Hof=Mann Klassifizierung: 331 Arbeitsökonomie Klassifizierung: 306.3 Institutionen der Wirtschaft
, im Plural. die Hofmänner. 1. In Westphalen, ein hofhöriger Mann; siehe
Hof=hörig; wo es im Plural, wenn nicht genau das männliche Geschlecht ausgedruckt werden soll, auch Hofleute hat. Fämin. die Hoffrau, das Hofweib.
2. In einigen Gegenden führt der Schaffner auf einem Landgute, der Hofmeister, auch den Nahmen des Hofmannes.
Klassifizierung: 647 Großhaushaltsführung 3. Eine Person männliches Geschlechtes, welche an einem fürstlichen Hofe lebt, ein Hofbedienter, be<24, 168>sonders höherer Art, wo es im Plural auch zuweilen Hofleute hat. Imgleichen figürlich, ein Mann, der feine Hofsitten an sich hat, ein feiner Weltmann. Im weiblichen Geschlechte sagt man in dieser Bedeutung wohl Hof=Dame, aber nicht Hof=Frau. Daher hofmännisch, welches nur noch zuweilen im g. L. vorkommt, nach Art der Hofleute, in der dritten Bedeutung des Wortes Hofmann. Auf hofmännische Art.
Hof=Mark Klassifizierung: 346.043 Unbewegliche Sachen Klassifizierung: 347 Zivilprozessrecht und Zivilgerichte
, in einigen Gegenden, z. B. in Bayern, die Mark, d. i. der Bezirk, welcher zu einem adeligen Hofe gehört, besonders in Ansehung der dem adeligen Hofe darüber zustehenden niedern Gerichtbarkeit, und diese niedere Gerichtbarkeit selbst; im mittlern Lat. Hofmarchia. Daher der Hofmarksherr, der Besitzer eines mit der niedern Gerichtbarkeit versehenen Hofes, ein Erbsaß.
Hof=Marschall, s. in M.
Hof=Medicus Klassifizierung: 610 Medizin und Gesundheit Klassifizierung: 647 Großhaushaltsführung
, ein Medicus, oder Arzt, welcher für den Hof, und in engerer Bedeutung, für die Hofleute bestimmt ist, in welchem letztern Falle er dem Leib=Medico, welcher die Herrschaft selbst besorget, entgegen steht; der Hofarzt, ehedem der Burgarzt.
Hof=Meier Klassifizierung: 352.5 Vermögensverwaltung und verwandte Themen , der Meier, d. i. Vorgesetzte eines Land=Gutes; siehe
Hof=Meister 1. und
Meier.
Hof=Meister Klassifizierung: 352.5 Vermögensverwaltung und verwandte Themen Klassifizierung: 647 Großhaushaltsführung
, der Meister, d. i. erste und vornehmste Vorgesetzte eines Hofes, wo es nach Maßgebung dieses Wortes in verschiedenen Bedeutungen üblich ist.
1. So fern Hof ein Landgut, es sey ein Bauer=Gut oder freyes und adeliges Gut, bedeutet, ist in einigen Gegenden, z. B. in Obersachsen, der Hofmeister, derjenige, welcher gegen einen jährlichen Lohn die Wirthschaft eines solchen Gutes im Nahmen des Besitzers führt und berechnet, der Vorgesetzte des Gesindes. An andern Orten wird er Meier, Hofmeier, Feldvogt, Vogt, Schaffner, Schirrmeister, Statt<24, 169>halter u. s. f. L. Villicus, Fr. Fermier, genannt. Die Hofmeisterinn, dessen Frau, oder auch eine besondere Vorgesetzte der Mägde eines Gutes, da sie denn auch Meierinn, Hofmeierinn, Käsemutter, Vieh=Muhme u. s. f. heißt. Daher die Hofmeisterey, dessen Wohnung. Auch in größern Wirthschaften gibt es Hofmeister höherer Art. Von der Art ist der Hofmeister des Erzstiftes zu Wien, welcher nebst dem Grundbuchshändler vermuthlich die Landgüter des Stiftes zu verwalten hat.
Von den Eigenschaften und Pflichten eines Hof=Meisters und einer Hofmeisterinn, in dieser ersten Bedeutung des Wortes, und von deren Wohnung, oder der Hofmeisterey, werde im Art. Meier handeln.
Klassifizierung: 347 Zivilprozessrecht und Zivilgerichte 2. Von Hof, ein Gerichtshof, besonders ein Hofgericht, führt der Hofrichter an einigen Orten, z. B. in dem Hofgerichte in Preussen, den Nahmen eines Hofmeisters.
Klassifizierung: 395 Etikette (Manieren) Klassifizierung: 647 Großhaushaltsführung
3. So fern Hof, die Haushaltung eines großen Herren, mit Einschluß der Hofleute und Hofbedienten, bedeutet, ist der Hofmeister, und an großen Höfen der Ober= oder Oberst=Hofmeister, einer der ersten Hofbedienten, welcher am häufigsten die Aufsicht über den weiblichen Hofstaat hat. Potiphar war der Hof=Meister des Königes Pharao, 1 Mos. 37, 36. Ahisar des Salomo, 1 Kön. 4, 6. Die Hofmeisterinn, oder Ober=Hofmeisterinn, dessen Gattinn; zuweilen auch die oberste Vorgesetzte eines weiblichen Hofes, oder der weiblichen Hofbedienten. An kleinern Höfen führt der Hofmeister den Nahmen eines Hausmeisters oder Haushofmeisters, Fr. Maitre d' hotel; an größern aber hat man auch Großhofmeister, Landhof=Meister, Erbhofmeister u. s. f. Ehedem wurden sie auch Hausmeier, Hofmeier, und bey den fränkischen Königen Maiores Domus, Provisores Aulae, Magistri Palatii u. f. f. genannt.
4. Ein Vorgesetzter, welcher die Aufsicht über das sittliche Betragen anderer hat. Wer Gewalt übet im Gericht, der ist eben als ein Hofmeister, der eine Jungfrau schändet, die er bewahren soll, Sir. 20, 4.
Klassifizierung: 174.9 Andere Berufe und Erwerbstätigkeiten Klassifizierung: 647 Großhaushaltsführung
Klassifizierung: 370 Bildung und Erziehung
5. Der Vorgesetzte der Kinder eines Hauses, welchem sowohl der Unterricht derselben, als auch die Bildung ihrer Sitten oblieget, führt im g. L. häufig den Nahmen eines Hofmeisters, in der anständigern Sprechart, ein Hauslehrer, Fr. Gouverneur.
Es kann seyn, daß Hofmeister in dieser Bedeutung von der vorigen entlehnt ist, so daß man von derselben nur den Begriff eines Vorgesetzten behalten hat. Allein, ich halte es für wahrscheinlicher, daß Hof in dieser Bedeutung zu dem im Deutschen veralteten, noch im Schwed. üblichen Hof, gute Art, Anstand, gute Sitten, gehört, weil doch die vornehmste Beschäfftigung eines solchen Hofmeisters in der Bildung der Sitten und des Betragens besteht, oder doch bestehen sollte, derselbe auch in vielen Fällen noch, wie weiter unten zeigen werde, von einem Informator oder Hauslehrer im engsten Verstande unterschieden ist.
Ueberdieß wird dieses Wort auch zuweilen im figürlichen Verstande von einem jeden Sittenrichter gebraucht; daher hofmeistern, tadeln, besonders im Tone eines Vorgesetzten tadeln. Jemanden hofmeistern. Jemandes Betragen hofmeistern.
So sehr die Aeltern vermöge der natürlichen Pflichten verbunden sind, für die Erziehung der Kinder, zu deren Daseyn sie Gelegenheit gegeben haben, zu sorgen: so selten sind sie im Stande, solche Erziehung selbst zu übernehmen. Diejenigen, welche dazu die gehörige Geschicklichkeit haben, stehen gemeiniglich in Bedienungen, und ihre übrige Geschäffte verstatten ihnen die dazu erforderliche Zeit nicht; andern hingegen, welche wohl Muße hätten, fehlt es an Geschicklichkeit, oder gar an Lust. Daher ist es ein allgemeiner Gebrauch, daß man die Erziehung der Kinder fremden <24, 171> Personen, welche unter dem Nahmen der Hofmeister verstanden werden, überlässet.
Mit der Benennung Hofmeister pflegt man zwar zuweilen auch die Hauslehrer oder Informatoren zu belegen; es ist aber unter einem Informator und Hofmeister ein wirklicher und wesentlicher Unterschied. Ein Informator oder Hauslehrer beschäfftiget sich mit dem Unterrichte der Kinder, und mit der Aufsicht über dieselben. Er nimmt sich zwar auch ihrer Erziehung an; diese aber wird hauptsächlich von den Aeltern, Anverwandten und Vormündern besorget. Ein Hofmeister geht mit dem ihm untergebenen Jünglinge oder jungen Herrn auf Ritter=Akademien, hohe Schulen, und Reisen in auswärtige Länder. Er ist zwar nicht ganz, oder doch nicht allemahl von der Unterweisung seines Untergebenen frey; seine Hauptgeschäffte aber sind, der Aufseher, Anführer, Rathgeber, Freund, Gesellschafter, Weisheitslehrer, Helfer und Haushalter des Untergebenen zu seyn.
