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Leichenbitter Klassifizierung: 331 ArbeitsökonomieDDC-Icon Klassifizierung: 393 Sterbe- und BestattungsritenDDC-Icon Klassifizierung: 395 Etikette (Manieren)DDC-Icon Klassifizierung: 306.9 Den Tod betreffende InstitutionenDDC-Icon , Leichenbitterinn, im Niedersächsischen Dodenbidder, Doonbidder; diejenigen Personen, welche dazu verordnet sind, die zur Leichenbegleitung verlangten Personen einzuladen. An einigen Orten ist dieser Posten mit dem eines Hochzeitbitters, verbunden. Bey bürgerlichen Leichen in kleinen Städten hat der Leichenbitter die Ordnung der Folge zu besorgen, und gewöhnlich schließt er sich bey dem letzten Pare der Leichenbegleiter mit an. Wird vor oder nach dem Leichenbegängnisse ein kleines Traitement gegeben, so übernimmt gewöhnlich, besonders bey Handwerksleuten, der Leichenbitter auch die Besorgung der Gäste, damit keiner zu kurz kommt, und zuletzt stattet er im Nahmen der Leidtragenden jedem vom Gastmahle weggehenden Leichenbegleiter den Dank ab. Eben dieser Leichenbitter bringt auch der Geistlichkeit die Gebühren ins Haus, und besorgt die Bezahlung des Geläutes, für welches alles er, je nachdem es an einem Orte gebräuchlich ist, entweder 16 Groschen, 1 Thaler oder auch noch mehr erhält.

Klassifizierung: 362.1 Körperliche ErkrankungDDC-Icon Nach einer schlesischen Verordnung sollten zu diesem Posten Invaliden genommen werden.

Im Artikel Pfeil-IconLeichen=Commissarius wird ein Mehreres vom Leichenbitter vorkommen, besonders in Hinsicht des demselben zu erlegenden Geldes, so wie auch in Pfeil-IconLeichenbestattung.

Leichenblässe Klassifizierung: 616 Krankheiten DDC-Icon , todtenfarbig. Es ist im Artikel Pfeil-IconLeiche schon gezeigt worden, daß die Todtenfarbe eines ohne sonstige äußerliche Kennzeichen des Lebens danieder <73, 683> liegenden Menschen noch kein Beweis des wirklichen Todes ist, denn fast eine jede starke Ohnmacht führt das Gepräge des Todes. Uebrigens kann man den Artikel Pfeil-IconLeichengestalt nachsehen.

Klassifizierung: 750 Malerei und GemäldeDDC-Icon Will aber ein Mahler die Leichenblässe natürlich vorstellen, so legt er sein Gesicht mit Weiß und bleichem Ocker an, und nimmt zur Schattierung statt des mit Zinnober versetzten Carmins, Lack und viel Weiß; dann arbeitet er darüber mit vermengtem Grün, welches aus viel Blau besteht, wodurch man die rechte blasse Todtenfarbe erhält. Die Schattirung macht man wie bey andern Coloriten, nur muß mehr Blaues als Gelbes darein kommen, zumahl an den zurückweichenden Theilen und um die Augen herum. Das Gelbe muß sich nur an den Theilen finden, die am meisten hervorstehen. Der Mund muß gleichsam ganz veilchenbraun seyn, doch wird derselbe auch mit ein wenig Zinnober, Ocker und Weiß angelegt, und mit Lack und Blau ausschattirt. Zu den starken Strichen aber sowohl an dem Munde als an den Augen, der Nase und den Ohren, nimmt man Schwarz und Lack.

Klassifizierung: 535 Licht und Infrarot- und UltraviolettphänomeneDDC-Icon Klassifizierung: 793 Spiele und Freizeitaktivitäten für drinnenDDC-Icon Wenn man in einem finstern Zimmer Branntwein oder dergleichen Spiritus mit Salz vermischt, auf einem Teller gegossen, anzündet, und löschet alles übrige Licht aus, so haben alle in dem Zimmer sich befindende Menschen so lange eine wahre Todtenfarbe, als der Spiritus brennt. Sobald man aber ein ordentliches Licht ins Zimmer bringt, ist auch der Anblick wieder gesund, lebend, und natürlich. Die Ursache davon liegt in der Brechung der Lichtstrahlen.

Leichenblick Klassifizierung: 393 Sterbe- und BestattungsritenDDC-Icon Klassifizierung: 616 Krankheiten DDC-Icon , Todtenblick, ist 1) die Todtengestalt und das wirklich gläserne Ansehen des Auges bey dem Verstorbenen, wovon ich im Artikel Pfeil-IconLeiche schon als eines der Kennzeichen des wahren Todes, gehandelt habe. Der wirklich Todte hat gewöhnlich offene, starre, und wie man es zu nennen pflegt, gebrochene Au<73, 684>gen, so wie auch gewöhnlich offenen Mund; daher ist die Gewohnheit, den Verstorbenen die Augen zuzudrücken, um den Umstehenden diesen gräßlichen Anblick nicht zu gönnen, und ihnen die Leiche nicht fürchterlich zu machen, sehr alt; weshalb solches den Kindern und Anverwandten zur heiligen und unverletzlichen Pflicht angerechnet wurde. Es ist aber allemahl gefährlich einem Verstorbenen sogleich die Augen zuzudrücken, feuchte Bauschen aufzulegen, und den Mund zuzubinden, denn sehr oft ist der Todte nur in eine Ohnmacht, in eine allgemeine Entkräftung oder Betäubung verfallen, wo Leben und Athmen fast unmerklich sind. Herr Hofrath Gruner *

sagt: daß hier das eilfertige Zubinden des Mundes eben das, was der Strick bey dem Gehängten sey, weil beyde aus Mangel der Luft sterben müssen.

Klassifizierung: 614.6 Bestattung von TotenDDC-Icon Klassifizierung: 398.4 Paranatürliche und legendäre Phänomene als Themen der FolkloreDDC-Icon 2) Es trifft sich manches Mahl zu, daß eine Leiche im Sarge, oder noch vorher, wieder ein, oder beyde Augen öffnet, und dieses nennen die Todtenweiber den Leichen=oder Todtenblick, und behaupten mit abergläubiger Zuverlässigkeit: daß eine Leiche vermöge dieses Blickes den Tod mehrerer Verwandten aus dem Hause befördere. Wie wichtig aber sollte uns ein solcher Umstand bey einer Leiche nicht seyn! Und wie viel Ursach hätten wir nicht, da wir solches wissen, eine Leiche desto sorgfältiger zu beobachten! Die dümmsten vorurtheilsvollsten Menschen, diese Weiber, die weder Sinne für diese Bemerkungen, noch einen Begriff von der Möglichkeit des Wiedererwachens haben, die also selbst, wenn sie feine Lebensspuren bemerken, sie nicht achten, oder schief auslegen, -- diese haben in den allerentscheidendsten Augenbicken unser Leben in ihrer Gewalt, und verkennen es. Man hört es im gemeinen Leben nicht selten, daß die Todten<73, 685>weiber, wenn sie des Nachts bey einem Todten gewacht haben, mit viel bedeutender Miene sagen: Es werde bald aus der Familie noch eine Leiche erfolgen, denn der Verstorbene habe im Sarge ein Auge ausgethan. -- Eine so wichtige Lebensäußerung ist also für diese Menschen nichts als Nahrung des Aberglaubens, und es läßt sich schon hieraus schließen, daß mancher lebendig begraben wird.

