß und Würmern schützt; indem man übrigens die Orte, wo die Haut nicht bequem abgesondert werden kann, erst durch eingebrachten Kampfergeist und Terpentinöhl, und dann durch Arsenik austrocknet und dauerhafter macht. Bey Vögeln rühmt Kuckham (S. Rozier Journ. de phys. 1773. Aout. p. 150. sq. und in Crell' s N. E. XI. S. 177) seinen aus Terpentin, dessen Oehle und Kampfer bereiteten Firniß und seine trockne Beitze aus einem Theile Biesam und Sublimat, zwey Theilen Salpeter, Alaun und Schwefelblumen und vier Theilen schwarzen Pfeffer und grob gestampften Tabak; Chaptal hingegen (S. Rozier Obs. sur la phys. To. XXVII. p. 61.) den vitriolischen Aether, den er in die Hirnschale und in die ausgeleerten Därme einsprützt. Die Aufbewahrung einzelner weicher thierischer Theile oder ganzer Thiere in Weingeist verdient den Nahmen einer Einbalsamirung zwar nicht; indessen will ich hier nur bemerken, daß, um solchen Theilen und Körpern ihre Farbe und Weichheit zu erhalten, dem Weingeiste Wasser und ein Fünftel Salmiakgeist zugesetzt werden müsse. *

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S. Macquer' s chymisches Wörterbuch, 2te Ausgabe, 2 Th S. 83 fl.

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John Sheldon, *

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S. Faujas Saint=Fond Reise durch England, Schottland und den Hebriden, aus dem Französ. übersetzt von James Macdonald, vermehrt von C. N. W. Wiedemann, Göttingen 1799, S. 36 -- 39.

ein englischer Arzt, versprach seiner Geliebten, einem Mädchen von 19 bis 20 Jahren, nachdem er während einer langwierigen Krankheit seine ganze Sorgfalt auf sie gewandt hatte, kurz vor ihrem Tode, daß er ihren <96, 668> Körper nach ihrem Verlangen zur Mumie machen, und bey sich behalten wolle. Er hielt Wort, und soll dabey auf folgende Art verfahren seyn: Zuerst sprützte er den ganzen Körper mehrmahls mit starkem Weingeist ein, der mit Kampfer gesättigt und mit Terpentingeist gemischt war. Die Haut wurde mit fein gepülvertem Alaune zubereitet und gleichsam gegärbt. Die Eingeweide wurden heraus genommen, in Weingeist getaucht, und mit einer Mischung von Kampfer und Harze gefirnißt. Eben dieß geschah auch mit allen übrigen Theilen des Körpers, welche nachher noch durch Alaun gezogen wurden. Nachdem er alle auf diese Art bereitete Eingeweide wieder an ihre Stelle gelegt hatte, machte er durch die Schenkelschlagader von unten nach oben, und umgekehrt, eine Einsprützung mit einer starken Auflösung von Kampfer in rectificietem Weingeiste.

Nachher sprützte er, um die natürliche Farbe der Haut nachzuahmen, eine gefärbte Masse durch die Schlagader des Kopfes ein. Diese so zubereitete Mumie hatte nach 5 Jahren, indem sie vor dem Zugang der Luft und der Feuchtigkeit gut verwahrt war, noch ganz ihre vorige Gestalt; sie hatte selbst noch eine Weichheit der Arme, Elasticität des Busens, und auch der übrige Körper war vollkommen erhalten. Sheldon hat diese Mumie in seiner Schlafkammer, gerade seinem Bette gegen über stehen.

William Hunter war der erste, der Leichen auf diese Art aufbewahrte. Nach ihm machte Sheldon dieses Präparat.

Eine andere Art zu mumificiren hat der Bürger Chaussier erfunden. Dieser hat, wie man es 1800 aus Paris schrieb, die Entdeckung gemacht, daß die menschlichen und thierischen Kör<96, 669>per, wenn man sie nach dem Tode injiciret, dann in eine ätzende Flüssigkeit legt, und hernach wieder trocknet, eine solche Härte wie Holz annehmen, von keiner Luft verändert werden, und eine ordentliche Lebensfarbe bekommen, so daß sie dadurch zu Mumien werden, welche die ägyptischen weit übertreffen.

Bisher haben wir von künstlichen Mumien geredet. Es gibt aber noch verschiedene andere Mumien, oder unverwesete Menschenkörper, welche durch die Natur in diesen Zustand versetzt worden.

Besonders bekannt sind die sogenannten arabischen Mumien. Dieses sind ausgedörrete Menschenkörper, welche in den arabischen und lybischen Wüsten von heißem wirbelnden Sande überfallen und so überschüttet werden, daß sie sich nicht herausarbeiten können, und ersticken müssen. Diese Verunglückten werden in kurzer Zeit durch die Hitze so ausgetrocknet, daß sie forthin unverweslich bleiben. Wenn hernach der Wind die aufgehäuften Sandhügel einst wieder wegwehet, kommen diese Körper nach und nach wieder zum Vorschein, und man hat bisweilen ganze Karavanen von vielen Menschen und Kamelen, auf diese Art mumificirt gefunden. Diese Mumien werden aber weder zur Arzeney noch sonst zu anderem Gebrauche angewandt, und kommen daher seltener nach Europa, außer nur, wenn Liebhaber von Naturseltenheiten ihre Sammlungen damit zu bereichern Lust haben.

Aber auch in unserem Welttheile gibt es viele Beyspiele von natürlichen Mumien, oder unverweseten menschlichen Leichnamen, die durch zusammentreffende besondere Umstände vor der Verwesung geschützt worden, und in einen festen Zustand übergegangen sind, wie es im Art. Pfeil-IconLeiche, Th. 73, Pfeil-IconS. 373 fl. zu sehen ist. Andere Körper werden <96, 670> in eine mehr oder weniger harte talgartige Masse verwandelt. S. das. Pfeil-IconS. 379 fl. und im Art. Pfeil-IconLicht, Th. 78, Pfeil-IconS. 123 und Pfeil-Icon280. Noch andere Leichname, welche viele Jahre in Torfmöhren liegen, erhalten eine Beschaffenheit, als wenn sie gegärbt wären. S. den Art. Pfeil-IconMohrwasser, Th. 92, Pfeil-IconS. 796. Endlich hat man auch gefunden, daß Fleisch, welches auf einem Rost in einem verschlossenen Behältnisse liegt, zu dem kein Luftzug kommen kann, das aber keinen Boden hat, und mit dieser untern Oeffnung auf einem fließenden Bache steht, doch so, daß das Wasser das Fleisch nicht berühren kann, nicht nur lange vor der Verwesung geschützt wird, sondern nach mehrern Monathen auch in einen festen Zustand übergeht.

Mit dem Worte Mumie bezeichnet man auch noch denjenigen Balsam, der aus den Mumien der ersteren Art, das ist, der auf ägyptische Art einbalsamirten Menschenkörper, heraus und herabrinnt, und an eben den Orten gefunden wird, wo diese Mumien selbst vorkommen. Eigentlich ist solcher nichts, als das geschmolzene und mit Harz und Specereyen vermischte Fett von diesen Körpern. Und diesen Balsam wollen einige von den Aerzten, die noch an dem Vorurtheil kleben, daß die Mumien einen besondern arzneylichen Nutzen haben, nur blos, nicht aber das obenerwähnte balsamirte Menschenfleisch in der Arzney gestatten.