Ein Candidat kann von der Lehr= und Hofmeisterschaft wichtige Vortheile haben, auch durch dieselbe schaffen. Es ist nicht nur nicht gewöhnlich, sondern auch schädlich, von der Universität sogleich in ein Amt zu kommen. Die Zeit, welche ordentlicher Weise zwischen beyden verfließt, und gemeiniglich aus einigen Jahren besteht, müßig zuzubringen, ist unverantwortlich; und sie bloß zur Wiederhohlung und Erweiterung dessen, was man auf der Universität gelernt hat, anzuwenden, ist selten der Neigung und dem Triebe der Candidaten gemäß, auch zuweilen wegen Mangel der Nahrungsmittel nicht möglich. Es ist also kein nothwendiges Uebel, sondern eine vortheilhafte und heilsame Sache, daß man sogleich nach vollendeten akademischen Jahren den Anfang mache, Kinder und Jünglinge wieder zu unterrichten und zu bilden. Solche Unterweisung und Anführung, und der gesammte <24, 172> Zustand, in welchen man aus Gelegenheit derselben versetzt wird, veranlasset und befördert die genauere und gründlichere Kenntniß seiner selbst, verbessert und erweitert die eigene Wissenschaft, verschaffet Lehrgaben, Geduld, Erfahrung, größere Weltkenntniß und Klugheit, erfordert und veranlasset die Herrschaft über seine Leidenschaften, gewöhnet an Unterwürfigkeit, Geschäfftigkeit, gute Ordnung und genaue Richtigkeit in seinen Handlungen, macht also zur eigenen Haushaltung, zum gesellschaftlichen Leben und zu wichtigern Amtsgeschäfften geschickt, und bringt auch eine Bekanntschaft mit mancherley Personen zuwege, deren sich die göttliche Vorsehung zur fernern Beförderung der äußern Wohlfahrt zu bedienen pflegt.
Geschickte, rechtschaffene und treue Hofmeister leisten auch, als solche, dem Staate viel größern Nutzen, als gemeiniglich erkannt und bedacht wird. Sie erziehen demselben nicht nur gute Bürger, sondern auch gute Lehrer, Beamte, Minister und Regenten; und unzählige gute und wichtige Folgen sind ursprünglich als Früchte ihrer Lehren und Bemühungen anzusehen.
Alle diese Vortheile und Verdienste aber werden nur demjenigen Candidaten zu Theil, der seine Schul= und Universitäts=Jahre auf das beste angewandt, und seine Hauptwissenschaft im Grundriß wohl erlernt hat, auch während seiner Lehr= und Hofmeisterschaft, alle Zeit, welche er erübrigen kann, auf die Fortsetzung seiner Hauptwissenschaft verwendet. Erfordert selbst seine Lehr= und Hofmeisterschaft einige Ausübung derselben, so ist es desto vortheilhafter, denn er muß seine Hauptwissenschaft als Informator und Hofmeister nicht liegen, ja die Kenttniß derselben nicht ohne Verbesserung lassen. Es ist also nicht nur rathsam, daß man sich zu der Lehr= und Hofmeisterschaft entschließe, sondern auch der Mühe werth, daß man sich nach den dazu nöthigen Gaben und Geschicklichkeiten bemühe.
<24, 173>Es wird hoffentlich dem Endzwecke gegenwärtigen Werkes nicht zuwider seyn, eine Anweisung zu ertheilen, was sowohl die Aeltern bey der Wahl eines Informators und Hofmeisters, und bey Uebergebung der Kinder unter dessen Aufsicht zu beobachten haben, als auch, was ein solcher in Acht zu nehmen hat, um das in ihn gesetzte Zutrauen zu erfüllen.
Ein Informator und Hofmeister wird angenommen, daß er Kinder erziehen soll. Die Erziehung aber hat eine doppelte Beschäfftigung: 1) daß den Kindern nützliche Kenntnisse und Wissenschaften beygebracht werden; 2) daß ihnen Anweisung zur guten Lebensart gegeben wird. Wer also einen Informator oder Hofmeister annehmen will, muß sich bemühen, eine solche Person zu finden, welche beydes zugleich zu erfüllen fähig ist.
So wenig aber diejenigen, welche Informatoren und Hofmeister für ihre Kinder suchen, gar zu viele Gaben und Geschicklichkeiten, oder wohl gar vollkommene Leute verlangen und erwarten müssen, eben so wenig müssen die Candidaten sich einbilden, dergleichen zu haben und zu seyn, damit sie nicht beschämet oder gar verlachet und verworfen werden. Sie müssen sich aber auch durch das ansehnliche Verzeichniß der Gaben und Geschicklichkeiten, welche man gemeiniglich an ihnen sucht, nicht niederschlagen und abschrecken lassen, sondern sich muthig entschließen, daß sie durch unermüdeten Fleiß vieles davon zu erwerben, sich ernstlich bemühen wollen. Gewisse Gaben und Geschicklichkeiten müssen alle und jede Informatoren und Hof=Meister haben; einige werden nicht allezeit, sondern nur zuweilen verlanget; und einige erhöhen den Werth eines Informators und Hofmeisters, und machen ihn noch beliebter, wenn er sie hat und nützlich gebraucht, ob man sie gleich nicht als nothwendige Eigenschaften an ihm gesucht hat. Der unersetzliche Mangel gewisser <24, 174> natürlicher Hauptgaben und Fähigkeiten, welche ein brauchbarer Hofmeister und Informator nothwendig haben muß, macht zu diesem Geschäffte untüchtig; und wer einen solchen Mangel hat, muß sich diesem Amte nicht widmen. Geschicklichkeiten, welche durch Fleiß und Uebung erlangt werden, können sich alle sähige Personen, wenn sie Zeit und Gelegenheit dazu haben und suchen, und geflissentlich darnach trachten, in verschiedenem Maße erwerben.
Was die natürlichen Kräfte der Seele, welche ein brauchbarer Informator und Hofmeister haben muß, betrifft: so ist zuvörderst das Vermögen richtig zu denken und zu schließen, allen Informatoren und Hofmeistern unentbehrlich. Der Mangel desselben verursacht nicht nur mannigfaltige und schädliche Fehler in der Unterweisung und Zucht, sondern macht auch den Informator und Hofmeister bey den Aeltern seiner Untergebenen, bey diesen Untergebenen selbst, zumahl wenn sie einen lebhaften Verstand haben, bey den Hausgenossen und bey andern Leuten verächtlich. Er weiß sich auch in zweifelhaften, sonderbaren und bedenklichen Fällen nicht zu helfen, kann keine Vortheile in der Unterweisung und Zucht erfinden, die Fähigkeiten und Hauptneigungen seiner Untergebenen nicht erforschen, seine eigene Fehler und Mängel in gewissen Fällen, da es erlaubt und nöthig ist, nicht verbergen, anderer schädlichen Folgen nicht zu gedenken. Ohne Witz, Scharfsinnigkeit und Geschmack, wird nicht leicht ein Informator, und noch viel weniger ein Hofmeister wohl fortkommen; hingegen wird er desto brauchbarer und beliebter seyn, je höher er diese Kräfte und Fertigkeiten treiben, und je besser er sie anwenden wird. Da aber mancher Candidat sich selbst nicht kennet, so thut er wohl, wenn er sich von andern beurtheilen und sagen lässet: ob er <24, 175> selbst in Ansehung seiner Seelenkräfte geschickt sey, einen Informator und Hofmeister abzugeben?
Klassifizierung: 179.9 Tugenden Tugenden eines Informators und Hofmeisters. Ein Informator und Hofmeister muß nothwendig tugendhaft seyn. Nach dieser Haupt=Eigenschaft wird zuerst gefragt. Wer sie nicht hat, wird nicht angenommen; und wer sich zwar tugendhaft stellet, aber mit der Zeit nicht also befunden wird, wird abgeschaffet. Man hat zu einem lasterhaften Studenten das Vertrauen nicht, daß er ein tugendhafter Informator und Hofmeister seyn werde, wenn er solches gleich verspricht. Kein kluger Mensch bringt ihn in Vorschlag. Die Tugenden, welche er besitzen muß, sind: Aufrichtigkeit; Demuth und Bescheidenheit; Ehrbarkeit und Wohlanständigkeit; Friedfertigkeit und Verträglichkeit; Sanftmuth, Geduld und Großmuth; Unterwürfigkeit und Gehorsam; Mäßigkeit; Keuschheit; Enthaltung vom Spiel; Sparsamkeit; Arbeitsamkeit und Fleiß; Unerschrockenheit, getroster Muth und Herzhaftigkeit; Zufriedenheit; gottselige und christliche Gesinnung; Gewissenhaftigkeit und Treue; Weisheit und Klugheit.
Die Aufrichtigkeit, (Redlichkeit, Ehrlichkeit,) ist eine der nöthigsten, schätzbarsten, angenehmsten und vortheilhaftesten Tugenden eines Informators und Hofmeisters, durch welche er sich Zutrauen, Liebe, Freundschaft, Nachsicht bey seinen Fehlern und Versehen, und zur Zeit der Bedürfnisse und Krankheit, besondere Hülfe und Pflege erwirbt.
Ohne Demuth und Bescheidenheit ist der geschickteste Informator und Hofmeister unerträglich und unbeliebt; wer aber diese Tugenden besitzt, und folglich auch ehrerbiethig und höflich ist, ziert und erhebt dadurch seine übrige gute Eigenschaften ungemein. Er muß sich aber auch durch nichts zu knechtischer Demuth und Niederträchtigkeit bewegen und verleiten lassen, sondern sich klüglich so betragen, daß man seine Vorrechte nicht verkennen, und ihm die Achtung, welche er verdient, nicht versagen kann.