Es ist nicht zu läugnen, daß das Eröffnen der Augen zuweilen ganz natürlich erfolge, wenn bey der vollen gährenden Fäulniß sich alle festen Theile von den minder festen trennen; allein dann ist man auch schon von dem wahren Tode gewiß genug versichert. Fehlen aber die übrigen Kennzeichen des Todes, und man richtet sich nur nach dem bloßen äußern Scheine, der bisher noch immer über Leben und Tod der Sterbenden entschieden, so kann ein solcher Vorfall nichts anders als das erste Kennzeichen des wiederkehrenden Lebens -- ein wahrer Lebensblick seyn; und wie oft mag nun wohl schon solcher Lebensblick unter solchen Menschen verkannt, und das arme Leben, welches diesen schwachen Schimmer von sich gab, vollends zernichtet worden seyn!

Aber das Vorurtheil geht noch weiter! Nicht genug, daß diese Menschen nicht sehen wollen, und bey zu sichtbaren Veränderungen an alles in der Welt eher denken, als an die Möglichkeit einer Wiederbelebung. Es scheint sogar aus folgendem Beyspiele zu erhellen, daß es einige für unerlaubt, und für einen strästichen Eingriff in die Ordnung der Dinge halten, wenn es sich ein Todter einfallen ließe, wieder lebendig zu werden. *

*
D. Hufeland, über die Ungewißheit des Todes. Er führt auch hier S. 34, die Sterbegeschichte eines Franzosen aus dem Journal des Scavans an, der im Sarge wieder erwachte, und dem Todtengräber sogleich auftrug, ihn bey dem Herrn Pastor zu entschuldigen, daß er sich die Freyheit genommen, wieder lebendig zu werden.

Für dies, <73, 686> oder für ein Blendwerk des Teufels muß es jene alte Leichenfran wenigstens genommen haben, die, wie es glaubwürdige Zeugen darthun, sich rühmte: es habe einst eine Leiche, bey der sie wachte, des Nachts sich aufgerichtet, aber, sie habe sie mit den Worten wieder nieder gedrückt: „Ey, was willst du unter den Lebendigen? Nieder mit dir! Du gehörst nicht mehr zu uns!” und die Leiche habe sich nicht weiter geregt. -- -- Hat man sich wohl einen solchen Grad von Aberglauben möglich gedacht, und dürfen wir mit gutem Gewissen unsere Leichen wohl in solchen Händen lassen? -- --

Ein solches Verfahren ist dem der grausamsten ehemahligen Völker gleich, welche ihre Aeltern ermordeten, weil sie nicht mehr jugendliche Kräfte hatten. Zu wünschen wäre es daher, wenn auch bey uns keine obrigkeitliche Leichenschau eingeführt werden könnte, daß doch wenigstens die Leichenweiber besonders von den wahren Kennzeichen des Todes unterrichtet, und selbige auf eine jede, sogar auch die kleinste Erscheinung bey einer Leiche aufmerksam, und Aberglaubensfrey gemacht würden, wodurch zuverlässig manches Unglück unterbliebe.

Leichenbrand, sieh Pfeil-IconLeichenverbrennen.

Leichenbrett Klassifizierung: 363.75 Bestattung von TotenDDC-Icon Klassifizierung: 614.6 Bestattung von TotenDDC-Icon , Todtenbrett, ist dasjenige Brett, worauf man einen Todten legt, um ihn zu waschen, zu reinigen, darauf anzuziehen, und ihm die gehörige gerade Lage zu geben, welche er im Sarge haben soll. An allen Orten hat man keine besondere Leichenbretter; man bedient sich statt deren langer Tische, oder, man verrichtet dieses Geschäft auch auf Feldbettstellen, wo man die Bretter herausgenommen hat.

Leichen=Carmen Klassifizierung: 800 Literatur (Belletristik) und RhetorikDDC-Icon , Trauer=Carmen, das Trauergedicht, und wenn es eine Ode ist, die Trauer=Ode, oder Leichen=Ode. Man versteht hierunter ein Gedicht, welches bey Gelegenheit einer Leiche, oder auf das Absterbeneiner Person verfertigt wird. Gewöhnlich besteht ein solches Gedicht aus der Klage um den Hintritt der <73, 687> Person, dann folgen einige und zwar die wichtigsten Lebens=Scenen und ruhmvolle Thaten derselben, und zuletzt schließen sich Wünsche für den Verstorbenen und für die Hinterbliebenen an. Die Absicht eines Leichen=Carmens ist verschieden, und oft sucht der Dichter nur ein Geschenk oder sonstige Wohlthat von den Hinterbliebenen zu erhalten; -- sonst aber hat es den Trost der Leidtragenden, -- vielleicht auch manches Mahl eine desto größere Rührung derselben -- und im Ganzen und am häufigsten die noch lange dauernde Erinnerung an den Verstorbenen, zum Zwecke, so wie dieses auch bey einer Grabschrift Statt findet.

Ein Leichen=Carmen kann aber so wenig Trost als Rührung gewähren, wenn die Sprache, die richtige Erklärung der Sache durch Worte, den Leidenschaften und Gesinnungen nicht angemessen ist. Erhabene Sachen erfordern auch eine erhabene Sprache; zärtliche Gesinnungen müssen in sanften und fließenden Worten vorgetragen werden; die Wehmuth drückt sich rührend aus; und, da überhaupt die Worte mit den Begriffen, die sie vorstellen, in der genauesten Verbindung stehen, so muß auch die größeste Uebereinstimmung zwischen der Sprache und der Sache selbst vorhanden seyn. Hochtrabende prächtige Worte und erkünstelte Ausdrücke rühren nie zum sanften Mitleiden. Unsere Seele ist darin sehr delikat, und verlangt durchaus, daß jedes der Sache angemessen sey. Die Rührung entsteht aus ungekünstelten Begriffen, und hängt an keiner langen Ideenkette, daher wirkt das Gedicht in treffender Sprache mit einfachen Bildern am ehesten. Angenehme, freudige Regungen, die die Seele heben oder schwellen, kann man eher vermittelst starker Beywörter und figürlicher Redensarten hervorbringen, denn figürliche Ausdrücke sind Kennzeichen von der feyerlichen Stimmung des Dichters, also Wirkungen einer begeisterten Einbildungskraft, und solche <73, 688> theilt sich dem Leser oder Zuhörer mit; aber eben diese Leidenschaft kann daher auch nie die Sprache des Leidens und des innigsten Kummers seyn -- wohl aber der Verzweiflung, welche indessen eigentlich nicht den ganzen Inhalt eines Trauergedichts ausmachen darf, wenn auch hin und wieder solche Gesinnungen vorkommen dürften.