Endlich belegt man noch eine balsamartige Masse mit dem Nahmen Mumie, und zwar ist es wahrscheinlich, daß von dieser überhaupt das Wort entlehnt worden ist. Das ist der zu Anfange dieses Pfeil-IconArtikels erwähnte wohlriechende feste Bergbalsam, oder die mineralische Mumie, die man auch Steinmumie nennt, weil sie aus den Ritzen einiger Felsen in Arabien, Persien und <96, 671> andern warmen Ländern fließt, und welches eigentlich eine Abart des Erdpechs oder sogenannten Judenpechs ist, das auch Asphalt heißt. Hiervon ist diejenige Mumie vor andern berühmt, welche in der Provinz Laar in Persien aus einer gewissen Höhle fließt, und von den Persern, sonderlich von den Aerzten des Landes, als eine vortreffliche Herz= und Magenstärkung, als ein wirksames Gegengift, sonderlich bey ansteckenden Krankheiten, und wider alles, was man schädliches gegessen oder getrunken hat, als ein unfehlbares Mittel wider die Colik, die verlohrnen Kräfte zu ersetzen, als trefflicher Wundbalsam, der innerlich und äußerlich gebraucht, binnen 24 Stunden alle Beinbrüche und Wunden, auch sogar die zerrissenen Adern heilt, den heißen Brand stillt, in Blutstürzen und in allen Zufällen, die vom Fall herrühren etc. vortreffliche Dienste thut, gerühmt, und daher auch unter den Balsam von Juda genommen wird. Weil aber diese mineralische Mumie sehr rar ist, indem der König von Persien alles, was von derselben gesammelt wird, und jährlich nicht über 8 bis 10 Unzen beträgt, für sich behält, und daher die Höhle, wo das Mineral gefunden wird, mit einer kleinen Festung hat umgeben, und mit einer Thür vermachen lassen, welche mit dem Siegel des Königs versiegelt ist, und welche niemand öffnen darf, als der Gouverneur von Laar, und einige andere Herrn, die diese Mumie nach Hofe senden müssen: so ist es sehr schwer, etwas davon zu erhalten, sonderlich für Geld, man müßte es denn von den vornehmsten Staatsministern bekommen, denen diejenigen, die über diese Höhle gesetzt sind, manchmal insgeheim ein Geschenk mit diesem kostbaren Balsam machen. Die Perser nennen diesen Balsam Mummay (Muminahi) Cobas. Die Provinz <96, 672> Loristan bringt zwar ebenfalls eine dergleichen mineralische Mumie hervor, welche aber nicht so kräftig ist, als die vorgedachte, und sonderlich Beinbrüche nicht unter 5 bis 6 Tagen heilt, wie sich die darüber vorhandenen Nachrichten ausdrücken. Auch gibt sie auf Kohlen geworfen keinen so angenehmen Geruch, als die aus Laar, indem die aus Loristan wie angezündetes Pech riecht, weshalb sie auch eher zu haben ist.

Zum Schlusse dieses Artikels will ich hier übrigens noch einen lehrreichen und interessanten Aufsatz über die ägyptischen Mumien, von dem Herrn Hofrath Blumenbach *

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S. Von den Zähnen der alten Aegyptier und von den Mumien. Steht in dem göttingenschen Magazin der Wissenschaften und Literatur. Herausgeben von G C. Lichtenberg und G. Forster. l. Jahrg. l. St. Göttingen 1780. 8. S. 109 fl.

in Göttingen einrücken, welcher als das Resultat der Untersuchung vieler Mumien anzusehen ist, und noch manche Umstände enthält, die im obigen und den nachgewiesenen Artikeln der Encyklopädie nicht berührt worden sind. Er sagt a. a. O.

Der gegenwärtige Aufsatz ist durch einen sehr vollständigen gut erhaltenen Mumienkopf veranlaßt worden, der vor einigen Tagen in meine Sammlung gekommen ist; und an welchem ich einen wunderbaren Umstand bestätiget finde, den ich schon ehedem an einem Bruchstücke bemerkt, aber damahls nur für eine Monstrosität gehalten und nicht weiter darauf geachtet hatte. Daß nähmlich die Vorderzähne dieser Mumien im Ober= und Unterkiefer nicht meisselartig in einen schneidenden dünnen Rand zulaufen, sondern wie kurze abgestumpfte Kegel gebildet sind, und oben wie die Backzähne eine flache Krone haben. Die Eckzähne aber nicht, wie gewöhnlich, zugespitzt, sondern eben so breit und flach sind, daß man sie bloß durch ihre Lage von den benachbarten Backzähnen unterscheiden kann.

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So auffallend diese osteologische Abweichung scheint, so ist sie doch von den bisherigen Mumienbeschreibern übersehen worden; nur den gelehrten und scharfsinnigen Middleton ausgenommen, der sie an der Cambridger Mumie als etwas ganz prodigieuses angemerkt, aber auch nicht vermuthet hat, daß das eine Eigenschaft der Mumien seyn, wenigstens mehrere es mit einander gemein haben könnten. *

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s. Middleton' s miscell. works Vol. IV. p. 170.

Ich kann zwar die wahre Ursache dieser sonderbaren Bildung mit keiner Gewißheit bestimmen; doch dünkt mir am wahrscheinlichsten, daß der Hauptgrund in den Nahrungsmitteln der alten Aegypter und der Weise sie zu kauen, zu suchen sey. Denn daß beydes vielen Antheil an der Formation der Zähne habe, sieht man schon am Beyspiel der Tattarn, bey denen sie durch den Genuß des meist rohen zähen Fleisches von Pferden und andern Thieren von einander abgesondert, und nicht wie bey andern Menschen dicht beysammen stehen. Eine Bemerkung älterer Reisenden, die mir von kundigen Augenzeugen bestätigt worden ist. Wenn nun etwa die alten Aegyptier beym Kauen um ihre Speisen, (die nach dem Zeugniß der Alten auch theils in rohen Wurzeln und Strunken bestand,) recht zu zermalmen, die Kinnladen mehr hin und her geschoben, als auf und nieder bewegt haben, so ließ sichs wohl begreifen, wie sie dabey ihre Zähne so kurz abgeschliffen, und warum diese, da sie durch den beständigen Druck verhindert worden in die Höhe zu wachsen, dagegen desto dicker und stämmiger geworden sind.

Auch ist bekannt, daß die mehresten afrikanischen Völker noch heutiges Tages durch die Zähne sprechen, das heißt, nur die Lippen im Reden öffnen, hingegen die Kinnladen auf einander geschlossen halten, eine Gewohnheit, die, wie ich selbst gesehen habe, sogar Europäer, die sich lange in Aegypten aufgehalten, angenommen hatten. Vielleicht könnte auch dieses etwas zur Bildung der Zähne beytragen, wenigstens gebe ichs als Winke für Rei<96, 674>sende und andere Gelehrte, die Gelegenheit haben, Beobachtungen hierüber anzustellen

Von der so ausnehmend charakteristischen National=Physiognomie der alten Aegyptier, die man in allen ihren Kunstwerken erkennt, die ich auch schon anderswo beschrieben habe, (und die sich besonders durch ein längliches, aber nicht mageres Gesicht mit niederer kleiner Stirn, die vorn rund gewölbt, aber auf den Seiten ganz flach gedrückt ist, und von den Backenknochen und den Schläfen nach dem Scheitel sehr cenisch zuläuft, mit einer großen, unten breiten, aber gar nicht mohrenmäßig flachen Nase, mit einem kleinen Munde, aber wulstig aufgeworfenen vorstehenden Lippen, und mit großen hochstehenden Ohren auszeichnet,) *

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In meinen Augen doch auch nicht ein Zug von Sinesischer Gestaltung, die Winkelmann in der Gesch. d. K. d. Alterth. für die eigenthümliche Bildung der Aegyptier angiebt -- Blum.

sind auch in dem Mumienkopfe, von dem ich rede, vollkommen kenntliche Spuren. Nur der Scheitel von sechs Mumienköpfen, die ich gesehen habe, war bey vieren flacher, bey zweyen aber zugespitzter. Wenn ich mir eine sehr gewagte Muthmaßung erlauben darf, so sind jenes vielleicht männliche und dieß hingegen weibliche Köpfe gewesen: denn Herodot sagt, daß die Männer und Weiber bey den alten Aegyptiern auf ganz verschiedene Weise Lasten getragen. Jene auf dem Kopfe, diese aber auf den Schultern, und durch diese Gewohnheit könnte denn der Schädel bey den Männern breit gedrückt worden seyn.

Shaw und andere beschreiben die ägyptischen Schedel als ungewöhnlich dick, vielleicht aus Vorurtheil für Herodot' s bekannte Vergleichung der ägyptischen und persischen Köpfe, von denen jene außerordentlich hart, und diese hingegen sehr zerbrechlich gewesen wären. Die Mumienköpfe, die ich untersucht habe, waren nicht von gleicher Dicke, sondern wie bey uns, manche stärker, andere schwächer, aber doch bey allen die Suturen hin und wieder verwachsen.