<24, 176>Ein Informator und Hofmeister muß alles vermeiden, was andere Leute, insonderheit im gesellschaftlichen Leben, berechtigen kann, nachtheilig von ihm zu untheilen; er muß ehrbar seyn. Er muß sich auch in allen gleichgültigen Dingen, d. h. in solchen, die weder durch göttliche noch obrigkeitliche Gesetze bestimmt, und also nicht pflichtmäßig sind, nach anderer Leute Urtheil und Gewohnheit richten; er muß den Wohlstand in Acht nehmen. Hiervon ist der Candidat der Theologie eben so wenig, als ein anderer, und der wahre Christ eben so wenig, als der bloß natürliche Mensch, ausgenommen. Alle müssen den Wohlstand der Gesellschaften, darin sie sich befinden, so lange beobachten, bis derselbe dem Wohlstande des Christenthums zuwider läuft. Die Unehrbarkeit macht verhaßt, der Eigensinn aber ebenfalls.
Ohne Friedfertigkeit und Verträglichkeit, ohne Sanftmuth und Geduld wird keiner in einer Lehr= und Hofmeisterschaft lange, gesund und nützlich bestehen; und zur Ausubung der Großmuth hat man oft Gelegenheit. Ein zänkischer, unfreundlicher, sehr empfindlicher und zorniger Mensch, muß nicht ein Informator oder Hofmeister 'zu werden suchen.
Zur Unterwürfigkeit und zum Gehorsam muß ein Informator und Hofmeister nicht nur seine Untergebenen ermahnen und anhalten, sondern er muß auch diese Tugenden gegen seine Vorgesetzten selbst ausüben.
Klassifizierung: 362.29 Substanzmissbrauch Die Tugend der Mäßigkeit im Essen, Trinken und Schlaf, zieret nicht allein, sondern ist auch um desto nöthiger, je schädlicher sonst das gegenseitige Beyspiel für die Untergebenen ist. Es ist sehr gut, wenn ein Informator und Hofmeister sich des Tobaks entweder gar nicht oder doch sehr mäßig bedient, und den Gebrauch desselben dergestalt in seiner Gewalt hat, daß er ihn so oft und so lange unterlassen kann, als es gut und nöthig ist.
Die Keuschheit ist eine desto wichtigere Tugend an einem Informator und Hofmeister, je gefährlicher das Gegentheil derselben für ihn selbst und seine Untergebene, und je verhaßter und unleidlicher es demjenigen ist, der ihm seine Kinder anvertrauet.
Klassifizierung: 363.42 Glücksspiel Kein weiser Mensch wird es einem Informator und Hofmeister zum Mangel anrechnen, wenn er das Karten= und Würfelspiel nicht liebt und versteht; es ist vielmehr, wegen des in der That fast unvermeidlichen Mißbrauches desselben, eine Tugend, wenn man sich desselben enthält. Ein In<24, 177>formator und Hofmeister hingegen, welcher ein Spieler ist, ist ein gefährlicher Mensch für seinen Untergebenen.
Die Sparsamkeit ist eine sehr nützliche Tugend eines Informators, noch mehr aber eines Hofmeisters, und zwar sowohl in Ansehung seines Eigenthums, als der ihm zur Verwaltung anvertrauten Gelder seines Herren.
Man verlangt von einem Informator sowohl als Hofmeister mit Recht, daß er arbeitsam und fleißig sey. Glückselig ist der Mensch, welcher sich zeitig dazu gewöhnet, und dem es nie an Gelegenheit, Lust und Kraft dazu fehlt!
Es ist gut, wenn ein Informator Unerschrockenheit, getrosten Muth und Herzhaftigkeit hat; einem Hofmeister aber sind diese Tugenden unentbehrlich, und kommen ihm bey mancherley Gelegenheit wohl zu statten. Eben so nöthig haben Beyde die Tugend der Zufriedenheit und Vergnügsamkeit.
Alle jetzt genannte Tugenden werden durch die christliche Gottseligkeit ungemein erleichtert, befördert, befestiget und erhöhet. Diese vermehrt die Brauchbarkeit und Zuverlässigkeit, und also auch den Werth eines Informators und Hof=Meisters gar sehr, daher sie auch sehr gewünscht, gesucht und geschätzt wird. Sie bringt demjenigen, welcher sie besitzt, unbeschreiblich viele und große Vortheile, und macht ihn zu einem gesegneten Werkzeug. Es muß aber ein Informator und Hof=Meister als Christ kein Sonderling seyn; denn ob er gleich den Wohlstand des Christenthums dem Wohlstande aller übrigen Gesellschaften vorziehen muß, so muß er doch auch alles sorgfältig vermeiden, was andern einen nachtheiligen Begriff sowohl und vornehmlich vom Christenthum überhaupt, als von seiner eigenen christlichen Gesinnung insonderheit, beybringen möchte, und hingegen sich alles dessen befleißigen, was andern einen richtigen, vortheilhaften und reitzenden Begriff von dem Christenthum überhaupt, und von dem seinigen insonderheit, verschaffen und erhalten kann.
Zur Gewissenhaftigkeit und Treue sind alle Informatoren und Hofmeister in ihrem Amte verpflichtet, daher sie sich auch derselben befleißigen müssen; keiner aber hat solche Fähigkeit und Welligkeit dazu, als ein wahrer Christ.
Weisheit und Klugheit vermehren die Brauchbarkeit und den Werth eines Informators und Hofmeisters gar sehr, und werden zwar durch Nachsinnen und allen vernünftigen Gebrauch eigener und fremder Erfahrungen, noch mehr und besser <24, 178> aber durch echte Gottseligkeit und wahres Christenthum erlangt. Es ist eine wichtige Eigenschaft an ihm, wenn er alle Arten der Menschen zu ertragen weiß.
Klassifizierung: 001.2 Wissenschaft und Gelehrsamkeit Gelehrsamkeit, welche ein Informator haben muß. 1. Allgemeine Anmerkungen von derselben. Wer eine gründliche Erkenntniß von vielen und zugleich nützlichen Dingen hat, ist ein Gelehrter. Da nun die Informatoren dergleichen Erkenntniß jungen Leuten beybringen sollen, so müssen sie solche vorher selbst besitzen, und folglich Gelehrte seyn.
Die Informations=Gelehrsamkeit besteht, außer einigen Sprachen, vornehmlich in einer gewissen Anzahl von den vielen Wissenschaften, welche auf den Universitäten zu der Facultät der philosophischen und schönen Wissenschaften gerechnet werden, außer welchen gemeiniglich noch einige theologische Wissenschaften erfordert werden.
Es ist zum Unterricht der Jugend hinlänglich, wenn ein Informator den Grundriß solchen Wissenschaften gründlich inne hat, von den Sprachen aber muß er ein mehreres verstehen. Es ist auch sehr gut, ja fast nothwendig, daß er sich, so viel er kann, auf die allgemeine Gelehrsamkeit lege, und die Verbindung und das Verhältniß der Wissenschaften unter und gegen einander bekannt mache. Ueberhaupt muß er sich die besten Handbücher, welche zur Befestigung und Erweiterung seiner Erkenntniß dienen, nach und nach anschaffen, und um derselben willen, wenn es nöthig ist, seinem sinnlichen Vergnügen gern etwas entziehen.
2. Sprachen, welche ein Informator wohl verstehen muß. 1) Er muß zunächst die Hauptsprache des Landes, in welchem er geboren und erzogen ist, und also ein Deutscher die deutsche Sprache richtig reden und schreiben. Er muß auch in derselben einen natürlichen, geschickten und zierlichen Aufsatz verfertigen können. Kann er dieses nicht, so ist es ihm weit schimpflicher, als wenn er in den todten gelehrten, und beliebtesten lebendigen auswärtigen Sprachen nicht viel gethan hat. 2) Weil die lateinische Sprache die <24, 179> Hauptsprache der Gelehrten ist, und daher von allen Studierenden erlernet wird, so muß ein Informator in derselben gründlich unterrichten können. Hat er die Fertigkeit, echtes Latein zu sprechen, so ist er doppelt brauchbar und angenehm. 3) Viele junge Leute müssen auch in der griechischen und hebräischen Sprache unterwiesen werden, wozu also auch viele Informatoren geschickt seyn müssen. 4) Unter den auswärtigen europäischen Sprachen ist die französische die beliebteste, und gemeiniglich wird gewünscht, oftmahls auch schlechterdings verlangt, daß ein Informator in derselben mit Fertigkeit reden und schreiben könne. Da nun eine solche Fertigkeit auch ihren anderweitigen beträchtlichen Nutzen hat, und die Informator=Stellen, zu welchen sie unumgänglich erfordert wird, gemeiniglich viel einträglicher sind, als andere: so ist es der Mühe und Kosten werth, sich derselben zu befleißigen.
3. Wissenschaften, deren ein Informator mächtig seyn muß. 1) Von den meisten Informatoren wird verlangt, daß sie die Kinder und jungen Leute in der christlichen Lehre unterrichten sollen; sie müssen also geschickt seyn, solchen Unterricht sowohl katechetisch als akroamatisch zu ertheilen, und die christliche Sittenlehre erbaulich damit zu verbinden.
Es ist gewöhnlich, auch nützlich und nöthig, daß der Informator täglich mit seinen Untergebenen einen für dieselben schicklichen Abschnitt in der deutschen oder lateinischen Bibel lieset. Bey solcher Lesung wird entweder der neu= und lehrbegierige Schüler oftmahls fragen, wie dieses oder jenes zu verstehen sey; oder der Informator muß aus eigener Bewegung eine richtige Erklärung ertheilen, folglich dazu geschickt, oder doch mit guten Hülfsmitteln dazu versehen seyn, und sich derselben zu bedienen wissen.