Man glaubte ehemahls, ein jedes Carmen müßte in Versen geschrieben seyn, und waren sie reimlos, so bediente man sich am häufigsten der Jamben; jetzt aber hält man dieses nicht mehr für unumgänglich nothwendig, und schreibt daher eben so gut und kraftvoll in edler Prose. Ein Leichen=Carmen, welches alles Erforderliche in sich enthält, wenn man nur einige lateinischdeutsche Constructionen ausnimmt, ist die nachfolgende Uebersetzung der lateinischen Trauer=Cantate, welche am 9ten September 1786 bey dem feyerlichen Leichenbegängnisse Friedrichs des Zweyten Königs von Preußen, zu Potsdam in der Garnisonkirche mit Musik aufgeführt wurde. Es lautet folgendermaßen:

Jene Thränen des Volks -- für welchen Mann, für welchen Held, oder für welchen einer Stadt entrissenen Vater fließen sie? Warum der Nationen Wehklagen, wovon der Tempel Höhe ohne Ende erbebt?

Ach! um den König, den selbst die Sonne nicht größer zu sehen wünscht, bestrahlt sie gleich rings herum den unermeßlichen Erdkreis. Ach! Er ist gestorben, der in Ewigkeit nicht genug beweinte König!

Um Ihn, den siegenden Held, vor dessen drohendem Blick der Feind mit klopfendem Herzen so oft erbebte, und schimpflich genug, seiner Fahnen uneingedenk, die Flucht ergriff.

Um Ihn, der durch selbst erfochtne Siege des Reiches Gränzen ausdehnte, und so vielen aussätzigen Völkern Gesetze gab. Er Allein mehrern gewachen. --

<73, 689>

Ach! der verruchte Tod thront jetzt auf seiner Stirn. --Die Lippen sind verstummt, von welchen sonst Beredsamkeit, wie Honig floß, die krastvoll selbst den größten Starrsinn lenkte.

Sobald Sein Geist, des Schlummers nicht gewohnt, die Fesseln zerbrochen, öffnete sich Ihm die Wohnung, wo Tugend unsterbliche Schatten bringt.

Ja -- schon längst war Dein Ruhm, o Friedrich! bis zur hohen Burg des Himmels gedrungen, ehe Du Dich zu den Verewigten gezählt, bey unsern Gelübden anrufen ließest.

Jenseit des Grabes zeugt noch Deine glänzende Huld, Vater des Landes! von Dir, und der friedlichen Künste Schaar bestürmt mit Thränen Deine Gruft.

Die Musen, die mit goldner Leyer der Helden Schatten dem abgünstigen Orkus entrücken, werden auch Dich besingen, den Meister der Tonkunst und des Gesanges, wodurch Du einst die Herzen zu den Waffen stähltest, wenn Du die blutige Kunst des Krieges, oder den rühmlichen Tod fürs Vaterland sangst.

Sie werden Dich besingen, Dich, der Du mit gleicher Wage die Rechte der Mächtigen und des schüchterne Volks schützend wogst. -- Enthaltsam beym Schatze des Landes, das Deine ausspendetest. --

Denn, wenn verderbliche Witterung dem hoffenden Landmanne die Erndte entzog, hast Du mit reichem Füllhorn stets für die Zukunft gefüllt, Dich seiner erbarmt. --

Lachende Saaten tragen jetzt die nassen Sümpfe, seitdem man die Ströme in zusammengezogene Ufer geengt, in kleinern Wellen sich zu wälzen gelehret hat. -- --

Beschütze daher vom Sitze der Seligen herab Dein erlauchtes Geschlecht! und verlängere den Ruhm und Preußens Zierde noch in die späteste Zukunft!

<73, 690>

Winke Beyfall dem segenswerthen Beginnen, o Theurster! da des glücklichen Reiches hoffnungsvoller Regent im letzten Nachruf Deiner Asche die gebührende Ehre zollt; und so müsse nicht Erz, nicht erzählende Jahrbücher, sondern mehr Deiner Enkel Thaten, Dich und Deiner Thaten Größe den folgenden Jahrhunderten erzählen.

Leichen=Casse, sieh Pfeil-IconSterbe=Casse.

Leichen=Ceremonie Klassifizierung: 393 Sterbe- und BestattungsritenDDC-Icon Klassifizierung: 305.52 OberschichtenDDC-Icon Klassifizierung: 394.4 Offizielle ZeremonienDDC-Icon . Wir verstehen unter dem Worte Ceremonie, welches aus dem Lateinischen in unsere Sprache aufgenommen worden, einen solchen Gebrauch, welcher bey gewissen feyerlichen Gelegenheiten beobachtet wird. Es würden daher Leichen=Ceremonien nicht die gewöhnlichen, sondern gewisse feyerliche Leichenbegängnisse seyn, die sich von den übrigen ihrer Art, entweder durch Pracht, oder besondere nicht bey allen Todesfällen gewöhnliche Anstalten, auszeichnen. Hierher gehören die Beysetzungen vornehmer Personen.

So wurden z. B. im Jahre 1724 bey der Beysetzung König Ludwigs von Spanien besondere Ceremonien beobachtet: An der Kirchenthür des Escurials wurde die Königliche Leiche von dem dasigen Prior nebst den Ordensleuten, angenommen, und erstlich auf eine mit schwarzem Brocad bedeckte Tafel nieder gelassen, bis ihm, dem Prior, ein Befehl Philipps des Fünften, das Begräbniß nach der spanischen Etikette zu besorgen, vorgelesen worden; alsdann wurde der Sarg von den Grandes, Rittern des goldenen Vliesses, Kammerherrn, Hofmeistern und Edelleuten des Königlichen Hauses, in den Chor auf das Gerüst getragen, mit einem prächtigen Leichentuche bedeckt, und einer goldenen Krone geziert. Nach verrichteter Todtenmesse und übrigen Ceremonien aber, nahmen vorbesagte Herren den Sarg wieder vom Gerüste, und setzten ihn auf eine große Tafel an der Thür des Pantheons, woselbst der Sarg vom Grafen von Altamira eröffnet, der Königliche Körper von allen anwesenden hohen Personen recognosciret, sodann dem Prior gegen eine Consignations=Acte, nochmahls überge<73, 691>ben, und endlich von den Gardes de los Monteros in die Gruft gelassen wurde.