Ueberhaupt verdienten wohl die Mumien, diese merkwürdigen Leichen, die die alten Aegyptier auf eine so sonderbare Art vor ihrer sonst so baldigen Zer<96, 675>störung zu verwahren, und ihnen dagegen eine gleiche Dauer mit ihren Pyramiden, den ewigsten Denkmahlen menschlicher Kunst, zu geben wußten, eine mehr kritische nicht so einseitige Untersuchung, als man bisher auf sie verwendet hat. Und da ich selbst verschiedenes neues auf dieser Bahn gefunden habe, so will ich hier den Kern von diesen und das vorzügliche von meinen eigenen Bemerkungen zusammen fassen, was wenigstens zur Grundlage und Beytrag zu einer weitern Ausführung dienen kann.

Mumia, der arabische, persische und türkische Nahme für diese balsamirten Leichen, kommt wohl, wie mich Herr Prof. Büttner belehrt hat, so wie Muminahi das kostbare persianische flüssige Erdharz, von Mum, was in allen diesen Sprachen Wachs heißt. Den altägyptischen Nahmen hat uns der heil. Augustin aufbehalten, da er sagt: die Aegyptier trockneten ihre Leichen so hart, als wenn sie aus Metall wären, und nannten sie Gabbaras! welches Wort der ältere Hr. Forster *

*
de Bysso p. 73.

durch heilig verwahrt übersetzt. Bey den Kopten aber heißen die Mumien jetzt Miolon. Die ältern griechischen und römischen Schriftsteller haben keines dieser Wörter gebraucht; der erste Grieche, bey dem ich das Wort Mumia finde, ist Nicolaus Myrepsus, aus dem 13ten Jahrhundert, und unter den Latinobarbaris Constantinus Afer und der durch die, von Bocaz verewigten Galanterien seiner Frau mehr als durch seine Schriften bekannte Matthäus Sylvaticus oder Pandectarius; jener im 12ten, dieser im 14ten Sec

Ueber das Alter der Mumien, oder vielmehr über die Zeit, da man diese alte Leichenbereitung aufgegeben, ist viel gestritten worden. Der Polygraph Kircher in seinen visionari Labours, wie sie Warburton nennt, und viele andere haben behauptet, man habe schon, nachdem Cambyses Herr von Aegypten worden, keine Mumien mehr verfertigt. Hr. Graf Caylus *

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Rec. d' Autiquités. T. V. p. 27.

zweifelt wenigstens, daß man unter der römischen Herrschaft in Aegypten noch welche bereitet habe. Aber dieß ist beydes ungegründet.

<96, 676>

Die Perser selbst haben zwar, wie man aus Herodot sieht, ihre Leichen nur so wie die Assyrer und Spartaner mit Wachs und Honig überzogen; hingegen weiß man aus Dio Cassius u. a., wie hartnäckig die Aegyptier noch unter griechischer und römischer Bothmäßigkeit an ihren alten Gebräuchen gehaftet, und Lucianus, der so lange in Aegypten gelebt hat, sagt ausdrücklich, daß er selbst gesehen, wie man da die Leichen eingesalzen, getrocknet habe, u. s. w. Nur mag freylich in spätern Zeiten die Salbungsart immer wohlfeiler und kürzer geworden seyn, bis man sich endlich mit der Procedur begnügt, die noch heutiges Tages in Aegypten gebräuchlich ist, daß nähmlich die Leichen, zumahl von wohlhabenden Personen, mit Rosenwasser, Aloe, u. s. w. eingesalbt, in Cattun oder Seide eingewickelt und so beygesetzt werden.

Ein Umstand, den man fast ganz übersehen, und darüber theils seltsame Fehlschlüsse gemacht hat, ist der, daß auch die ersten Christen in Aegypten ihre Leichen ganz nach der alten Weise zu Mumien bereitet haben. Viele Stellen aus den Kirchenvätern, zumahl aus Tertullianus und Athanasius erweisen das, und wenn man die beyden Mumien genau untersucht, die der romantische Abentheurer Peter della Valle nach Europa gebracht hat, und die jetzt in Dresden befindlich, und in den Marbres de Dresde abgebildet sind, *

*
Winkelmann über die Nachahm. der Griechischen Kunstw. S. 90 u. f. hat beide ausführlich beschrieben, ohne auf meine Vermuthung zu verfallen. Die seinigen, obs vielleicht nationalisirte Jonier oder Carier wären u. s. w sind wenigstens alle weiter bergeholt. Bl.

so kann man unmöglich ihren christlichen Ursprung verkennen. Schon die ganze Attitude, die Lage der Hände, zumahl aber bey der männlichen Mumie des E Y T Y X I auf der Brustbinde, der Kelch mit rothem Wein in der einen, und die fischähnliche Figur in der andern Hand, auch der Bart und die Kopfhaare lassen keinen Zweifel übrig. Man sieht an den altägyptischen Kunstwerken, und weiß aus Herodot, daß die Aegyptier nur wenn sie Trauer hatten, die Kopfhaare wachsen ließen, außerdem aber weder diese noch einen Bart duldeten; daher man auch den Geschlechts<96, 677>unterschied sehr schwer an den Mumien erkennen kann, und ich nicht einsehe, worauf Maillet und Herr Graf Caylus ihre Behauptung gründen mögen, daß es so wenig männliche, meist nur weibliche Mumien gebe. Auch an den Mumienschädeln, die ich vor mir habe, ist keine Spur von Haar zu sehen, sondern die Kattunbinden und das Harz bedecken unmittelbar die kahle Haut auf dem Schedel, und ich vermuthe eben deshalb, daß auch wohl die behaarten Mumien, die de Breves u. a. gesehen haben, von christlichen Leichen gewesen seyn mögen.

Man sieht also, wie wenig man von einer Mumie auf alle schließen darf, und wie mannigfaltig diese nur allein in Rücksicht der Zeit, wenn sie verfertigt worden, geschweige der vielfachen Verschiedenheit der Vermögensumstände, des Standes, folglich auch der Salbungs=Ingredienzen und der übrigen Proceduren, sind.

Die allermehresten Mumien werden jetzt in der Nachbarschaft des Fleckens Sakara, in einer sandigen Ebene, wo viele Pyramiden stehen, und auch die kostbaren Gewölbe für die balsamirten Ibisvögel sind, gefunden. Sie liegen nähmlich in den unterirdischen Katakomben, die sich auf viele Meilen weit erstrecken, und aus unzähligen auf einander stoßenden Gängen und Gewölben bestehen sollen, in die man durch senkrechte, theils 20 und mehr Fuß tiefe Oeffnungen, oder sogenannte Brunnen (wie Schachte in Bergwerken) gelangt; die aber von außen wie mit einem Meere von Flugsande auf Manns hoch bedeckt, und folglich nur sehr mühsam auszufinden und aufzuräumen sind.

Allein ich bin vollkommen überzeugt, daß man bey weitem nicht bloß hier, sondern in ganz Aegypten auf die gleiche Weise die Leichen mumisirt hat. Einer der berühmtesten Kirchhöfe dieser Art war ehedem in der Nachbarschaft von Alexandrien, bey Nekropolis, das wohl gar seinen Nahmen daher hat, und wovon Strabo ausdrücklich sagt, daß die Vorstädte voller Begräbnisse und Gebäude, um Leichen zu balsamiren (Mumienfabriken) gewesen wären. Wansleb *

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Joh. Mich. Wansleben ward im Jul. 1663. von Herzog Ernst dem Frommen in Gotha in der Absicht nach Aegypten geschickt, daß er von da incognito nach Abessynien gehn, und mit den dortigen Christen tractiren sollte. Weil ihm aber der Patriarch von Alexandrien das letzte Project wiederrieth, oder auch, weil er das Oekonomisiren nicht so gut verstand als der Herzog, so ging er zu Anfang des folgenden Jahres gerade aus Aegypten wieder nach Livorno; und weil der Herzog mit seiner Expedition unzufrieden war, von da nicht nach Gotha, sondern nach Rom, wo er die Religion changirte, und Dominicaner ward. Ich habe feines anfänglich guten Freundes, aber nachher bittern Widersachers Hiob Ludolfs Abschriften, von seinen Nachrichten von Aegypten, die er 1665. an den Herzog geschickt; auch 1671 zu Paris italienisch, aber in vielen Stücken verändert, drucken lassen, vor mir; es ist aber freylich ein mageres nicht sehr reichhaltiges Werkchen. Inzwischen ward Wansleb doch 1671. vom Franz Minister Colbert zum zweytenmal nach Aegypten geschickt, da er erst 1676. mit vielen Schätzen für die Königl Bibliothek wieder zurück kam, und im folgenden Jahre sein französ. Reise=Journal zu Paris in 12. drucken ließ Dieses letztere ist ein kleines aber interessantes und zugleich zuverlässiges Buch, wo ich viele Nachrichten zuerst angezeigt finde, die nachher die folgenden Reisenden vom besten Credit bestätiget haben. Bl.