2) Je mehr ein Informator in den historischen Wissenschaften gethan hat, je besser ist es für ihn selbst, und für seinen Untergebenen. Er muß sich das Allgemeine und Nützlichste der Naturhistorie bekannt ge<24, 180>macht haben, und sich je mehr und mehr nach einer genauern Kenntniß derselben bemühen. Seine geographische Kenntniß des Erdbodens muß richtig, fruchtbar und nützlich seyn, und durch tägliche Uebung weiter ausgebreitet werden. Den Grundriß der allgemeinen Geschichte der Welt muß er chronologisch im Kopfe haben, und von Zeit zu Zeit erweitern. Von der Genealogie, Heraldik und Münzwissenschaft muß er auch etwas wissen; und das Wichtigste und Nützlichste aus den Geschichten der Kirche, der Gelehrsamkeit und der Gelehrten, muß ihm bekannt seyn. Es macht ihn auch sehr beliebt, wenn er eine gelehrte Bücherkenntniß besitzt, und etwas von der Geschichte der Künste weiß. 3) In Ansehung der mathematischen Wissenschaften, muß er nicht nur die Arithmetik und Geometrie verstehen, und gründlich lehren können, *
sondern es müssen ihm auch die praktischen nicht unbekannt seyn. Wenn er zeichnen kann, wird ihm solches Ehre und Nutzen bringen. 4) Von den philosophischen Wissenschaften, welche ein Informator auf der Universität erlernt hat, wird er allerdings sowohl für sich selbst, als im Umgange mit andern, Nutzen haben, auch bey seinen Untergebenen etwas davon anbringen können, wenn er nicht schulmäßig philosophiret.
4. Ein Informator muß nicht nothwendig ein Dichter und Tonkünstler seyn; wenn er es aber wirklich, und zum Vergnügen und Nutzen seiner Untergebenen ist, macht es ihn desto angenehmer. Es ist aber sehr zu rathen, daß er sich nicht dafür ausgebe, wo er nicht eine besondere Geschicklichkeit und Fertigkeit in beyden Künsten besitzt; jedoch muß er auch als<24, 181>denn nicht zu viele Zeit darauf wenden. Ist er nur ein Reimmacher, so kann er zwar seinen Untergebenen bey vorfallenden Gelegenheiten reimen helfen, er muß sich aber nichts davon zueignen; denn so bald er dieses thut, verlieren die Reime, welche gefielen, so lange sie dem Untergebenen allein zugeschrieben wurden, allen Werth, und der sich für einen Dichter haltende Informator wird durch den verdienten Tadel sehr beschämet.
Zu allen jetzt beschriebenen Wissenschaften und Geschicklichkeiten müssen nothwendig auch gute Lehrgaben kommen, d. h. der Informator muß vermögend und geschickt seyn, dasjenige, was er weiß, und seine Untergebene von ihm lernen sollen, ordentlich, deutlich, gründlich und angenehm vorzutragen. Diese Lehrgaben sind so nöthig und unentbehrlich, daß derjenige, dem es daran fehlt, keinen Informator abgeben kann, wenn er gleich alle oben erforderte Gaben und Geschicklichkeiten besitzt, da hingegen an diesen etwas fehlen kann, wenn nur gute Lehrgaben vorhanden sind. Sie erfordern theils natürliche Fähigkeit und Munterkeit, theils gute Anwendung und fleißige Uebung.
Ob ein Hofmeister auch ein Gelehrter seyn müsse? Es ist gut, wenn ein Hofmeister auch ein Gelehrter ist, aber er muß es nicht nothwendig seyn, viel weniger denn ein Polyhistor. Ein Mann, welcher die oben beschriebenen Seelenkräfte, Fertigkeiten und Tugenden hat, auch die genannten Sprachen redet, und die körperlichen und äußerlichen Eigenschaften, welche sogleich nahmhaft machen werde, besitzt, zugleich auch Erfahrung und Kenntniß in der Welt hat, kann auf Universitäten und Reisen einen guten Hofmeister abgeben.
Klassifizierung: 646.7 Management des persönlichen Lebens und des Familienlebens Klassifizierung: 331 Arbeitsökonomie
Klassifizierung: 391.6 Äußeres Erscheinungsbild
Körperliche und äußerliche Eigenschaften eines Informators und Hofmeisters. 1) Gestalt des Leibes. Wer ein Zwerg, oder häßlich, ungestaltet und sehr gebrechlich, oder harthörig, oder sehr <24, 182> blödsichtig, oder ein starker Stammler, oder sehr schwächlich, und insonderheit sehr hypochondrisch ist, muß nicht Informator werden. Kleine Gebrechen des Leibes, zumahl wenn sie durch ein desto größeres Maß des Verstandes, der Geschicklichkeit und Artigkeit ersetzet werden, finden eher Nachsicht. Wer nicht nur die nöthigen Informatorsgaben und Geschicklichkeiten, sondern auch einen ansehnlichen, wohlgewachsenen und schönen Körper hat, und dabey von thörichter Selbstgefälligkeit und Eitelkeit frey ist, ist doppelt angenehm; wer aber mit den erstern wohl versehen ist, wird beliebt seyn, wenn gleich sein Körper in allen Stücken nur mittelmäßig ist. 2) Die Geberden eines Informators müssen weder grob, noch unnatürlich und gezwungen, noch ungeschickt, seltsam und lächerlich, sondern der verbesserten Natur gemäß, geschickt und wohlanständig seyn. Wer nicht weiß, was zu einer guten Stellung, Beugung und Bewegung des Leibes gehört, muß sich darin unterrichten lassen, und sich vor Nachahmung der Sonderlinge hüten. 3) An beständiger Reinigkeit des Leibes, insonderheit des Gesichts, der Hände und Füße, ist viel gelegen, daher sie nicht verabsäumet werden muß. 4) Die Kleidung muß reinlich und ordentlich, übrigens aber der natürlichen Beschaffenheit des Körpers, dem Alter, der Orts= und Landes=Gewohnheit, dem Stande, und den Einkünften gemäß seyn. Der Informator muß auf Kleidung nicht mehr verwenden, als seine Untergebene und deren Aeltern, vielmehr muß er diesen allemahl einigen Vorzug darin lassen. 5) Er muß sich weder in Ansehung des Leibes, noch der Kleidung, frauenzimmermäßig putzen, sondern auch darin den männlichen Wohlstand beobachten. Er muß auch einen pariser Petit-Maitre nicht nachahmen. 6) In seinen Handlungen, in seiner Kleidung, und auf seiner Wohnstube muß allemahl eine gute und gefällige Ordnung herr<24, 183>schen, und er muß seinen Untergebenen darin ein Muster seyn.
Allgemeine Anmerkungen von den Lehr= und Hofmeisterschaften. 1. Wer sich einer Lehr= oder Hofmeisterschaft widmet, thut wohl, wenn er sich vorher gewöhnet, mit Kindern und jungen Leuten freundlich und lehrreich umzugehen; denn er muß ein Kinderfreund seyn.
2. Ein rechtschaffener, geschickter und artiger Candidat hat nicht nöthig, sich um eine gute Lehr= oder Hofmeisterschaft zu bemühen, und selbst dazu anzubiethen. Wer ihn kennt, und entweder von ihm selbst, oder von andern erfährt, daß er Lust dazu habe, wird ihn gelegentlich aus eigener Bewegung suchen, oder in Vorschlag bringen. Ueberhaupt ist es in mancherley Absicht vortheilhafter und rühmlicher, in freudigem Vertrauen auf Gott, beständig fortgesetztem Fleiß, und wohlanständigem Verhalten, einen Beruf zu erwarten, als sich denen Personen, zu welchen man gern kommen möchte, selbst anzubiethen.
3. Ich mißbillige aber nicht, daß ein Candidat, welcher vermögend ist, auf seine eigene Kosten, in ein Land und nach einer Stadt, wo viele Informatoren und Hofmeister gesucht werden, eine Reise anzustellen, solche eben sowohl zur Erlangung einer Lehr= oder Hofmeisterschaft, als wegen des Nutzens, den man überhaupt von einer klüglich angestellten Reise haben kann, antrete, und sich durch ein vernünftiges, christliches und wohlanständiges Verhalten, und durch seine bey guter Gelegenheit bescheidentlich geäußerte Geschicklichkeit, daselbst bekannt mache.
4. Hingegen ist es thöricht, wenn ein Candidat sein Vaterland nicht verlassen, oder doch nicht gern einen Beruf zu einer vortheilhaften Lehr= und Hofmeisterschaft annehmen will, der ihn von dem Vaterlande und von seiner Aeltern Hause weit entfernet. Die <24, 184> Entschuldigungsgründe, welche gemeiniglich angeführt werden, sind schlecht, und die Aeltern, welche ihre Söhne von der Annehmung eines solchen Berufes abhalten, handeln unweise und unverantwortlich.
5. Diejenigen Lehr= und Hofmeisterschaften, mit welchen Versprechungen wegen künftiger Beförderung zu Aemtern verbunden werden, sind nicht allemahl die vorzüglichsten, denn die Erfüllung derselben bleibt gemeiniglich entweder sehr lange, oder wohl ganz und gar aus, und man handelt thöricht, wenn man sich darauf verlässet. Ein Candidat muß auf den Nutzen, den die Lehr= und Hofmeisterschaft an sich selbst hat, und verschaffen kann, vornehmlich sehen, und hiernächst gewiß seyn, daß weder Gott, noch einsichtsvolle Menschen, ihn, wenn er brauchbar und treu ist, zu wichtigern und vortheilhaftern Amtsgeschäfften ungebraucht lassen werden.