Uebrigens findet man in allen diesen vom Leichenwesen handelnden Artikeln ein Mehreres hiervon.

Leichen=Chaise, sieh Art. Pfeil-IconLeichen=Commissarius.

Leichen=Citation Klassifizierung: 793 Spiele und Freizeitaktivitäten für drinnenDDC-Icon Klassifizierung: 398.4 Paranatürliche und legendäre Phänomene als Themen der FolkloreDDC-Icon Klassifizierung: 133 Einzelne Themen der Parapsychologie und des OkkultismusDDC-Icon , Geister=Citation, Todten=Citation, ist das Vorgeben betrügerischer oder abergläubiger Menschen, Verstorbene, und schon längst Begrabene wieder hervorrufen zu können. Betrüger bedienen sich dieser Betrügerey, um dadurch zu verdienen, indem die angeblich citirten Geister, sie um Rath zu fragen, oder um Schätze zu zeigen, hervorgerufen werden. Aberglaubensvolle Menschen aber werden von ihren eigenen falschen Einbildungen hintergangen, und oft so geängstigt, daß ihre Gesundheit dabey leidet; wobey diese nicht wirklich in der Natur existirenden Dinge dennoch für wahr gehalten, und andern Leichtgläubigen als wirklich existirend aufgedrungen werden. Hierüber sehe man die Artikel Pfeil-IconLeichenerscheinung, Pfeil-IconLeichtgläubigkeit.

Es ist eben so unmöglich, Todte aus ihren Gräbern durch allerhand Zirkel und Beschwörungen hervor zu rufen, als daß ein Mensch an zweyen Orten zugleich erscheinen könne. Wer dergleichen glaubt, verläugnet den gesunden Verstand, denn der Zustand der abgeschiedenen Seelen ist selbst nach der Lehre der heiligen Schrift von solcher Beschaffenheit, daß die wirklichen Seelen der Verstorbenen niemahls wieder unter uns hienieden erscheinen können und werden; daher flattern sie nicht auf der Erde herum, noch viel weniger lassen sie sich in einer Gestalt sehen, die demjenigen Körper ähnlich ist, den sie ehemahls bewohnt haben. Eben so wenig kann der Teufel die Rolle der Verstorbenen spielen, oder eine dem Körper eines Menschen ähnliche Gestalt annehmen. Denn die bösen Geister können nicht unmittelbar in die Körper wirken, <73, 692> und stehen außerdem mit unserer Erdkugel in gar keiner Verbindung. Es besitzen aber die sogenannten Geisterbeschwörer geheime mechanische Künste, wodurch sie Unwissende bethören; denn man hat verschiedene Werkzeuge, wodurch man vermittelst der Lichtstrahlen Abbildungen von Dingen, und also auch von scheußlichen Gestalten vorstellen kann, obgleich die Dinge selbst nicht vorhanden sind, wobey derjenige, dem die Verfahrungsart unbekannt ist, ins höchste Erstaunen geräth.

Gewöhnlich führt ein solcher Geisterbeschwörer die Gesellschaft in ein Zimmer, welches mit schwarzem Tuche ausgeschlagen ist. In der Mitte desselben befindet sich ein schwarzer Altar, auf welchem zwey Lichter brennen, auch Todtenköpfe und Menschenknochen befindlich sind, um durch diese Gegenstände gleich anfangs die Zuschauer in Furcht und Schrecken zu setzen. An der Erde um den Altar wird ein Kreis gemacht, und die Anwesenden werden gebeten, so wenig zu sprechen, als über den Kreis zu gehen, weil sonst die bösen Geister ihnen Schaden zufügen könnten. Nun räuchert der Beschwörer mit allerhand Spezereyen und fängt mit kauderwelschen Wörtern die Beschwörung an. Die Lichter erlöschen mit einem Mahl von selbst, (wenigstens scheinbar,) und es entsteht ein dem Donner ähnliches Gepolter. In diesem Augenbicke erscheint der citirte Geist über den Altar in der Luft schwebend, und in beständiger Bewegung. Ohne den Geist zu verletzen, hauet der Beschwörer mit seinem Degen mitten durch ihn, wobey ein heftiges Gewinsel entsteht. Darauf legt der Beschwörer dem Geiste allerley Fragen vor, die von ihm mit rauher und fürchterlicher Stimme beantwortet werden. Hierauf verschwindet der Geist unter einem abermahligen, das Zimmer erschütternden Gepolter, und die Lichter zünden sich wieder an.

<73, 693>

Man weiß den Betrug vermittelst gewisser Spiegel sogar so zu spielen, daß die Gestalten in freyer Luft sich auf die Zuschauer bewegen müssen. Was aber den vorigen Fall betrifft, so ist die Erscheinung des Geistes über dem Altare weiter nichts als die Wirkung einer auf dem Altare verborgenen magischen= oder Zauber=Laterne; -- eben dieselbe, womit die Schattenspiele an der Wand gemacht werden, deren nähere Beschreibung in der Folge unter ihrem besondern Artikel vorkommen wird. Mit dieser kann man nicht allein an einer Wand, sondern auch in dem Rauche selbst, der aus der obern Oeffnung der Laterne in die Höhe steigt, alle mögliche Erscheinungen hervorbringen. Denn in der Laterne befinden sich ein Spiegel, eine Lampe und Glasscheiben, auf welchen diejenigen Gegenstände, welche erscheinen sollen, mit durchsichtigen Farben gemahlt worden sind; und die Wirkung der Laterne besteht darin, daß sie die kleinen Gegenstände vergrößert und in den ihnen gegebenen Farben vorstellt. Das Glas, worauf das Bild gemahlt ist, wird übrigens ganz schwarz belegt, so daß das Gemahlte bloß durchsichtig bleibt, damit man in dem Rauche die alleinige Gestalt, und sonst weiter keinen Schein siehet. Dieser Betrug ist um so künstlicher, weil das Zimmer ganz schwarz ausgeschlagen ist, woher man den gemachten Rauch nicht merken kann, und auch keine Laterne, die ebenfalls verborgen gehalten wird, siehet.