fand in der Gegend von Fium und <96, 678> Benesuef Katakomben und Stücke von Mumien und von Sarcophagen völlig wie die zu Sakara, das wenigstens noch 3 Tagereisen davon liegt. Eben dieser sah auch ganz oben in Oberägypten zu Habu, also nicht weit von Theben und Isne ganze Mumien; Maillet versichert ebenfalls, daß man auch in Oberägypten welche finde, nur anders eingewickelt als die, die gewöhnlich nach Europa kämen; und Herodot sagt gar, daß auch die Aethiopier ihre Leichen zum Theil nach der Weise der Aegyptier behandelt hätten. Ganz Aegypten ist mit Katakomben wie unterminirt, die aber, weil sie bequemer, als die zu Sakara sind, vielleicht zur Römer oder Saracenen Zeit ausgeräumt, und zu Kellern, Magazinen etc. gebraucht seyn mögen.

Die Seltenheit der Kindermumien scheint mir keinen Einwurf gegen die Allgemeinheit der Mumienbereitung abzugeben. Ich schreibe sie bloß auf die geringe Mortalität der Kinder in jenen Zeiten, da die nahmenlose Schaar von Kinderkrankheiten, Pocken, Masern, Rhachitis u. s. w. noch unbekannt waren, und dann auch noch auf die ausnehmende Gesundheit der alten Aegyptier, die von den Schrift<96, 679>stellern so allgemein gepriesen wird, und sich aus den durchgehends gut erhaltenen Zähnen der Mumien abnehmen läßt.

Gemeiniglich liegen die Mumien in einem Sarcophag von Sycomorusholz, *

*
Ja nicht von Pensylvanischem Sassafraß, wie Hr. Mag. Kettner meinet. Bl.

die entweder aus Bretern zusammen geschlagen, oder bey Wohlhabenden in zwey Stücken, die mit etlichen Zapfen in einander passen, deren eins den Deckel ausmacht, aus dem ganzen gemeisselt ist. Der Sarg hat im ganzen ungefähr die Form einer Herme, unten eine Art von Piedestal, daß er Anfangs zu Hause und auch wohl nachher unten in der Gruft in einer Nische hat aufgestellt werden können; und auf dem Deckel oben ein ausgeschnitztes Gesicht, das, wie schon Herodot sagt, das Portrait des darin liegenden Todten seyn soll. Die große Aehnlichkeit dieser Gesichter unter einander, derentwegen Herr Graf Caylus *

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Hist. de l' aoad. des inscript. et b. l. Tom. XXIII. pag. 127. sqq.

bezweifelt, daß es Portraits seyn könnten, ließ sich, wie mich deucht, durch das, was ich oben von der National=Physiognomie der Aegyptier gesagt habe, erklären. Und daß manche nicht gar portraitmäßig aussehen, das muß die Einfalt der altägyptischen Sculptur entschuldigen; wie auf so vielen von unsern alten Leichensteinen, die oft Familienstücke mit vielen Portraits vorstellen sollen, und wo doch alle Gesichter, die Engelsköpfchen mit eingeschlossen, wie aus einer Form gegossen scheinen. Bey vielen dieser Gesichter auf den Sarkophagen (aber nicht bey allen) ist unter dem Kinn ein Spannen langer Zapfen angebracht, der auch an den Osiris=Figuren und sonst häufig vorkommt, und über dessen Bedeutung viel gestritten worden ist. Die mehresten glauben mit Kircher und Bonanni, es soll ein Blatt der Persea vorstellen, weil Plutarch sagt, die Persea sey der Isis heilig, ihre Frucht sey herzförmig und ihre Blätter wie Zungen gestaltet. Wenn diese Meinung keinen festern Grund hat, so scheint sie mir äußerst unwahrscheinlich. Wir wissen nicht recht, was diese Persea der Alten für ein Baum oder Pflanze seyn soll. Theophrastus <96, 680> beschreibt sie am weitläufigsten, sagt aber, sie hätte Birnblätter, die wohl zur Noth mit einer Zunge, aber doch nicht gewiß mit diesen Zapfen Aehnlichkeit haben. Und was mich noch mehr von jener Meinung abbringt, ist die große Verschiedenheit in der Bildung dieses Zapfens, der bald kurz, bald lang, breit, schmahl, rund oder viereckig, gerade oder ausgeschweift oder zuweilen gar wie ein Zopf geflochten ist.

Maillet sagt, daß man auch solche Särge gefunden habe, mit Gläsern in den Augen des ausgeschnitzten Gesichtes, so daß man die darunter liegende Mumie habe erkennen können.

Zuweilen ist der Sarcophag aussen, sowohl auf dem Deckel, als auch manchmahl am Rücken mit Figuren und Characteren bemahlt; theils Sinnbilder oder Hieroglyphen; theils aber auch die merkwürdige ägyptische Buchstabenschrift, worüber Warburton, Hr. Graf Caylus und Hr. Prof. Büttner so viel Wichtiges gesagt haben. Auch hat man wohl eher zwey hölzerne Sarcophagen in einander gepaßt gefunden.

Sehr selten, und wohl nur bey einigen der vornehmsten Personen ist die Leiche zugleich mit dem hölzernen Sarcophag noch in einen andern aus dem ganzen gehauenen steinernen offenen Kasten von Granit oder Basalt gesenkt worden. Gewöhnlich sind auch hieran Hieroglyphen eingehauen, dergleichen Herr Niebuhr von mehrern dieser seltnen Stücke (davon aber bis jetzt überhaupt kaum ein halbes Dutzend entdeckt sind), unter andern auch vom sogenannten Brunnen der Verliebten zu Cairo, der jetzt zu einer Viehtränke dient, abgezeichnet hat.

Sehr viele Mumien liegen aber auch ohne Sarcophag bloß in Schilf oder Palmzweige eingewickelt, oder auch, wie Maillet welche beschreibt, die an der Abendseite der Mumiengegend bey Sakara gefunden worden, bloße Körper nur oben hin in Stücken Kattun eingewickelt, auf eine Schicht Kohlen gelegt, und 7 bis 8 Fuß hoch mit Sand bedeckt. Ueberhaupt haben auch die Kinder=Mumien sehr selten einen Sarcophag.

Unter dem Deckel dieser Särge liegt gemeiniglich über die ganze Mumie vom Kopf zum Fuß eine längliche Maske von dick auf einander gepapptem <96, 681> und auch wohl mit einer Art von Gyps=Paste überstrichenem Kattun, die am Kopf wieder ein gemahltes Gesicht und am Leibe herunter mancherley Vergoldung und bunt gemahlte Figuren hat, die bey den mehresten solchen Masken großentheils überein und meist Vorstellung der Balsamation und der ägyptischen Gottheiten sind. Fürer von Heimensdorf, Kettner u. a. sagen, daß diese Masken auch theils von Paprrus wären; aber das scheint wohl eine bloße Muthmaßung, wenigstens habe ich weder an diesen Masken, noch an den Mumien=Binden jemahls die mindeste Spur von diesem Schilfe, auch bey keinem sehr exacten Schriftsteller eine Bestätigung jener Vermuthung gefunden.

Eben so ungewöhnlich wenigstens sind auch die Netze von Glaskorallen, womit die von Perry beschriebene Mumie unter der Kattunmaske behängt war. Sie schienen mir verdächtig, weil sie den abgeschmackten modernen Zierrathen zu sehr ähneln, womit man wohl in Europa die Mumien aufgestutzt hat, um ihnen ein so merkwürdiges Ansehen zu geben. *

*
z. B. die Günthersche Mumie im Merkwürdigen Wien vom Jan. 1727. Taf. IV.