Wie man sich verhalten müssen, wenn einem eine Lehr= oder Hofmeisterschaft angetragen worden. Wem eine Lehr= oder Hofmeisterschaft angetragen wird, bitte zuvörderst Gott um Regierung seiner Gedanken, Berathschlagung und Entschließung, erwäge hiernächst den Beruf sehr wohl, und erkundige sich, so viel es möglich ist, nach der Beschaffenheit der berufenden Person und ihres Hauses. Enthält der Beruf ein genaues Verzeichniß der Pflichten, welche verlangt, und der Vortheile, welche versprochen werden, so ist es desto besser. Fehlt aber dasselbe entweder ganz, oder ist es zu unvollständig, so bitte man sich genauen und zuverlässigen Unterricht aus: 1. von der Anzahl, dem Geschlecht, Alter und bisherigen Geschicklichkeit der Kinder, welche man unterrichten soll; 2. von den Sprachen und Wissenschaften, darin man Unterricht ertheilen soll, und ob sonst noch Arbeit verlangt werde; 3. von der Anzahl der Stunden, welche täglich auf den Unterricht verwendet werden sollen; ob man außer <24, 185> denselben noch besondere Aufsicht auf die Kinder haben solle; und ob man bey Tage einige Stunden für sich zur Erhohlung und eigenem Fleiß übrig behalte? 4. Ob man bey den Kindern auf einerley Stube und Kammer wohnen und schlafen solle, oder nicht? 5. Wie viel Gehalt man jährlich, und ob man außer der gewöhnlichen Speise und Trank, Wärme und Licht, noch Thee, Kaffe, Zucker, und die Reinigung seiner Wäsche frey haben solle? Werden die letztern Stücke bewilliget, so ist es desto besser; werden sie versagt, so ist es doch der Mühe werth gewesen, darnach zu fragen. 6. Ob man zu den Reisekosten eine gewisse Summe bekommen, oder dieselben berechnen solle? Man muß also um ausdrückliche Bestimmung sowohl seiner Pflichten, als seiner Belohnung, anhalten, und sich in Ansehung der letztern mit keiner allgemeinen Versicherung, daß man schon befriediget werden solle, abspeisen lassen, auch auf die Zusage von außerordentlichen oder unbestimmten Geschenken und künftigen Vortheilen kein großes Vertrauen setzen.
Wer als Hofmeister verlangt wird, muß sich auch nach dem Alter und der Beschaffenheit desjenigen, welcher seiner Aufsicht und Anleitung übergeben werden soll, nach den Diensten, welche er leisten soll, nach den Oertern oder Ländern, dahin er mit seinen Untergebenen reisen soll, und nach dem Gehalt und übrigen Vortheilen, welche ihm für seine treue Dienste werden sollen, erkundigen.
Nachdem der Candidat alle diese Nachrichten eingezogen hat, muß er zuvörderst eine strenge Prüfung anstellen, ob er auch alles, was von ihm verlangt wird, leisten könne und wolle; und wenn er in dem einen oder andern Stücke einen Mangel bey sich wahrnimmt, solchen lieber aufrichtig anzeigen, als treulos verhehlen. Er kann ihn doch nicht lange Verbergen, und hat hernach desto mehr Schimpf und Unlust da<24, 186>von. Wenn er sich aber gewisser Geschicklichkeiten, die er entweder gar nicht, oder doch in einem geringen Grade besitzt, rühmet, so handelt er noch thörichter, und bringt sich selbst um seine Ehre. Wer aber der verlangten Geschicklichkeiten sich wirklich bewußt, und sowohl mit den Anforderungen als Anerbiethungen zufrieden ist, muß sich in seiner völligen, entweder mündlichen oder schriftlichen Erklärung sowohl auf diese, als jene, stückweise berufen, auf beyde seine Entschließung gründen, versprechen, daß er jene mit Gottes Hülfe zu erfüllen suchen wolle, und erklären, daß er diese zuversichtlich erwarte.
Wer sich einmahl zur Annehmung der ihm angetragenen Lehr= oder Hofmeisterschaft verpflichtet hat, muß seine Zusage unter keinerley Vorwand, und am wenigsten zur Unzeit, zurück nehmen, es müßten denn solches sehr wichtige Ursachen erfordern, zu welchen aber der Antrag einer andern, dem Ansehen nach, oder wirklich etwas vortheilhaftern Lehr= oder Hofmeisterschaft nicht gehört.
Ob man sich auf gewisse Jahre verpflichten solle? Ein Candidat muß sich nicht leicht auf gewisse Jahre zu einer Lehr= oder Hofmeisterschaft verpflichten, aber sie auch an seiner Seite nicht ohne wichtige Ursachen, und ohne einen andern Beruf, aufgeben. Doch kann jene Verpflichtung mit Grund und Recht gefordert werden, wenn die Lehrmeisterschaft in einem sehr entfernten Lande ist, und die Hofmeisterschaft eine Reise von einigen Jahren zur Absicht hat. Sie kann auch ohne Bedenken geleistet werden, wenn man mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gute Umstände erwarten kann.
Was in Ansehung der Reise nach dem Orte, wo der Untergebene ist, zu beobachten sey. Man erkundige sich, wenn und wie man seine Reise nach dem Orte, wo der Untergebene ist, anstellen solle. Wird <24, 187> sie vorgeschrieben, so fällt die eigene Einrichtung weg. Wird eine gewisse Summe zu den Reise=Unkosten bestimmt, so muß man mit derselben auszukommen suchen, wenn man nicht von dem seinigen einen Zuschuß thun kann. Wird erklärt, daß die Unkosten ersetzt werden sollten, so thut man wohl, wenn man sie, so viel als möglich, mäßiget, damit man sich gleich anfänglich als einen guten Haushälter zeige und beliebt mache. Wer die Reisekosten nicht vorschießen kann, muß sich dieselben nach dem Orte der Abreise ausbitten. Uebrigens muß man seine Reise so einrichten, daß man zu der gesetzten Zeit an dem Orte seiner Bestimmung ankomme. Werden Bediente mit einem Fuhrwerke zur Abhohlung des Informators oder Hofmeisters abgeschicket, so muß dieser gegen jene sich freundlich, und, nach Beschaffenheit seiner Umstände, freygebig beweisen, um sie zu gewinnen, keinesweges aber vertraulich und gemein mit ihnen umzugehen.
Wie man in dem Hause, für welches man berufen wird, erscheinen müsse. Es kommt sehr viel auf den ersten Eindruck an, den der Informator oder Hof=Meister in dem neuen Hause von sich macht. Aller Augen sind auf ihn gerichtet. Man betrachtet ihn genau, beurtheilt ihn scharf, und schließt (obgleich nicht allemahl richtig) von dem Gegenwärtigen auf das Künftige. Er muß also nicht unreinlich, unordentlich und wüste von der Reise aussehend, in das Haus treten; sich in seinen Geberden, Handlungen und Reden, dieses Mahl vorzüglich vernünftig, wohlanständig, artig, und auf eine edle Weise freymüthig betragen, und wenn er von seiner Reise etwas erzählt, sich ja keiner ausgeübten wilden und unartigen Streiche rühmen. Weil viele Leute eben so sehr auf die Kleidung, als auf die Gaben und Geschicklichkeiten des Informators und Hofmeisters sehen, so ist wohl zu rathen, daß er sich mit jener so gut versehe, als es ihm möglich, und dem Stande <24, 188> und Hause der Personen, zu welchen er kommt, gemäß ist.
Verhalten in den ersten Tagen nach der Ankunft. Der Informator und Hofmeister muß gleich anfänglich seinem Untergebenen eben so sehr zu gefallen suchen, als dessen Aeltern. Billig sollte der Untergebene ihm von den Aeltern feyerlich überliefert werden. Es möge aber geschehen oder nicht, so muß er sich dergestalt gegen ihn erklären und verhalten, daß derselbe Liebe, Hochachtung und Zutrauen gegen ihn fasse, und wenn der Untergebenen mehrere sind, anfangs keinen dem andern in seinem Bezeigen vorziehen. Fast in allen Fällen ist es gut, wenn er ihnen kleine, aber anständige und angenehme Geschenke mitbringt, und solchen durch die gute Art und Weise, mit welcher er sie anbringt, einen noch größern Werth verschaffet. Weil die Untergebenen bey dem Auspacken seiner Sachen neugierig zugegen seyn werden, so wird er dabey bequeme Gelegenheit haben, seine Geschenke auf eine solche Weise anzubringen, daß es scheinen wird, als ob sie mehr gewünscht, oder doch mehr zufälliger Weise gemacht, als eigentlich bestimmt wären, und das wird auch ihren nicht großen Werth entschuldigen.
Wenn die Untergebenen schon Informatoren oder Hofmeister gehabt haben, und von denselben endlich rühmlich oder schimpflich zu reden anfangen, muß der neue Informator oder Hofmeister dieselben im erstern Falle nicht zu verkleinern suchen, im andern Falle aber nicht eilen, sie ebenfalls zu tadeln, sondern die Beschuldigungen wohl prüfen und untersuchen, und sie lieber entschuldigen, als verdammen. Eben so muß er sich auch betragen, wenn die Aeltern und das Gesinde, von den abgegangenen Informatoren oder Hofmeistern reden. Wer einen guten und beliebt gewesenen Vorgänger gehabt hat, muß sich äußerst bestreben, demsel<24, 189>ben es wenigstens gleich zu thun, wo aber möglich, ihn noch zu übertreffen.
Zeigen die Untergebenen Proben ihres bisherigen Fleißes vor, so müssen dieselben nicht geringschätzig oder gar verächtlich, sondern vorsichtig also beurtheilet werden, daß die Untergebenen zugleich des Informators Einsicht und Billigkeit erkennen.