Unwissenden Zuschauern ist eine solche Scene ein unaüflösliches Räthsel, und sie sind oft mehr todt als lebendig vor Angst und Schrecken. Der Beschwörer bedient sich häufig auch starker Elektrisir=Maschinen, um alles mögliche Wunderbare noch hinzu zu fügen. Die helfenden Personen sind versteckt, und die Reden des Geistes werden oft durch einen sogenannten Bauchredner hervorgebracht, an dem man äußerlich nichts bemerkt.

<73, 694>

Es ist mit vieler Wahrscheinlichkeit zu glauben, daß der berühmte Johann Schröpfer, der so großes Aufsehen in der Welt machte, auch auf diese Art seine betrügerischen Gaukelspiele vollbracht habe. Er hinterging nicht nur den Pöbel, sondern sogar auch ansehnliche Gelehrte, die aus Mangel an Kenntnissen in der Naturlehre, von den Kräften der Körper nicht urtheilen konnten. Mit Gewißheit behauptete man damahls: Schröpfer habe die Verstorbenen beschworen, und hervorgefordert; indem er ihnen Gestalten zeigte, und sie für die verstorbenen Personen ausgab, bey welchen sich alles das ereignete, was ich im Vorigen schon gesagt. Seine Schwarzkünsteley aber dauerte nicht lange, denn man kam ihm allmählig zu sehr auf die Spur, die Betrügereyen wurden entdeckt, und er erschoß sich selbst in Verzweiflung am 8ten October 1774, im Rosenthal vor Leipzig.

Ein ähnlicher Geisterseher und Betrüger war der bekannte Schwedenborg in Stockholm, dem es nicht an Einsichten in der Naturlehre und vielen andern Wissenschaften fehlte, daher täuschte er vermittelst vieler Blendwerke, aber oft auch durch bloße Ueberredung, wozu seine erhitzte Einbildungskraft kam, und ihn manches Mahl wohl bewogen haben mag, die vorgegebenen Gaukeleyen selbst zu glauben. Sein großes Ansehen erwarb er sich durch folgenden Vorfall. *

*
Volksnaturlehre etc. von Helmuth, S. 45.

Die damahlige Königinn von Schweden. Louise Ulrike, verlangte von ihm zu wissen, warum ihr damahls verstorbener Bruder, der Prinz von Preußen, auf einen gewissen Brief nicht geantwortet habe? Schwedenborg versprach der Königinn in einer Zeit von 24 Stunden, in welcher er sich mit dem Geiste des verstorbenen Prinzen unterreden wollte, Nachricht zu ertheilen. Nach <73, 695> Verfließung derselben erzählte er der Königinn in einer geheimen Audienz, nicht nur den Inhalt des Briefes, den sie geschrieben hatte, sondern auch die Ursachen, warum sie von dem Prinzen keine Antwort bekommen hätte. Die Königinn, überzeugt, daß von dem Inhalte des Briefes niemand als sie und ihr verstorbener Bruder etwas wissen könne, gerieth darüber in kein geringes Erstaunen, und glaubte nunmehr fest, daß Schwedenborg ein wirklicher Geisterseher sey. --

Allein, der Graf F. hat vor einigen Jahren dies damahls unauflösliche Räthsel entdeckt. Die Grafen T. und H. sind damahls gegenwärtig gewesen, als die Königinn dem Schwedenborg den Auftrag machte. Der Brief war von ihnen untergeschlagen, und jener wurde nun gebraucht, über die damahligen Staatsangelegenheiten der Königinn ihre Meinung zu sagen, die sie sich selbst nicht getraueten, ihr zu sagen. In dieser Absicht machten sie dem Schwedenborg dies Schreiben bekannt. Er mußte vorgeben, der Geist des Prinzen sey ihm erschienen, und ließe ihr sagen, daß er aus der Ursache nicht geantwortet hätte, weil er ihr Betragen nicht hätte billigen können. Er ließe sie zugleich jetzt bitten, sich nicht wieder in Staatsangelegenheiten zu mischen. -- --Was sollte die Königinn, welche so schon einen hohen Begriff von diesem Menschen hatte, nun wohl anders glauben, als daß er wirklich den Geist des Prinzen hervorgerufen, und sich mit ihm unterredet habe? --

Wenn uns bey der Geschichte von der Hexe zu Endor *

*
1 Sam. Cap. 28.

das Weib selbst, der Ort, wo der Geist erschienen, ihre dabey gebrauchten Ceremonien, die Stellung des Königs in ihrem Zimmer, und dergleichen Dinge mehr, ausführlich beschrieben wären, so würde man daraus die Art des Betruges auch leicht angeben können. Da es aber nur ein kurzer Auszug aus der Geschichte ist, so läßt sich nicht bestimmen, durch was für listige Kunstgriffe sie den König getäuscht habe. So viel ist aber gewiß, daß sie schon damahls <73, 696> gewisse Kunstgriffe gewußt, die Zuschauer zu hintergehen; denn Saul sah nichts mit seinen eignen Augen; das Weib machte ihm nur eine Beschreibung von dem, was sie zu sehen vorgab, und führte den Samuel nur redend ein, wodurch die Einbildungskraft des Königs getäuscht wurde. Die wirkliche Seele des Samuel konnte nicht erscheinen, weil diese in dem Augenblicke des Todes an ihren bestimmten Ort gegangen war. Daß aber der Teufel als ein verschmitzter Tausendkünstler in der Geschwindigkeit auf dem Befehle des Weibes ein Luftbild sollte hervorgebracht haben, ist schon darum nicht möglich, weil der Teufel in keine Körper wirken kann. Es ist daher aus dieser Geschichte auch weiter nichts darzuthun, als daß diese Geister= und Todtenbeschwörerinn die Rolle einer Betrügerinn gespielt habe.