Unter dieser gepappten Kattundecke liegt nun die Leiche selbst in ihre Binden eingewickelt. Diese sind zuverlässig nicht wie Graves. *

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Pyramidographia in his miscell. works Vol. I. p. 68. Der gelehrte Mann hatte eine eigne description of the mummtes ausgearbeitet: verlohr aber feine dazu gesammelten Papiere durch Cromwells Soldaten, da er seiner Professorstelle zu Oxford entsetzt wurde. Bl.

u. a. wollen, von Leinwand, sondern wie schon der alte, aber zuverlässige Hans Jacob Breuning in seinen fünf Meerfahrten, und nach ihm Giflet in seinem Werke vom Schweißtuch unsers Heilandes gesagt haben, durchgehends allemahl von Baumwolle *

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Goslypium Xylinum byssns etc.

Sie sind von sehr verschiedener Feine. Meist freylich grob; aber ich besitze auch außerordentlich feine Proben, wie vom besten indianischen Kattun. Eben so ungleich ist die Menge der Bänder bey den Mumien, ihre Breiten, die Art, wie sie gewickelt sind, u. s. w. Zu manchen muß eine ungeheure Menge <96, 682> Binden, gewiß auf tausend Ellen, verbraucht seyn. Im akademischen Museum sind die bloßen Binden von den Schenkeln einer Mumie, die an manchen Stellen drey Querfinger dick über einander liegen. Die äußern Binden laufen über den ganzen Körper, so daß man an manchen von aussen weder Kopf, noch Gliedmassen unterscheiden kann; *

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s. die kleinen Mumien in den Marbres de Dresde. Pl. 197.

unter ihnen liegen denn die innern Binden, womit die einzelnen Glieder und der Leib umwickelt sind, die auch zuweilen mit großen Stücken Kattun, wie halbe Hemden, die zwischen ihnen liegen, abwechseln. Graves, Andreas Gryphius und Pocock haben die Anlagen dieser Bandagen an dreyen Mumien, die sie zerlegt, genau beschrieben. Bey vielen ist das Gesicht entblößt und der Hinterkopf nur wie mit einer Haube oder wie mit einem Perrückennetz bedeckt, und bey diesen sind, wie Troilo und Thevenot bemerkt haben, die fleischichten Theile des Gesichts gemeiniglich mürbe oder schon abgefallen. Hingegen sind die Köpfe einiger Mumien, wie z. B. der Großherzoglichen zu Florenz, die Nordius beschrieben, oder der Kopf in der Sammlung des Bononischen Instituts aufs mühsamste und sonderbarste übers Kreutz umwickelt, so daß hin und wieder viereckige Oeffnungen zwischen den Binden blieben, und dergleichen Köpfe alten geschlossenen Helmen mit durchbrochenem Visir ähneln. Ueberhaupt sind manche Mumien=Bandagen so unbegreiflich künstlich angelegt, daß selbst geschickte Aerzte bezweifelt haben, daß man sie heutiges Tages nachmachen könne. Doch hat sich Thomas Alghisi, ein berühmter Florentiner Arzt und Litheton, der unvergoltenen Arbeit unterzogen, alle die mühsamen Bandagen der Florentiner Mumie an einem Fantom aufs genaueste nachzuahmen. *

*
s. Valianori. Opere. T. I. tav. 36.

Zuweilen sind die Binden zunächst um den Leib und am Arm vergoldet.

Gewöhnlich liegen die Arme der Mumien kreutzweis auf der Brust über einander, bey einigen aber, wie bey der gedachten Florentiner, bey der auf der Leipziger Rathsbibliothek etc. hangen sie an den Seiten des Körpers herunter. An manchen hat man <96, 683> die ganzen Hände, an andern doch die Nägel vergoldet oder roth gefärbt gefunden.

Ueber die Materialien, womit die Aegyptier ihre Leichen eingesalbt, hat man sich noch so wenig vergleichen können, daß selbst Chemisten von Profession darüber in ihren Meinungen getheilt sind. Die einen halten sie nähmlich für Erdharze, Asphalt, Bergöhl u. s. w.; andere hingegen für Pflanzenharze von Cedernbäumen etc., und noch andere für ein Gemische von beyden. Der einzige Alte, der Asphalt angibt, ist Strabo, doch sagt er es nur ganz im Vorbeygehen. Unter den neueren haben hingegen Belloni, Prosper Alpinus, Nordius, Pocock, Middleton, Herr Rouelle. *

*

u. a. mehr behauptet, daß dieses sogenannte Judenpech das Hauptingredienz zu den Mumien sey. Für die andere Meinung hingegen, daß sie mit Cedernharz u. a. Resinen bereitet wären, erklärt sich schon unter den alten Herodot, Dioscroides, Plinius, Galenus, unter den neuern der sehr gültige Richter Melch. Guilandinus und zuletzt noch Herr Hardley *

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Philos. Transact. for 1764. p. 12.

Ich will den Behauptungen der erstern um so weniger widersprechen, da ich selbst erinnert habe, wie sehr mannigfaltig die Mumien und die Materialien sind, womit sie bereitet worden. Aber das kann ich versichern, daß ich Stücke von wenigstens zehn Mumienkörpern, aus verschiedenen Cabineten und Officinen untersucht, und mit mehrerley orientalischen Aephaltarten verglichen, aber niemahls eine Spur von letztern in jenen gefunden habe. Asphalt riecht, zumal am frischen Bruche oder angebrannt, widrig schwefelhaft und arsenicalisch, so daß ich nicht begreife, wie Herr Rouelle den Geruch von Asphalt und Bernstein für gleich halten kann. Das Mumienharz hingegen riecht zwar bald mehr bald weniger angenehm, aber doch gar nie asphaltartig. Asphalt löset sich in Bergöhl aber nicht in Alkohol auf. Mumie umgekehrt nie in Bergöhl aber größtentheils in Alkohol. Das was sich nicht hierin solvirt, löset sich auch in Bergöhl nicht auf. Im Wasser solvirte sich etwas weniges von diesem Residuo. <96, 684> Das übrige blieb aber in allen Infusionen, die ich damit versucht habe, unverändert. Die Binden sind meist mit Gummi auf einander gepappt, wenigstens lößt sich sehr viel davon in Wasser, sehr wenig in Alkohol, und wiederum gar nichts in Bergöhl auf. Ich habe alle diese verschiedene Mischungen und Producte im akademischen Museum aufgehoben. Auch bin ich auf den Versuch verfallen, und habe die Electricität des Asphalts und der Mumien mit einander verglichen. Jene hat, wie alle Erdharze, sehr viel, alle meine Stücke von dieser hingegen eine fast unmerkliche Kraft. Endlich habe ich aus allerhand Mischungen Mumien nachzumachen versucht. Von diesen ist zwar keine einzige der alten Mumie völlig gleich ausgefallen, doch hatte die mit Asphalt, Maltha etc. sehr wenig, und hingegen die von Colophonium, Myrrhen und Ladanum ziemlich viel Aehnlichkeit. Ich vermuthe also, daß die Basis bey den feinern Compositionen wohl Cedernharz gewesen seyn mag, dem aber einige andere Dinge, und bey sehr vornehmen Leichen auch wohl Meccabalsam, der wenigstens in spätern Zeiten zuverlässig gebraucht worden, *

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Corippus de funere Imp. Iustini II.

zugemischt ist.

Alve ist wohl nicht darzu gekommen. Wenigstens wurden die angenehmsten Mischungen, so bald ich Aloe succot dazu that, unerträglich stinkend. Daß die Aegyptier aber überhaupt Specereyen aus Palästina gekriegt haben, sieht man schon an den Ismaelitischen Kaufleuten, die damit von Gilead nach Aegypten zogen, und denen Joseph von seinen Brüdern verkauft ward.

Die allerfeinste und wohlriechendste Mumie die ich habe, ist in einem Stück vom Thorax einer jugendlichen Leiche, an dem noch einige Rippen der rechten Seite sitzen. Sie ist von außen hart, glänzend, theils ganz schwarz, theils bräunlich: am Bruche mattglänzend: in der Mitte aber braungrau und noch weich wie Wachs, daß sie sich wie Pillenmasse behandeln läßt, und eben so war auch das Harz in der Brust der überaus merkwürdigen prächtigen Mumie, die der ehemalige Hofapotheker Herzog in Gotha so genau untersucht und beschrieben hat.