Der Informator stelle in Gegenwart der Aeltern, und anderer denselben beliebigen Personen, eine feyerliche Prüfung der ihm übergebenen Kinder an, und zeige in derselben theils seine Einsichten und Lehrgaben, theils wie weit die Kinder es bis auf ihn gebracht haben, damit die Früchte seines Unterrichtes künftig desto besser in die Augen fallen. Er verfertige auch gleich einen Entwurf von der beschlossenen Einrichtung seiner Unterweisung, und bitte sich darüber der Aeltern Urtheil aus, nehme auch deren Anmerkungen und Erinnerungen geziemend auf. Ertheilen sie ihm eine Vorschrift, so muß er derselben so gemäß, als möglich ist, handeln.
Er muß sich gleich in den ersten Tagen die Gewohnheiten, den Wohlstand und die Ordnung des Hauses bekannt machen, und darnach richten, folglich weder aus Nachlässigkeit, noch aus Eigensinn und Klügeley, dagegen handeln.
Verhalten gegen die Aeltern. Den Aeltern seines Untergebenen muß ein Informator und Hofmeister alle die Achtung und Ehrerbiethung erweisen, welche nicht nur ihr Stand, sondern auch sein Verhältniß gegen dieselben erfordert, und zwar sowohl im Fortgange, wenn er bekannter mit ihnen geworden ist, als im Anfange; sowohl, wenn er Fehler an ihnen entdeckt, als auch, wenn er ihre gute und vorzügliche Eigenschaften wahrnimmt; sowohl wenn sie allein, als auch, wenn sie in Gesellschaft sind. Vornehme Standespersonen werden ihn bisweilen durch einen Schein der Vertrau<24, 190>lichkeit auf die Probe stellen, ob er dem ungeachtet die ihnen schuldige Ehrerbiethung beobachten werde, und in solchen Fällen muß er sich vorsichtig und klüglich verhalten.
Klassifizierung: 395 Etikette (Manieren) Als besondere Stücke sind noch zu bemerken: 1. Daß er gegen die Aeltern die gewöhnliche Titulatur gebrauche, und sich derselben nicht aus Eigensinn oder Unverstand widersetze, auch, wenn sie ehrgeitzig sind, lieber etwas zu viel, als zu wenig, darinn thue, jedoch allezeit mit nöthiger Klugheit, und zugleich mit der Vorsichtigkeit, daß er die Höflichkeits= Bescheidenheits= und Ehrerbiethungswörter nicht unrecht und verkehrt anbringe. 2. Daß er die Ehrenbezeigungen, welche durch Geberden, Bewegungen und Handlungen des Leibes gewöhnlicher Maßen abgestattet werden, weder unterlasse, noch unschicklich ablege. 3. Daß er, in Ansehung der Kleidung, beständig so vor den Aeltern erscheine, wie es der Ehrerbiethung und dem Wohlstande gemäß ist. 4. Daß er alle andere kleine Stücke, welche an dem Orte und in dem Hause der Aeltern zu den Ehren=Bezeigungen gerechnet werden, durch genaue Aufmerksamkeit erlerne, und gleichfalls beobachte. 5. Daß er insonderheit der Frau, oder Gemahlinn, zumahl wenn sie viel gilt und vermag, ehrerbiethig begegne; wenn er aber ihre Gewogenheit gewinnt, nicht nur alle Vertraulichkeit selbst, sondern auch den Schein derselben, beständig und sorgfältig vermeide, noch mehr aber vor Liederlichkeit sich hüte.
Die übrigen Regeln sind folgende. 1. Man muß alle rechtmäßige, gewissenhafte und anständige Mittel, durch welche die Aeltern gewonnen werden können, gebrauchen. 2. Man muß dienstfertig seyn, sich aber doch nicht mißbrauchen, und insonderheit sich nicht bewegen lassen, einen Aufseher und Kundschafter in Ansehung des Gesindes abzugeben. 3. Gleichwie man überhaupt in Ansehung aller besondern und geheimen Umstände der Aeltern verschwiegen seyn muß, also muß man solches insonderheit in Ansehung solcher Dinge, welche einem etwann anvertrauet werden, seyn. 4. Man muß die Vortheile der Aeltern, so viel möglich ist, zu befördern, und ihren Schaden abzuwenden suchen. 5. Mit ihren Schwachheiten und Fehlern muß man Geduld haben, und sie zu bedecken suchen. 6. Wenn man mit den Aeltern wegen der Unterweisung, Zucht und Erziehung der Kinder nicht einerley Meinung hat, muß man die seinige bescheiden vortragen, und die ihrige nicht <24, 191> offenbar, geschweige denn mit Heftigkeit, bestreiten, wenn sie gleich wirklich nicht gut, noch weniger aber die beste ist. 7. Man überhäufe die Aeltern nicht mit Klagen über ihre Kinder, sondern suche sich so lange und so viel es möglich ist, selbst zu helfen. 8. Man nehme alle gegründete Erinnerungen der Aeltern über seine begangene Versehen bescheiden und dankbar an, zumahl wenn sie auf eine leutselige Weise geschehen. Man komme ihnen auch wohl, wenn man etwas versehen hat, sich dessen bewußt ist, und weiß oder muthmaßet, daß es die Aeltern bemerkt haben, durch ein freywilliges Bekenntniß klüglich zuvor, und bitte sie um Nachsicht und Belehrung. Wird man aber ohne Grund beschuldiget, so vertheidige man sich zwar freymüthig, aber doch mit Sanftmuth und Bescheidenheit. 9 Wer seine Pflichten treulich zu erfüllen sucht, darf auch die Erfüllung dessen, was ihm versprochen worden, ernstlich und bescheiden verlangen; welches er auch nicht versäumen muß, wenn solche Erfüllung vergessen wird. Er darf auch seine gegründete Klagen freymüthig anbringen, und um eine nöthige und billige Verbesserung seiner Umstände bitten; doch muß solches nicht zu oft, und keinesweges auf eine ungestüme Weise geschehen. 10. Man verlange ja nicht, ohne die äußerste Noth, eine Vorausbezahlung eines Theiles seines jährlichen Gehaltes; denn wenn gleich die Aeltern willig dazu sind, so kommt man doch dadurch leicht in eine sehr schädliche Unordnung, aus welcher man sich hernach schwer wieder heraus helfen kann.
Klassifizierung: 642 Mahlzeiten und Tischkultur Klassifizierung: 395 Etikette (Manieren)
Tischregeln. Es ist viel daran gelegen, daß ein Informator sich bey Tische sowohl überhaupt, als insonderheit gegen die Aeltern seiner Untergebenen, geziemend verhalte. Ich setze voraus, daß er ordentlicher Weise in allen Lehrmeisterschaften bey bürgerlichen, adeligen und gräflichen Personen mit an deren Tisch oder Tafel speise; und da hat er folgende Haupt=Regeln zu beobachten. 1. Er muß allezeit zu rechter Zeit, auch reinlich und ordentlich gekleidet, erscheinen. 2. Wenn ihm eine beständige Stelle angewiesen wird, muß er dieselbe auch allezeit einnehmen, und für gut und anständig halten. 3. Er sitze beständig gerade, und benehme den Nachbarn ihre Bequemlichkeit nicht. 4. Er sey nicht tiefsinnig und zerstreut, nicht blöde und <24, 192> furchtsam, aber auch nicht flatterhaft, frech und unverschämt, sondern auf eine sittsame Weise frey, und sowohl auf alle gegenwärtige Personen, als auf alle Vorfälle und Umstände, aufmerksam, wodurch er sich auch gleich im ersten Anfange die Tischgewohnheiten des Hauses bald bekannt machen wird. 5. Sowohl im Essen als Trinken sey er mäßig, lasse sich aber auch nicht nöthigen, (welches auch bey mancher Tafel gar nicht geschieht,) überreiche einen mit Speise herum gegangenen Teller zuerst den Vornehmeren, und warte bis zuletzt, wenigstens nehme er nicht das beste Stück von dem Teller, halte ihn auch nicht lange auf, und durchsuche ihn also auch nicht weitläuftig, am wenigsten mit seiner schon gebrauchten Gabel. Es ist wohl erlaubt, daß er sich satt esse, und von einer Speise, die ihm besonders wohl schmeckt, noch außer dem, was ihm vorgelegt worden, etwas ausbitte, vornehmlich wenn sie nicht sehr selten und kostbar ist; denn in diesem Falle muß er erwarten, ob und was ihm von derselben werde vorgeleget werden. Sonst aber muß er alle Speisen, die auf den Tisch kommen, essen können. 6. Es ist sehr gut, wenn der Informator geschickt und geschwinde vorzuschneiden weiß, oder solches lernt. Wird ihm dieses Geschäfft von den Aeltern aufgetragen, so verrichte er es zwar zum Vergnügen derselben, denke aber ja nicht, daß er als Vorleger auch die Gäste zum Essen nöthigen, und ihnen etwas anbiethen müsse; denn dieses kommt dem Hausvater und der Hausmutter zu; er aber muß immer bereit seyn, ihren Befehl auszurichten, und aufmerksam seyn, wenn die Gäste noch etwas von ihm fordern. 7. In Ansehung des so genannten Gesundheit=Trinkens, richte er sich nach der in dem Hause eingeführten Gewohnheit. 8. Er sey nicht wie ein Stummer, aber auch kein Schwätzer und Schreyer. 9. Er sey, wie allezeit, also <24, 193> auch insonderheit bey Tische, ein gutes Muster für seinen Untergebenen.