Leichen=Commissarius Klassifizierung: 394.4 Offizielle ZeremonienDDC-Icon Klassifizierung: 305.52 OberschichtenDDC-Icon Klassifizierung: 363.75 Bestattung von TotenDDC-Icon , ist in verschiedenen großen Städten diejenige Person, welche es übernommen, bey den weiten Wegen nach den Kirchhöfen, die Leichen mit einem, der jedesmahligen Leiche anständigen Leichenwagen fahren zu lassen. Er ist eine öffentliche Person, weil die Leichenbegängnisse öffentliche Handlungen sind; und man erhält bey demselben außer dem Leichenwagen noch alles übrige für einen gewissen festgesetzten Preis, was zum Begräbnisse gehört. In gewisser Hinsicht ließe sich der Posten eines heutigen Leichen=Commissarius mit den ehemahligen Libitinarien der Römer vergleichen. Diese waren, wie ich schon im Artikel Pfeil-IconLeichenbegängniß angeführt habe, Kaufleute, welche in dem Tempel der Venus Libitina wohnten, die über die Verstorbenen gesetzt war, und woselbst alle Leichen angemeldet werden mußten. Die Libitinarien hatten alles mögliche, was nur zum Leichenwesen gehörte, und verkauften und vermietheten auch theils alle die Sachen, welche zu den Beerdigungen gehörten; ja man erhielt von ihnen so<73, 697>gar auch die Leute, welche mit allem dem, was dazu erforderlich war, sehr gut umzugehen wußten. Eine eben so große Wohlthat ist es auch jetzt in den großen Städten, daß sich jemand dazu gefunden, der alle dergleichen Sachen angeschafft hat, und von welchem man miethsweise das auf einige Stunden erhalten kann, was man sonst zum Theil mit großen Kosten anschaffen müßte. Ich habe vorhin im Artikel Pfeil-IconLeichenbegängniß schon von dem Leichen=Commissarius in Breslau geredet; hier soll das von dem höchstseligen Könige Friedrich dem Zweyten für Berlin einzurichten befohlne Reglement vom 19ten October 1740, als der Leichen=Commissarius Ziemen diesen Posten übernahm, wörtlich hergesetzt werden, woraus man sich in Hinsicht dieses Instituts, völlig unterrichten kann. Es lautet folgendermaßen:

Nachdem Se. Königl. Majestät von Preußen, Unser allergnädigster Herr, aus bewegenden Ursachen, dem Georg Christian Ziemen und seinem Sohne, das Leichenwesen in hiesigen Residenzien, welches vorhin der Hofrath Sohr gehabt, als Leichen=Commissarius, gegen Erlegung eines gewissen Canons von fünf Hundert Thalern, und jederzeit, so lange diese Summe nicht aus erheblichen, dabey waltenden Ursachen verändert wird, gegen eine vierteljährige Pränumeration mit ein Hundert fünf und zwanzig Thalern, und zwar auf ihre Lebenszeit, allergnädigst verliehen und beygelegt; also wollen Höchstgedachte Se. Königl. Majestät, damit dieses ganze Werk ohne die geringste Beschwerde des Publici, und absonderlich der Armuth, geschehen, mithin alles auf einen gewissen und billigen Fuß reguliret und eingerichtet werden möge, es darunter folgendergestalt gehalten wissen.

1. Sollen diejenigen, so zu ihren Hochzeiten und Leichen, Bitter oder Träger, oder auch den Leichenwagen, oder Leichen=Thaise, gebrauchen und verlangen, schuldig und gehalten seyn, sich bey dem Leichen=Commissario Ziemen zu melden, <73, 698> und die Gebühren nach der gesetzlichen Taxe demselben zu bezahlen, damit er die benöthigten Bitter und Träger verschaffen, und denselben, was ihnen gebühret, ohnverzüglich abgeben und entrichten könne; wenn aber eine Leiche über Land gebracht wird, darf solches dem Leichen=Commissario nicht gemeldet werden; und stehet einem jeden frey, hierunter das nöthige selbst zu reguliren.

2. Sollen bey jeder Kirche in allen Residenz= und Vorstädten zween Bitter und zwölf Träger bestellt werden, welche jedes Mahl zu der Hochzeit oder Leiche, so in dem Kirchspiele, wobey sie genommen und zugleich wohnhaft seyn müssen, vorfällt, mit Ausschließung aller andern zu gebrauchen, jedoch bleibt die Determination der Zahl der Träger bey dem Trauerhause, nur daß bey einer erwachsenen starken Leiche nicht unter zehn bis zwölf, bey einer mittlern nicht unter acht, bey einer kleinen aber nicht unter vier bis sechs Träger genommen, die kleinen Kinder aber von vier Jahren und darunter, mögen nach eines jeden Belieben von einer Person unterm Arm, oder in einer Chaise, zu Grabe gebracht werden. Zu den Trägern sollen arme und sich wohl betragende Studiosi, oder in deren Ermangelung fromme und ehrbare Bürger, bestellet und genommen werden.

3. Muß der Leichen=Commissarius ein ordentliches Tagebuch von allen Hochzeiten und Leichen führen, damit er solches zu aller Zeit auf Erfordern des Magistrats vorzeigen könne, und soll ihm zu dem Ende von dem Cämmerey=Schreiber wöchentlich eine Liste der Verstorbenen gegeben werden; wegen der Proclamirten aber hat er bey jeder Kirche die gehörigen Nachrichten von den Küstern einziehen zu lassen, welche sich nicht entbrechen können, ihm solche jedes Mahl aufrichtig und ohnweigerlich zu ertheilen.

4. Müssen sowohl die Hochzeit= als Leichenbitter dem Leichen=Commissario von jedem Thaler ihres Verdienstes den 4ten Theil, desgleichen die Träger von jedem Thaler den 8ten Theil, zufließen lassen, <73, 699> und ist der Leichen=Commissarius wohl befugt, seine ratam von den, von der Hochzeit= und Trauer=Häusern ihm gezahlten Gebühren zu nehmen, und den Bittern und Trägern zu decourtiren.

5. Wann nun ein Hochzeit= oder Trauerhaus sich bey dem Leichen=Commissario selbst, oder durch den, in demselbigen Kirchspiele nächst wohnenden Bitter gemeldet, und überall das Nöthige verabredet, muß derselbe keine andere Bitter oder Träger nehmen, als die zu dem Kirchspiele, darin die Hochzeit oder Leiche ist, geordnet und angenommen sind, es wäre dann, daß mehr Hochzeiten oder Leichen an einem Tage vorfielen, alsdann, und auf diesem Falle ihm frey stehet, die bey der nächsten Kirche bestellte Bitter und Träger, eins ums andere, ohne Gunst und Nebenabsichten zur Beyhülfe zu nehmen, damit niemand aufgehalten, und alle Unordnung vermieden werden möge.

6. Weil bey einer jeden Kirche zwey Bitter und zwölf Träger angenommen werden, so muß außer diesen bestellten Leuten niemand, er sey wer er wolle, sich gelüsten lassen zu bitten oder zu tragen, noch auch in die Häuser zu laufen, und sich dazu zu recommendiren; würde aber dennoch jemand sich dessen unterfangen, derselbe hat zu gewärtigen, daß er nicht allein seines ganzen Verdienstes verlustig erkläret, sondern er auch überdem mit einer willkürlichen Strafe angesehen werde.

7. Die Armen, sowohl von den Eximirten als Bürgern, sollen von Erlegung der Gebühren frey seyn, und entweder von den angenommenen Trägern, oder durch die Leichen=Chaise, wenn sie glaubwürdige Attestate von der Obrigkeit oder den Predigern produciren können, umsonst zu Grabe bestellet werden.