<96, 685>

Bey der wohlfeilsten Leichenbestattung ist, wie schon Herodotus angibt, und wie man noch an manchen Mumien offenbar sieht, gar kein Harz gebraucht, sondern der Körper bloß in Laugensalz gelegt, und denn in Binden gewickelt worden. Diese Art von Behandlung kann nicht hoch gekommen seyn, wohl schwerlich höher als bey uns die Begräbnißkosten eines armen Mannes -- die jura stolae mit eingerechnet. Daher ich allerdings glaube, daß die Mumienbereitung wenigstens bey den ältesten Aegyptiern ganz allgemein geweseu, und sich auch aufs gemeine Volk erstreckt habe. Die Alten sagen durchgehends, daß ein Aegyptier mehr für seine dermaleinstige Leichenbestattung als für die Bedürfnisse seines Lebens besorgt sey: und bey der angehenden Vorstellung von Seelenwanderung, und künftiger Wiederkehr der Dinge, wäre es das traurigste für einen armen Aegyptier gewesen, wenn er sich die Hoffnung benommen gesehen hätte, daß seine Seele dereinst ihre vorige Wohnung wohlbehalten wieder vorfinden und von neuem beziehen könnte. Auch die zahllose Menge der Mumien nur allein in den sehr wenigen Gräbern, die bis jetzt durchkrochen sind, begünstigt diese Vermuthung, und widerlegt zugleich das Vorgeben, daß die Juden in Alexandrien noch jetzt Mumien nachmachten, und die mehresten nach Europa geschickten von ihrer Fabrik wären. Bey dem sehr mäßigen Preise, in dem die Mumien in Aegypten stehen, wären die Juden, nur allein die unermeßlich vielen Binden gerechnet, sehr zu kurz gekommen; hätten wenigstens ungleich wohlfeiler, ächte Mumien aufkaufen können. Von Bruchstücken für Materialisten, kostete zu Wanslebs Zeiten der Centner nur 2 Löwenthaler. Eine ganze Mumie ums Jahr 1610 da Georg Sandys Aegypten durchreiste, 4 Thaler; und noch vor 40 Jahren, wie Carl Perry dort war die schönste Mumie 8 bis 10 Zechinen. Zudem ist nie so viel Nachfrage nach Mumien gewesen, daß es sich des Betrugs verlohnt hätte. Als Arzney sind sie Gottlob nie in Quantität gegessen worden: und die Seltenheit der ganzen Mumien in Europa rührt, wie auch Hr. Niebuhr angemerkt hat, nicht so sehr von der Schwierigkeit, sie aus Aegypten an Brod zu bringen, als <96, 686> von dem Aberglauben der Europäischen Matrosen, die sie nicht auf dem Schiffe dulden wollen, her.

Beym Einsalben selbst müssen die Leichenbeschicker sehr gewaltsam mit der Leiche umgegangen seyn, *

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Von gewissen ganz unnatürlichen Gewaltthätigkeiten, die man am wenigsten bey einem so ernsten Volke, wie die alten Aegyptier, vermuthet hätte, und derentwegen in der Folge die Leichen schöner Frauenzimmer nicht eher als wenn sie schon zu faulen anfingen, den Händen der verdächtigen Leichenbeschicker anvertrauet werden durften, s. Herodotus. -- Bl.

weil man fast immer zerbrochene Rippenstücken, ausgebrochene einzelne Rückgradswirbel u. s. w. in der Harzmasse, in der Brusthöhle oder im Unterleibe antrifft. Gryphius fand in der Rückmarkhöhle einer Mumie einen Stock, der hinein gestoßen war. Ich habe sie einst mit Harz ausgeflossen gefunden. Ehe die Leiche die 30 Tage über ins Laugensalz gelegt worden, hat man wohl die fleischichten Theile hin und wieder eingeschnitten, damit das Salz desto besser eindringen, und das Fett auflösen und anziehen konnte. Bey dem Stück von der Brust, dessen ich gedacht habe, erkennt man die schrägen Fleischfasern der Intercostalmuskeln sehr deutlich. Die Gesichter sind bey sehr vielen Mumien so gut erhalten, daß man, wie Diodorus Siculus sagt, aber Middleton läugnen wollte, noch die ganze Bildung erkennen kann, *

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Bey einer von den Mumien, die Gryphius zerlegt hat, waren wirklich die Augbraunen und Wimpern erhalten. Bl.

und ein Mumienbein, das ich zu untersuchen Gelegenheit gehabt habe, hatte vom Knie bis zu den Fußzehen und zur Sohle alle seine fleischichten Theile und seine Haut behalten, war aber ganz verschrumpft, und die Haut, so weit sie die Binden bedeckten, schmutzig gelb, an den nackten Zehen aber schwarzbraun und überall harsch wie Pergement, doch daß man noch die kleinsten Spirallinien der Haut unterscheiden konnte.

Die Nachrichten, die Herodotus und Diodorus von der ganzen Procedur bey Verfertigung der Mumien geben, differiren zwar in Nebenumständen; aber freylich lebte auch der letztere schon um 500 Jahr später, und war bekanntlich auch nicht der exacteste Untersucher. In der Hauptsache aber stimmen sie unter einander und beyde wieder mit Mo= <96, 687> sis *

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s. Warburton' s div. Legat. of Moses Vol. II. p. 64.

Erzählung von des Erzvater Jacobs Begräbniß völlig überein. 30 Tage lang lag nähmlich die Leiche im Laugensalze; 40 Tage dauerte nachher die Balsamation: und diese 70 Tage zusammen genommen, war auch die Trauerzeit der Verwandten.

Ich habe mehrmahls an den Mumien selbst die Bestätigung von besondern Umständen in jener Griechen ihren Erzählungen gefunden, und kann sie auch über einige andere rechtfertigen, die man ihnen nicht hat zugeben wollen. Gryphius, Middleton u. a. habens z. B unwahrscheinlich gefunden, daß nach Herodoti Erzählung das Gehirn mittelst eines krummen Eisens, durch die Nasenlöcher sey ausgeleert worden, haben geglaubt, es sey vielmehr durch die große Oeffnung im Hinterhauptsbeine geschehen. Aber ich habe allerdings an einem Mumienschedel und auch an noch zwey andern, die ich darüber nachsehen konnte, die knöcherne Scheidewand der Nase mit sammt dem Hanenkamme ausgebrochen, und die durchlöcherte Scheibe des Siebbeins durchgestossen, hingegen die benachbarten Theile und selbst die untern Muscheln, (ossa turbinata infer.) völlig erhalten, und mit Harz überzogen gefunden. Auch die Harzmasse inwendig im Hirnschedel und die Weise, wie sie geflossen, stimmen damit überein; und hingegen habe ich Mumienschedel gesehen, bey welchen die ersten Halswirbel noch fest am Hinterhauptsbeine ansaßen. Aber eben so wenig will ich läugnen, daß nicht andere Männer vielleicht bey spätern Mumien das Siebbein unversehrt, und das Harz durch for. magn. occipit. eingefüllt gefunden haben. Auch die Menge des Harzes, die in den Schedel gegossen worden, scheint sehr willkührlich gewesen zu seyn. In einem Mumienkopfe sind wohl etliche Pfunde, andere habe ich zuweilen nur wie ausgepicht oder incrustirt gefunden.

Diodorus sagt, daß man Herz und Nieren in der Leiche zurück gelassen habe. Dem widerspricht der Graf Caylus, zumal in puncto des Herzens --es sey ein anatomischer Widerspruch, daß sich das erhalten könne. Ich finde zwar nirgend bestätigt, daß man das Herz in Mumien wirklich vorgefunden hätte, aber auf Anatomie hätte der Herr Graf we<96, 688>nigstens nicht provociren sollen. Nächst der Leber ist kein Eingeweide, was so leichte trocknet, als das Herz Wenigstens so gut als die Zunge, die Greaves noch in einem Mumienkopfe gefunden hat.

Daß das Harz selbst in die Markzellen der Knochen gedrungen, ist richtig, doch nur da es unmittelbar auf den Knochen gegossen worden. An dem Beine, wovon ich oben sprach, war nicht einmahl etwas Harz in die Gelenkkapsel des Knies gekommen, sondern die Mondförmigen Knorpel lagen bloß verhornt da, wie an einem trocknen Scelete.