Verhalten gegen die Untergebenen Informatoren und Hofmeister müssen gegen ihre Untergebene 1. nicht allein Liebe, sondern auch Achtung beweisen. Je vornehmern Standes dieselben sind, desto größer muß die Achtung gegen sie seyn, und zu aller Zeit, selbst auf der Stube, vornehmlich aber in Gegenwart anderer und fremder Personen, bewiesen werden, und sich insonderheit darin äußern: a) daß man gegen die Untergebenen beständig die gewöhnlichen Höflichkeits=Bezeigungen beobachte; b) daß man sie auf eine ihrem Stande gemäße Weise benenne, und nie unhöfliche und grobe Worte gegen sie gebrauche, welches selbst bey Verweisen und Bestrafungen beobachtet werden muß; c) daß man ihnen beym Ausgehen und in Gesellschaften den Rang lasse; d) daß man sie nicht in fremder Gegenwart tadle; e) daß man in ihrer Gegenwart nichts verrichte, was man sonst gewöhnlicher Maßen anderer Leute Anblicke zu entziehen pflegt.
2. Hingegen muß man sich auch seinen Untergebenen durch persönliche oder eigenthümliche Würdigkeit zu einer hochachtungswürdigen Person machen, und mehr dadurch, als durch ausdrückliches Verlangen, sie bewegen, daß sie die ihnen wiederfahrnen Höflichkeits= und Achtungsbezeigungen unausgesetzt erwiedern, auch, um dieselbe zu befördern, sich mit ihnen nicht in Spielwerke und Tändeleyen einlassen, wodurch die Ehrerbiethung und deren Erweisung verringert und gehindert werden kann.
3. Man muß sich vor allem finstern, sauern und mürrischen Wesen gegen die Untergebenen hüten, hingegen allezeit freundlich gegen dieselben seyn, jedoch so viele Ernsthaftigkeit untermischen, daß die Untergebenen allezeit ehrerbiethig bleiben.
<24, 194>4. Man sey in seinen Handlungen und Worten vorsichtig, damit die Untergebenen durch dieselben nicht geärgert und verführet werden. Insonderheit enthalte man sich aller unnützen Ausrufungsworte und Betheurungen, Flüche, Possen, schmutzigen und unkeuschen Reden und Handlungen, und verächtlicher Urtheile über andere Leute. Mit Einem Worte: Informatoren und Hofmeister müssen für ihre Untergebene gute Muster der Nachfolge seyn.
5. Weil die Informatoren an der Zucht und Erziehung ihrer Untergebenen Antheil nehmen, den Hofmeistern aber dieselbe ganz überlassen wird: so müssen beyde dazu geschickt seyn, und allen nur möglichen Fleiß darauf wenden. Beyde werden desto glücklicher darin seyn, je genauer ihnen das Temperament, die Gemüthsart und herrschende Neigung ihrer Untergebenen, als die Hauptquelle ihrer Handlungen, bekannt ist, je klüger sie ihr Verfahren derselben gemäß einzurichten verstehen, und je mehr Nachdenken sowohl, als Gebeth zu Gott, sie auf diese schwere und wichtige Sache verwenden werden.
Wenn man voraus setzt, daß alle Kinder und junge Leute Fehler und Unarten an sich haben, deren Verbesserung Zeit, Fleiß und Geduld erfordert, so wird man über diejenigen, welche man an seinen besondern Untergebenen wahrnimmt, sich weniger wundern und ärgern, und mit größerer Geduld an ihrer Verbesserung arbeiten. Die Hoffnung, welche man haben kann und muß, daß künftig sich noch gute Früchte der angewandten Arbeit zeigen, auch die Untergebenen, wenn sie gleich in der gegenwärtigen Zeit die an sie gewandte Treue und Weisheit nicht einsehen und beherzigen, solche doch, wenn sie zu reiferm Nachdenken gekommen sind, dankbar erkennen werden, macht vieles erträglich, was sonst unerträglich zu seyn scheint.
Die Zucht muß zuvörderst und vornehmlich auf Brechung und Ausrottung des Eigensinnes der Untergebenen gerichtet seyn, welchem aber die Informatoren und Hofmeister nicht ihren Eigensinn, sondern wohlgewählte Bewegungsgründe, und daraus fließende gegenseitige Vorschriften standhaft entgegen setzen müs<24, 195>sen. In diesem sowohl als in allen übrigen Fällen, müssen die Untergebenen zum völligen Gehorsam ernstlich angehalten werden. Können Informatoren und Hofmeister ihre Untergebene dazu bringen, daß sie, aus gutem Vertrauen zu ihnen, und aus Liebe und Hochachtung gegen sie, freywillig gehorsam sind, so haben sie sehr viel ausgerichtet und gewonnen.
Klassifizierung: 179.8 Laster, Fehler, Mängel Sie müssen auch ihre Untergebene zur zärtlichen Liebe und gewissenhaften Ausübung der Aufrichtigkeit, Wahrhaftigkeit, Offenherzigkeit und Verschwiegenheit, reitzen und gewöhnen, folglich die falschen Streiche, lügenhaften Vorstellungen und Erfindungen, Betriegereyen, Verstellung, Tücke, Schalkheit, Schmeicheley und Plauderhaftigkeit derselben nicht unbemerkt und ungeahndet lassen, noch weniger aber gutheissen, oder wohl gar loben, sondern vielmehr diesen Lastern sich sogleich und allemahl mit dienlichen und weisen Mitteln entgegen setzen.
Klassifizierung: 179.2 Behandlung von Kindern Man muß zwar die Kinder mehr durch Bewegungsgründe, die von Gott und ihrer Glückseligkeit hergenommen sind, durch anhaltende Ermahnungen und Warnungen, ernsthafte Worte und Geberden, und Entziehung gewisser Dinge, die ihnen angenehm sind, als durch die Ruthe zu verbessern suchen, jedoch die wirkliche Züchtigung keinesweges verabsäumen und unterlassen, und wenn sie von den Aeltern und Verwandten aus unordentlicher Liebe zu den Kindern gehindert werden sollte, ohne Vorwissen derselben, in der Stille vornehmen. Diese Züchtigung muß aber nicht geschehen, 1) wegen begangener Fehler und unvorsichtiger Handlungen, auch nicht wegen ihrer Ungeschicklichkeit und Mangel des Fleißes, sondern wegen hartnäckigen Eigensinnes, halsstarrigen Ungehorsams, grober Lügen und Betriegereyen, Bosheiten und anderer wirklich strafbaren Unarten; 2) nicht wenn die Kinder im heftigen Affect sind; 3) auch nicht wenn man selbst in starkem Affect ist. Sie muß auch nicht in beyläufigen und geschwinden Streichen bestehen, als welche keine gute Wirkung haben, ja zum Schaden und Unglück der Kinder gereichen können. Es muß vielmehr die Züchtigung eine eben so feyerliche als seltene Handlung seyn, zu welcher man sich selbst durch gute Fassung und Sanftmuth, die Kinder aber durch eine ernstliche und wehmüthige Vorstellung ihrer Strafwürdigkeit zubereiten, und sie, wo möglich, zum eigenen Erkenntniß und freywilligen Bekenntniß derselben, wie auch zur willigen Unterwerfung unter die Straf, bringen muß. Ein Informator muß seine Schüler, welche schon aus den Kinderjahren heraus sind, und ein Hofmeister seinen Untergebenen, <24, 196> nicht mehr durch Züchtigungen, sondern durch die kurz vorher angegebenen, und andere ihren Umständen gemäße Mittel, in Ordnung und Gehorsam zu erhalten suchen.
Klassifizierung: 363.47 Obszönität und Pornografie Die Untergebenen müssen schamhaft gewöhnet, und vor unreinen Vorstellungen und Dingen, folglich auch vor unzüchtigen Büchern, Bildern, Reden und Personen aufs möglichste bewahret werden. Wer Kinder weibliches Geschlechts zu unterrichten hat, der hüte sich ja, daß er sie nicht ärgere und verführe, und dadurch über dieselben sowohl, als ihre Familien, Schande und Unglück bringe, sich selbst aber ein nagendes Gewissen zuziehe.
Klassifizierung: 363.42 Glücksspiel Man macht sich auch um seine Untergebene wahrhaftig verdient, wenn man, durch nachdrückliche Vorstellungen und rührende Beyspiele, sie von der Schädlichkeit und Gefährlichkeit des Karten= und Würfel=Spieles zu überzeugen, und wenn man sie nicht ganz davon abhalten kann, sie wenigstens vor der Spielsucht zu bewahren sucht. So wenig verständige Aeltern verlangen werden, daß der Informator und Hofmeister ihres Kindes mit demselben spielen solle: eben so wenig muß er solches aus eigener Neigung, und auf Verlangen des Untergebenen thun. Ueberhaupt bewahre man seine Untergebene sorgfältig vor Gelegenheit zum Bösen, und also insonderheit auch vor Müßiggang. Man behalte sie, so viel möglich, in Aufsicht; wenn man sie aber andern anvertrauen muß, so erwähle man rechtschaffene und zuverlässige Leute, und lasse sich sowohl von denselben, als von den Untergebenen selbst, ihr Verhalten während seiner Abwesenheit beschreiben.
Als Hauptstücke einer guten Erziehung sehe ich folgende an: 1. Daß man die Kinder und jungen Leute vor schädlichen Vorurtheilen und vor Aberglauben bewahre. 2. Daß man sie anweise, über alles vernünftig zu urtheilen und edel zu denken. 3. Daß man sie ermuntere, auf alles mit Lehrbegierde aufmerksam zu seyn. 4. Daß man sie lehre, sowohl aus ihren eigenen, als auch aus anderer Leute Fehlern, Versehen und Vergehungen, Regeln der Weisheit und Klugheit zu ziehen, wodurch zugleich verhütet wird, daß sie nicht leicht ein Aergerniß nehmen, auch andere Leute nicht verachten und verspotten. 5. Daß man sie auch das Schöne und Nachahmungswürdige in anderer Leute Verhalten, bemerken und nachahmen lehre.