8. Den Leichenwagen, und was dazu gehöret, an Geschirren und Decken, soll der Leichen=Commissarius im guten und tüchtigen Stand erhalten: Wann nun solcher mit zwey Pferden bespannet verlangt wird, ist er 4 Rthlr., mit vier Pferden aber 8 Rthl., mit sechs Pferden 12 Rthlr. zu nehmen wohl befugt; jedoch soll er über dieses Quantum <73, 700> weder für den Schirrmeister, Knechte, Mäntel, Flöre und Pferdedecken, Trinkgeld, oder wie es sonst Nahmen haben mag, nichts apartes fordern, noch annehmen; die Bestellung der Marschälle aber wird demjenigen, der die Leiche hat und beerdigen läßt, frey gegeben, und ist ein jeder dem Leichen=Commissario von seinem Verdienst den vierten Theil, gleich den Bittern, zu entrichten gehalten.

9. Weil auch einige Innungen, Zünfte und Gewerke von Alters her ihre Leichen durch die Jungmeister ohne Entgeld beerdigen lassen: so kann ihnen auch nicht zugemuthet werden, dem Leichen=Commissario davon etwas zu geben, sondern sie werden bey ihrer hergebrachten Freyheit billig gelassen, und muß ihnen der Leichen=Commissarius dieserwegen die gewöhnlichen Freyzettel sofort umsonst geben; nur, daß sie keine andere als Gewerksleichen, nähmlich der Meister, derselben Frauen oder Wittwen und Kinder darunter nehmen, auch keine andere Träger, als Zunft= und Gildemeister genommen werden; wollen dieselben aber eines ordentlichen bestellten Leichenbitters und Träger sich bedienen, stehet ihnen solches zwar frey, jedoch müssen sie sich auf dem Fall der in diesem Reglement und Privilegio gemachten Verfassung unterwerfen.

10. Soll keinem Trauerhause erlaubt seyn, seine Leiche in eine fremde Chaise, oder andern Wagen setzen und nach der Grabstelle fahren zu lassen, wie denn auch allen und jeden Fuhrleuten, Leichen nach der Grabstätte zu fahren, hiermit ernstlich und bey 2 Rthlr. Strafe, und Ersetzung des Schadens dem Leichen=Commissario, untersagt wird, jedoch sind hierunter die Kinder von 4 Jahren und darunter, nicht mit begriffen, als welche nach dem §. 2. zu Grabe gebracht werden mögen, wie denn auch einem jeden, so eigne Pferde und Wagen hat, durch dieselben seine Kinder zu Grabe fahren lassen kann. Im übrigen ist in der hinten angeführten Taxe befindlich, was für die Leichen=Chaise dem Leichen=Commissario sowohl an Fuhrlohn <73, 701> als Leichengebühr überhaupt zu bezahlen, wobey zu gedenken, daß kein Trauerhaus die Bitter und Leichenträger zu nehmen schuldig, wenn es aber dergleichen verlangt, müssen davon die gesetzten Gebühren nach Anzahl der Personen bezahlt werden. Die Leichen=Chaise muß mit schwarzem Tuche, zum Unterschiede der andern, allemahl überzogen seyn.

11. Wann bey einem Leichenbegängnisse ein Hausflur oder Zimmer, ingleichem die Stellage, worauf der Sarg ruhet, mit schwarzem Tuche drapiret und belegt wird, auch sonst einige Meubles, als Gueridons, Wand= und andere Leuchter, ingleichem Marschall=Stäbe, verlangt werden; so werden die in der hiebey befindlichen Taxe angesetzte Gebühren dafür bezahlt, womit der Leichen=Commissarius sich auch begnügen muß, und ist demselben nicht erlaubt, ein mehreres, als in der Taxe befindlich, dafür zu nehmen.

12. Wann Marschall=Stäbe bey einer Procession genommen werden, wird einem jeden eine doppelte Portion von einem Träger gegeben: Auf gleiche Weise geschiehet auch die Bezahlung, wenn zuweilen ein Par Studiosi bey der Leiche im Trauerzimmer mit langen Flören zu paradiren, und zu den Füßen des Sarges zu stehen, verlangt werden.

13. Bey Leichenbegängnissen, so bey Tage vorfallen, wo das Trauerhaus und Zimmer schwarz drapiret, und mit Blakern ausgezieret, auch mit weißen Wachslichtern, ohne selbige anzuzünden, besetzt werden, wird den Küstern, welche die Wachslichter dazu geliehen, für das Pfund 1 Gr. 6 Pf. gezahlt, und werden die Lichter nach der Beerdigung wieder zurück geliefert.

14. Weil eine jede Kirche ihre Bitter und Träger hat, so wird sich die Ober= Pfarr= und Dom=Kirche sowohl, als die Parochial=Kirche, gleichfalls darnach zu achten, und jede Kirche ihre Bitter, bey den Leichen, so als Glieder von ihren respectiven Gemeinen verstorben, und begraben werden sollen, mit der erforderten Zahl von Trägern zu besorgen, und dem Magistrate anzuzeigen haben. <73, 702> Und, damit bey diesen beyden Kirchen eine Ordnung hierunter seyn möge; so sollen jedes Mahl bey denen, so als Glieder der Dom=Kirche versterben, wann sie in der Parochial=Kirche, oder auf dessen Kirchhofe begraben werden, jedes Mahl der Bitter und die Hälfte der Träger von der Dom=Kirche, die andere Hälfte aber von der Parochial=Kirche genommen werden; wenn aber Glieder der Dom=Kirche auf derselben Kirchhöfen zu begraben sind, so bestellet selbige Kirche die Träger allein, gleichwie solches der Parochial=Kirche ebenmäßig zustehet.

15. Die Bitter und Träger bey den übrigen deutschen Stadtkirchen, müssen von dem Magistrate bestellet und angenommen werden, jedoch stehet dem Leichen=Commissario wohl frey, welche dazu zu präsentiren, und müssen diese bey Verrichtung ihrer Dienste sich treu und ordentlich aufführen, auch ohne Vorwissen und Ordre des Leichen=Commissarii, schlechterdings weder bitten noch tragen.

16. Und da auch angemerkt worden, daß bey den Leichen von den Trägern große Unordnung daher entstanden, weil ihnen von den Trauerhäusern zuweilen Wein oder Bier gereicht worden, dabey sich mancher öfters dergestalt übernommen, daß er zum Tragen ganz ungeschickt gewesen, und große Aergerniß gegeben; so soll hinführo solches Wein oder Bier geben, bey den Trägern gänzlich abgeschafft seyn, und haben sie sich mit den in der hiebey gefügten Taxe ihnen geordneten Gebühren schlechterdings bey Vermeidung der Cassation, oder andern empfindlichen Strafe zu vergnügen.