Endlich noch ein paar Worte über die mannigfaltigen fremden Dinge, die man zuweilen an oder in den Mumien findet. Manche fanden in den Händen oder unter einer von beyden Fußsohlen zwischen den Binden einen Zwickel; Gryphius fand bey einer ein Palmblatt unter den Lenden, und etwas fast wie Muscatblüten im Unterleibe, Prosper Alpin in einer andern einen Rosmarinzweig, der noch wie frisch abgebrochen aussah, Christian Herzog in der seinigen, außer vielen andern sonderbaren Sachen, eine Menge kleiner Acacienschoten: Maillet in einer andern eine Flasche voll Salbungsharz, und bey noch einer andern unter der einen Hand auf der Brust etwas das er für Saiten eines musikalischen Instruments hält. Man hat viel von einem Goldstücke gesagt, das die Mumien unter der Zunge haben sollten, und was man ihnen zum Fährgeld mitgegeben hätte. Ich weiß zwar nicht, wo es Burrettini und Hr. Graf Büffon her haben, daß so ein Goldstück 2 Louisd' or halte, oder wie Winkelmann gar aus diesem vorgegebenen eingebildeten Naulus behaupten will, ergo müßten die alten Aegyptier geprägte Münzen gehabt haben; und weiß hingegen wohl, daß schon Peyresc und viele andere umsomst darnach gesucht. Aber Herr Graf Caylus hätte auch deshalb nicht sagen sollen, man habe gar nichts dergleichen noch gesehen: denn allerdings fand Gryphius im Schlund einer Mumie ein dünnes Goldblech 10 Gran schwer, eingekerbt und zusammen gelegt; dessen Bestimmung sich aber freylich nicht leicht errathen läßt.

Gewöhnlich finden sich unter den Binden der Mumien, oder in ihrer Brust ein oder mehrere Figuren von Steingut oder Kupfer, und wie Maillet <96, 689> versichert, auch wohl von Gold. Meist finds kleine Osirisbilder mit gekreuzten aufgehabnen Armen, und den Geisseln in beyden Händen. Die irdenen, die die gemeinsten sind, nennt Herr Graf Caylus percellanen. Nun könnte es zwar seyn, daß manche ausnehmend fein wären, aber alle, die ich gesehen, und theils vor mir habe, ähneln höchstens unserm Steingut, haben eine blaugrünliche Glasur, und sehen auf dem frischen Bruche rauh und sandig aus. Nicht selten findet man auch in den Mumien Scarabäen, *

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Und zwar auch in Mumien, die nach allen Zeichen zu schließen, von einer sehr alten Fabrik seyn müssen. Daher unmöglich alle Scarabäen so neu seyn können als sie Winkelmann in der Gesch. der K. d. Alterth. macht. Bl.

theils von Carniol, Jaspis, etc. theils auch aus der gedachten Töpfermasse. In der Gothaischen Mumie, die Herzog untersucht hat, entdeckte er 72 symbolische Figuren, von aller Art, Scarabäen, Niloscope u. s. w. aus Jaspis, Achat, Lasurstein etc. die er auch alle hat in Kupfer stechen lassen; außerdem aber noch ein überaus sonderbares länglichtes keilartiges Instrument, aus einem ganz schwarzen gar harten Steine, wie er ihn beschreibt, das er nicht unwahrscheinlich für den Aethiopischen Stein hält, womit nach Herodoti Bericht der Unterleib der Leichen geöffnet worden. Ich vermuthe, daß es von wahrem Basalt der Alten gewesen, aus dem auch die Basis der dritten oder schönen Pyramide bey Alt Cairo, die räthselhafte jetzt verlohrne Statue des Memnon zu Theben, die obgedachten Begräbnißkasten und andere dergleichen alte Kunstwerke, zumahl in Oberägypten verfertigt sind, der aber mehrentheils verkannt und bald mit Graniten, bald mit Paragour Probierstein (Basanites) am meisten aber mit dem Vulkanischen erst von Joh. Kentmann sogenannten, Vasalt vermengt worden ist.

Zu den neuesten Schriften über Mumien gehören folgende:

Blumenbach Decas quarta collectionis suae craniorum diversarum gentium illustrata. Goetting. 1800. 4. Tab. 31.

Augusteum, Dresdens antike Denkmähler enthaltend; vom Prof. W. G. Becker. Leipzig 1804. <96, 690> 18 Bog. Text in Fol. mit 6 Kupft. (12 Rhtl.) Dieses erste Heft enthält unter andern zwey ägyptische Mumien in colorirten Abbildungen. Die folgenden Hefte werden nicht so theuer seyn, als dieses.

Dr Langguth de mumiis avium in labyrintho apud Sacaram repertis. Wittenberg 1803. Ein Einladungsprogamm.

Ueber die mineralische Mumie, welche nahe bey Schiras in Persien gefunden wird, ist noch nachzusehen des Herrn Grafen von Ferrieres=Sauveboeuf Reisen in der Türkey, Persien, und Arabien, während der Jahre 1782 bis 1789, übers. von J. R. Forster. Berlin 1791. gr. 8. S. 132. Er bezeugt auch, daß diese kostbare Mumie, die in ganz Asien so berühmt ist, alle Brüche selbst von stärkeren Knochen in weniger als 24 Stunden heilt, und er selbst hat eine Probe davon an einem Huhne gesehen, dem man ein Bein gebrochen hatte. Man gab dem Huhne ein Stückchen von der Größe einer Linse, in Butter zerlassen zum Verschlucken, nachdem der Bruch vorher damit gerieben worden, und am folgenden Tage war es vollkommen geheilt. Er sagt übrigens noch, daß man sie an dem wohl verwahrten Orte, wo sie in einer Höhle von dem Felsen tröpfelt, im September einsammele, und daß man, wenn die Lese reich ist, nicht viel über 10 Unzen gewinne, und daß die Unze dieser Mumie wohl 1000 Thaler koste. Die ächte mineralische Mumie soll nach ihm schwarz, wie Pech, aussehen, aber keinen Geruch haben.

Mumienkasten Klassifizierung: 932 Ägypten bis 640DDC-Icon , der Sarg, worin die ägyptischen Mumien gewöhnlich aufbewahret wurden, welcher gemeinhin von dem Holze des Maulbeerfeigenbaums (Ficus Sycomorus Linn.) auch wohl von Cypressenholz gemacht wurde. S. im Art. Pfeil-IconLeichenbegängniß, Th. 73, Pfeil-IconS. 509. und PfeiliconFig. 4275 daselbst, und im Art. Pfeil-IconMumie, oben, Pfeil-IconS. 679.

Mumis Klassifizierung: 523.8 SterneDDC-Icon , ist der Nahme eines hellen Sterns der 2ten, oder nach Tücho der ersten Größe, in der nördlichen Krone. Er heißt gewöhnlich Lucida Coronae, auch Alpheta, Alpheva, Gemma Coronae, Gnosia und Pupilla.

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1. Mumme Klassifizierung: 636 ViehwirtschaftDDC-Icon , die, ein nur in einigen Gegenden übliches Wort, ein verschnittenes Thier zu bezeichnen, daher die Schweinschneider an solchen Orten auch Mummenmacher genannt werden. Es gehört mit meiden, castrieren, zu dem Geschlechte des Wortes mähen, schneiden.

2. Mumme Klassifizierung: 663.42 Bier und AleDDC-Icon , die, der Nahme des dicken und starken Biers, welches zu Braunschweig gebauet, und wegen seiner braunen Farbe und guten Geschmackes sehr hoch geschätzt wird. Der Nahme kommt von einem Manne Nahmens Mumme, welcher dieses Bier zuerst gebrauet hat. S. im Art. Pfeil-IconBier, Th. 5, Pfeil-IconS. 14 -- 17. wo auch das Verfahren bey dem Brauen dieses Bieres beschrieben ist.

3. Mumme Klassifizierung: 391.43 Kopfbekleidung DDC-Icon Klassifizierung: 400 Sprache DDC-Icon Klassifizierung: 430 Germanische Sprachen; DeutschDDC-Icon , die, ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, eine Larve oder Maske, ingleichen eine jede Verkleidung, und eine verlarvte und verkleidete Person zu bezeichnen. Mummen gehen oder laufen, war ehedem so viel als maskirt einher gehen. Das Mummengesicht, eine Larve oder Maske, das Mummenspiel, oder die Mummenschanze, die Maskerade, u. s. f. welche nunmehr insgesammt durch ausländische Ausdrücke verdrängt worden. Doch haben wir noch das Zeitwort vermummen, durch Verhüllung des Gesichts unkenntlich machen, welches im gemeinen Leben auch wohl vermummeln lautet.

Holländ. Momme. Im Engl. ist Mummer und im Franz. Mommeur eine verlarvte Person, und im Ital. mommiare, mummiare, verlarvt einher gehen. Schon Commodian braucht Momerium für eine Larve, ja das Griech. μομμω hat bereits eben dieselbe Bedeutung. Es ist ein Geschlechtsverwandter von 3. Muff, (s. Th 94, Pfeil-IconS. 709.) und dem Nieders. Maue, ein Aermel, dem Holländ. mymer, dunkel u. s. f. und bedeutet eigentlich Verhüllung. Im gemeinen Leben ist noch jetzt einmummen, in Kleidungsstücke einhüllen, verhüllen.

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4. Mumme Klassifizierung: 623.8 Schiffstechnik und NautikDDC-Icon , bey den Floßfahrern eine Stange etc., welche als Zeichen einer seichten Stelle dient.

Mummel Klassifizierung: 398.4 Paranatürliche und legendäre Phänomene als Themen der FolkloreDDC-Icon Klassifizierung: 400 Sprache DDC-Icon Klassifizierung: 430 Germanische Sprachen; DeutschDDC-Icon , der, im gemeinen Leben, der Nahme eines erdichteten Ungeheuers, womit man die Kinder fürchten macht, und welches durch eine vermummte Person vorgestellt wird; an einigen Orten Mummanz, Mummelmann, Mummelbätz, Mummelack, (Lat. Acco) bey dem Cäsarius von Heisterbach Mummart. Ungeachtet der Verkleidung, welche gemeiniglich mit der Vorstellung und Aufführung eines Mummels verbunden zu seyn pflegt, so stammt dieses Wort doch unstreitig von dem brummenden Laute Mum, Mum her, welchen der vorgegebene Mummel von sich hören lässet, und welcher so alt ist, daß dieses Schreckbild der Kinder schon im Griech. μομμω heißt. Indessen sind dieses mum, mum, und der Begriff der Verkleidung, Vermummung genau mit einander verbunden, weil eine im Gesichte verhüllte Person diesen Laut am leichtesten hervorbringen kann.

Statt dieses Lautes ist an vielen Orten auch der Laut bau, bau oder wau, wau üblich, im Ital. bau, bau, und baco, baco; daher wird der Mummel auch in vielen Gegenden der Baubau oder Wauwau, Ital. il Baubau, im Nieders. Bumann, im Holländ. Bietebaw, ohne Zweifel von dem Nieders. biten, beissen, genannt. Unser hochdeutsches Popanz scheint eben daher zu stammen. Das Oberdeutsche Butzemann kommt wohl von dem veralteten Butze, eine Larve her, wovon auch die Nieders. Budde, Buddecke, Butke, alle in der Bedeutung dieses Mummels abstammen können, wenn sie nicht gleichfalls den Laut bu, bu zum Grunde haben. In den nieders. Benennungen des Mummels Bullkater, Buhlkater, Bullenmann, Bulol, Holländ. Bulleman, Engl. <96, 693> Boggle-Boo, u. a. m. erkennt man einen ähnlichen Laut.

Klassifizierung: 305.831 DeutscheDDC-Icon Es ist ein sehr altes Vorgeben, daß der Mummel die ungezogene Kinder fresse. Er heißt um deswillen schon bey dem Plautus Manducus und Manduco, und auch im Deutschen in einigen Gegenden der Kinderfresser, im Hennebergischen der Freßmann, in Westphalen die Etheninne, von eten, essen, wo man ihn als ein altes fürchterliches Weib vorstellet. Uebrigens wird er in Westphalen auch Watermöme, Wassermöhme, und im mittlern Lateine von seiner bärtigen Larve Barbualdus genannt.

Klassifizierung: 305.896 Afrikaner und Menschen afrikanischer AbstammungDDC-Icon Zum Beweise wie sehr sich der Mensch und seine Art zu denken und Wörter zu bilden in allen Jahrtausenden und unter allen Himmelsstrichen gleich ist, ist zu bemerken, daß die Mandigoer, eine Neger=Nation am Senegal in Afrika eben einen solchen Mummel haben, die Weiber im Zaume zu halten, als derjenige ist, mit welchem man in Deutschland die Kinder schreckt. Er ist ein fürchterlich verkleideter Mann, welcher einen schrecklichen Lärmen macht, die ungezogenen Weiber zu fressen droht, und sogleich gehohlt wird, wenn sich eine Frau mit ihrem Manne zankt, welche denn eben so sehr vor ihm zittert, als ein Deutsches Kind vor seinem Mummel. Weil er seine Ankunft gleichfalls mit dem brummenden Laute mum, mum, ankündigt, so wird er daselbst der Mumbo Jumbo genannt; ein Nahme, welcher unserm Mummel so ähnlich ist, als das Schreckbild selbst.

Klassifizierung: 394.26 FeiertageDDC-Icon In Deutschland hat man für verschiedene Zeiten auch verschiedene Arten von Mummel. In Franken läßt sich am Feste der Erscheinung Christi die Berch oder Brech sehen, welche ihren Nahmen vermuthlich von dem Brechentage, dem alten <96, 694> oberdeutschen Nahmen dieses Festes hat; in Baiern heißt sie die Frau Berst, welche den Kindern den Bauch aufschneidet, und daselbst ihr Amt das ganze Jahr verwaltet. In ganz Deutschland schreckt man um die Zeit von Weihnachten an mit dem Knechte Ruprecht, der den heil. Christ begleitet. In Oestreich und Bayern hat man am Nicolai=Tage vor Weihnachten den Klaubauf, welcher in Gesellschaft des heil. Nicolat herum geht, die ungezogenen Kinder zu bestrafen, anderer zu geschweigen.

Klassifizierung: 649.6 Unterweisung von KindernDDC-Icon Wie wenig sich übrigens dergleichen Schreckbilder mit den Grundsätzen einer vernünftigen Erziehung vertragen, bedarf in unsern Zeiten wohl keiner weitläufigen Auseinandersetzung.

S. Adelung' s gram. krit. Wörterb.

Götting. Taschenbuch, 1779, S. 58 fl.

Klassifizierung: 391.2 Kleidung für FrauenDDC-Icon In Ulm ist Mummel der Nahme eines besondern Kleidungsstückes der Frauenzimmer. S. im Art. Pfeil-IconLeichenbestattung, Th. 73, Pfeil-IconS. 670.

Mummelkraut, Nymphaea Linn., s. Pfeil-IconSeerose.

Mummeln Klassifizierung: 430 Germanische Sprachen; DeutschDDC-Icon , ein Zeitwort, welches nur in den gemeinen Sprecharten üblich ist, wo es in doppelter Gestalt vorkommt.

1. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte haben. a) Den brummenden Laut mum, mum von sich hören lassen, wie die Kühe, wenn sie muhen, und der vorgegebene Mummel. Weil das Kauen zahnloser Personen gemeiniglich auch mit einem solchen durch die Nase gelassenen Laute verbunden ist, so heißt mummeln und mumpeln im Nieders. und in andern Gegenden auch zahnlos käuen. Im Oberdeutschen ist dafür muffeln und mumpfeln üblich. Schwed. mumla, Engl. mumble, Dän. mumle. b) Murmeln, im Nieders. gleichfalls mummeln und mumpeln, <96, 695> Engl. mumble, Holländ. mompelen; eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Bedeutung, welche aber im Ober= und Niederdeutschen gangbar ist.

2. Als ein Activum, das Gesicht verhüllen, und verhüllen überhaupt, eine Figur der vorigen Bedeutung. S. 3. Pfeil-IconMumme. Im Hochdeutschen ist es nur in den Zusammensetzungen einmummeln und vermummeln üblich, wofür man doch lieber einmummen und vermummen sagt.

Mummer Klassifizierung: 353.46 AmtsdelikteDDC-Icon , der, in einigen Gegenden, ein Verräther, Praevaricator, besonders eine Gerichtsperson, oder ein Sachwalt, der die ihm anvertraute Sache verwahrloset, und mit dem Gegentheile unter einem Hute spielet, entweder wenn er ihm Rath und Anschläge gibt, oder wenn er, was zu seiner Beschuldigung gehört, verschweigt, und seine Ausflüchte gelten läßt. Ein solcher wird nach Verhältniß der Umstände mit Absetzung von seinem Amte, mit Verluste seiner Ehre, mit Gefängnisse oder mit Landesverweisung bestraft.

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