17. Schließlich müssen alle und jede Einwohner dieser Residenzien, welche vorhin dieses Leichenwagens sich zu bedienen gehalten gewesen, nach diesem Privilegio und Reglement, in allen Puncten sich achten, wie denn darwieder keine contraventiones verstattet, sondern auf deren Anzeige dem Leichen=Commissario schuldige Justiz administriret, und zu dem, was ihm verschrieben, ohne die geringste Weitläuftigkeit oder Formalitäten verholfen, die <73, 703> Contravenienten auch nachdrücklich bestraft werden sollen. Dahingegen muß der Leichen=Commissarius George Christian Ziemen und sein Sohn, den versprochenen jährlichen Canonem von fünf Hundert Thalern, so lange derselbe nicht aus erheblichen Ursachen verändert wird, quartaliter mit ein Hundert fünf und zwanzig Thalern an den Magistrat der hiesigen Residenzien, richtig abführen, und allemahl ein Quartal pränumeriren, auch so lange er und sein Sohn lebet, solchergestalt die nacheinander folgende Jahre continuiren, und unter keinerley Vorwand einige Remission suchen, noch verlangen: Im übrigen ist er nicht befugt, von den Hochzeiten und Leichen ein mehreres an Gebühren, als in diesem Reglement, und der hinten stehenden Taxe enthalten und geordnet, es geschehe unter was Prätext es wolle, weder selbst, noch durch andere zu fordern noch zu nehmen. Er hat aber mit allem Fleiß dahin zu sehen, und bemüht zu seyn, daß sowohl Bitter als Träger das ihrige ordentlich und zu rechter Zeit ausrichten, und also ein jeder vor sein Geld wohl accommodiret werde. Damit auch ein jeder wisse, was er an dergleichen Gebühren zu bezahlen, oder auch zu fordern habe, so wird dieses Reglement durch öffentlichen Druck publiciret und bekannt gemacht.

Urkundlich unter Sr. Königlichen Majestät höchsteigenhändigen Unterschrift und beygedrucktem Insiegel. So geschehen und gegeben zu Berlin, den 19ten October 1740.

Friedrich.    

    (L.S.)

<73, 704>

Taxe

sowohl für die Hochzeit= und Leichenbitter, als auch Träger in Berlin, und was dazu gehöret.

Um eine richtige Taxe zu haben, werden die hiesigen Einwohner in vier Classen eingetheilt:

Zur ersten gehören die Königl. hohen Ministri, Geheime=wie auch Krieges= Domainen= Hof= und Cammer=Gerichts=Räthe, und die mit ihnen gleichen Rang haben.

Zur zweyten Classe werden gerechnet die andern Königl. Räthe, die von Adel, so ohne Bedienung leben, Secretarii, Commissarii, Canzellisten, und die mit denselben in gleichem Range stehen.

Zur dritten Classe die übrigen Königl. Bedienten, und die vornehmsten und bemitteltsten von der Bürgerschaft, als Künstler, Kauf= und Handelsleute, Apotheker, Materialisten, Barbirer, und dergleichen.

Zur vierten Classe kommen die ganz geringen Königl. Bedienten und übrige Bürgerschaft oder Einwohner.

Von der 1sten Classe wird außer dem Leichenwagen, wie oben §. 8. gemeldet, einem Bitter überhaupt für seine Bemühung gegeben 2 Rthlr.
Einem Leichenträger 16 Gr.
Bey der 2ten Classe einem Bitter 1 Rthlr. 16 Gr.
Einem Leichenträger 12 Gr.
Bey der 3ten Classe einem Bitter 1 Rthlr. 8 Gr.
Einem Leichenträger 8 Gr.
Bey der 4ten Classe einem Bitter 16 Gr.
Einem Leichenträger 4 Gr.
Für eine Leichen=Chaise, so schwarz überzogen seyn muß, und welche der Leichen=Commissarius allein zu halten befugt, und wobey keine Bitter und Leichenträger, wider des Trauerhauses Willen zu nehmen oder zu bestellen nöthig, wird dem Leichen=Commissario nach Condition und Zustand der Verstorbenen an Fuhrlohn bezahlt 8 bis 12 Gr.
<73, 705>
An Leichengebühren, weil die Träger regulariter cessiren 4 bis 6 Gr.
Für jede Chaise, wenn dergleichen sollten zur Folge genommen werden 2 Gr.
Jedoch, daß außer diesem weder für Flor, Handschuh, Mäntel, noch sonst etwas weiter gefordert und genommen werde.
Bey Drapirung und Meublirung der Trauerzimmer wird gezahlt:
Vor einen ganzen Flur auch Thorweg 3 bis 4 Rthlr.
Vor einen ordinären Mittelflur 2 bis 3 Rthlr.
Vor einen ganz kleinen Flur, so schmal und nicht tief ist 1 Rthlr. 8 Gr. bis 1 Rthlr. 16 Gr.
Vor ein großes Zimmer und Gemach, nebst Stuhlkappen und Tischdecken 3 bis 4 Rthlr.
Vor eine kleine Stube, nebst Stuhlkappen 2 Rthlr. bis 2 Rthlr. 12 Gr.
Vor eine gar kleine Kammer 1 Rthlr. bis 1 Rthlr. 12 Gr.
Für obige Bezahlung bleibt der Beschlag bey der Beerdigung, wenn es verlangt wird, zwey bis drey Tage stehen.
Vor Anfertigung der Stellage und Unterspinde, worauf die Leiche ruhet, auch so weit, als der Sarg stehet, oder vielmehr unter der Stellage den Boden schwarz zu belegen 12 Gr. 16 Gr. bis 1 Rthlr.
Vor die Blaker oder Wandleuchter, wenn sie verlangt werden, und zwar auf Silberart, pro Stück 2 Gr.
Vor die schlechten von Blech, pro Stück 1 Gr.
Vor die Gueridons, so die Küster liefern, pro Stück ohne Leuchter 1 Gr.
Wann aber zinnerne Leuchter darauf gefordert werden 2 Gr.
Wann Marschall=Stäbe begehret werden, wird pro Stück gezahlt 8 Gr.
Vor die Fackelträger, welche alle in schwarzer Kleidung erscheinen müssen, wird einem jeden, wenn sie genommen werden, gezahlt 3 Gr.
In vornehmen Häusern aber 4 Gr.

<73, 706>

Uebrigens ist ein Mehreres hiervon nachzulesen in Nicolai Beschreibung von Berlin, Th. 1, S. 407, fgg.

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