Einige andere wichtige Stücke der Zucht und Erziehung sind, daß man seine Untergebene zur Liebe, Furcht und Ehrerbiethung gegen Gott, zur Verehrung und zum würdigen Be<24, 197>kenntniß des Heilandes der Welt, zur Arbeitsamkeit und Mäßigkeit, zur Menschenliebe, Dienstfertigkeit, Bescheidenheit, Freundlichkeit, Leutseligkeit, Friedfertigkeit und Sanftmuth, und zur wohlanständigen Dreistigkeit, Artigkeit und guten Ordnung, sowohl durch sein eigenes Beyspiel, als auch durch Lehren und Ermahnungen, ermuntere.
Endlich müssen Informatoren und Hofmeister auch für die Gesundheit ihrer Untergebenen sorgen, und sie deswegen vornehmlich an eine gute Lebensordnung gewöhnen und dabey erhalten.
In eine Anweisung zum Unterricht der Untergebenen, und dessen Einrichtung, kann und darf mich hier nicht einlassen.
Was die hofmeisterlichen Pflichten betrifft, so muß ein Hofmeister 1) sich zwar nicht als einen Befehlshaber seines Untergebenen betragen; weil er aber bey demselben die Stelle der Aeltern vertritt, so muß er auch bey ihm in Ansehen stehen, und sich solches durch seine Klugheit zu erhalten wissen. Er muß aber auch dahin sehen, daß sein Untergebener ein freundschaftliches Vertrauen zu ihm habe, ihm sein Herz entdecke, sich seines Rathes gern bediene, und auf seinen Wink achte. Er muß auch in allen Fällen und zu allen Zeiten ein Muster für seinen Untergebenen seyn. 2) Er muß nothwendig die gute Haushaltungskunst verstehen, damit er die Gelder, welche ihm anvertrauet werden, klüglich, sowohl zur Zufriedenheit und Ehre seines Herren, als zur wahren Ehre, zum besten Vortheil und anständigen und nützlichen Vergnügen seines Untergebenen, verwalte und anlege. Er thut wohl, wenn er über Einnahme und Ausgabe genaue Rechnung führt, und solche oftmahls ableget. Er beschwere sein Gewissen nicht durch heimliche Untreue. 3) Er muß seinem Untergebenen keine andere als vernünftige, tugendhafte, artige und unschädlich belustigende Gesellschaften verschaffen und zulassen, ja seine persönliche Gesellschaft dem Untergebenen so angenehm und unent<24, 198>behrlich machen, daß er sie aller andern Gesellschaft vorziehe, auch, so viel möglich, sein ungetrennter Gefährte seyn. Die meisten Jünglinge haben einen starken Hang zu sinnlichen Vergnügungen; diesen auf etwas unschädliches und geziemendes zu lenken, und durch das edlere Vergnügen des Geistes zu mäßigen, und auch in diesem Stücke das Vertrauen des Untergebenen so zu gewinnen, daß er sich darin gern nach dem Rathe und Beyspiele seines Hofmeisters richte, ist nicht unmöglich, aber sehr schwer. 4) Er kann über die Tugend und Wohlfahrt desselben nicht zu viel wachen, weil sie täglich in Gefahr sind. So bald er eine Versuchung desselben entdeckt, muß er ihn daraus zu erretten suchen, ihn also freundschaftlich und ernstlich warnen, die verführenden Gelegenheiten und Personen von ihm abwenden, und wenn solches dem Untergebenen hart angeht, ihm anderweitiges, unschädliches Vergnügen dafür versprechen und verschaffen. Geräth aber der Untergebene in gar zu starke Versuchung, die ihm große Gefahr bringt, so muß der Hofmeister den Aeltern oder Verwandten desselben zeitig Bericht davon abstatten, und mit ihnen überlegen, was zur Errettung des Untergebenen zu thun sey. 5) Vor schimpflichen und gefährlichen Händeln muß er seinen Untergebenen aufs möglichste zu bewahren suchen, mithin nicht nur dasjenige beobachten, was vorhin in Ansehung der Gesellschaft angerathen worden, sondern auch die aus der Unvorsichtigkeit, Uebereilung und jugendlichen Hitze seines Untergebenen und anderer Personen zu besorgenden Verdrießlichkeiten, im ersten Anfange klüglich zu heben und zu vermitteln, oder ihnen auf andere Weise auszuweichen suchen, keinesweges aber sie durch seine eigene Unbedachtsamkeit und Hitze befördern oder vermehren. 6) Ein Hofmeister muß mit Vernunft und Klugheit dafür sorgen, daß seinem Untergebenen die Vorrechte eingeräumet und zugestanden wer<24, 199>den, welche er seinem Stande gemäß verlangen kann, folglich zwar auf der einen Seite sich und seinen Untergebenen durch übertriebene Forderung nicht lächerlich machen, auf der andern Seite aber auch nicht gleichgültig darin seyn, ob seinem Untergebenen der Vorzug, welchen er verlangen kann, wirklich wiederfahre oder nicht. Kann er ihn in einigen Fällen dadurch befördern, daß er von seinen eigenen Gerechtsamen etwas fahren lässet, so muß ihm solches nicht schwer ankommen. 7) Der Hofmeister muß zwar die Handlungen, Reden, Sitten und Geberden seines Untergebenen im Umgange mit andern regieren, aber auf eine andern fast unmerkliche Weise, folglich so, daß sein Untergebener dadurch weder beschimpfet, noch furchtsam und mißvergnügt gemacht wird. Wenn der Untergebene es auf eine oder die andere Art versieht, muß er ihm solches in vertrauter Unterredung auf eine so freundschaftliche und lehrreiche Weise anzeigen, daß der Untergebene doppelte Ursache hat ihm dafür zu danken, und auf das Künftige vorsichtiger wird. Durch vorläufigen guten Unterricht über allerley Fälle, welche in dem bevorstehenden Umgange vorkommen können, und durch freundschaftliche Verabredung gewisser andern nicht leicht merklichen Zeichen, können viele Versehen verhindert werden. 8) Auf hohen Schulen erwählet der Hofmeister die Vorlesungen, welche sein Untergebener besuchen soll, wohnt denselben ordentlicher Weise mit bey, prüfet bey der Wiederhohlung, was der Untergebene von dem Gehörten begriffen und behalten habe oder nicht, und sucht, was in beyden Fällen fehlt, zu ersetzen. Es ist besser, daß solches in einer freyen und ungezwungenen Unterredung, als in Form einer neuen Vorlesung geschehe, zumahl wenn der Untergebene zu der Wiederhohlung geringe Lust hat. Es ist wider die Klugheit gehandelt, wenn ein Hofmeister gewisse Theile der Gelehrsamkeit, von welchen er <24, 200> kein besonderer Liebhaber ist, darin aber doch sein Untergebener Unterricht nehmen muß, oder wohl gar das ganze ihm nicht mehr gefallende akademische Leben durch mißvergnügte Klagen, welche er darüber führt, dem Untergebenen unangenehm, ja verhaßt macht. 9) Nicht alle Hofmeister wissen die Reisen sich selbst und ihren Untergebenen so zu Nutze zu machen, daß die dadurch erlangten Vortheile der angewandten Kosten und Bemühungen werth sind. Es ist aber diese Einsicht und Klugheit einem jeden sehr nothwendig. Sie kann durch aufmerksamen Gebrauch guter Reisebeschreibungen, und durch den Unterricht erfahrner Personen, erlanget werden. Der Hofmeister muß nicht nur für sich ein nützliches Tagebuch führen, sondern auch den Untergebenen ermuntern und anhalten, daß er täglich alles aufschreibe, was er Merkwürdiges und Wichtiges gesehen, gehört, gelesen, und vor Nutzen daraus geschöpfet hat. Der wichtigste Nutzen der Reise ist, daß sie gemeinschaftlich aus allen ihren Erfahrungen Regeln der Weisheit und Klugheit ziehen, solche aufschreiben, und lebenslang beobachten.
Verhalten der Informatoren und Hofmeister gegen die Hausgenossen. Mit den Hausgenossen ist es oft schwerer auszukommen, als mit der Herrschaft. Je größer ihre Anzahl und Mannigfaltigkeit ist, desto größer ist auch die Schwierigkeit. Es ist also viele Klugheit nöthig, um mit diesen Leuten recht umzugehen. Ich empfehle in dieser Absicht folgende Regeln. 1. Man sey gegen alle Bediente seiner Herrschaft freundlich und höflich, und komme ihnen darin zuvor. 2. Mit einem Mit=Informator und Sprachmeister muß man in gutem Verständniß zu leben, und ihre Eifersucht nebst deren Folgen aufs möglichste zu verhindern suchen. 3. Man erweise den obern Bedienten, und denen, die bey der Herrschaft besonders beliebt sind, in der Titulatur und übrigen Begegnung <24, 201> mehrere Ehre, statte auch wohl alle Vierteljahr einmahl auf ihrer Stube einen kurzen Besuch bey ihnen ab. 4. Ein Informator handle ja nicht stolz und befehlshaberisch gegen die Bedienten, selbst gegen denjenigen nicht, der seinem Untergebenen und ihm zur Aufwartung zugeordnet worden, sondern verlange alles bittweise und mit Freundlichkeit. Ein Hofmeister hat über den Bedienten, welcher seinem Untergebenen und ihm mitgegeben worden, das Ansehen, welches ein Herr über seine Bediente hat, muß es aber doch mit Vernunft und Menschenliebe gebrauchen. 5. Man gebe seinem und seines Untergebenen Bedienten, der Hausjungfer, welche die Reinigung des leinenen Zeuges besorget, und den Mägden, zu gewissen Zeiten Geschenke. 6. Man lasse ja nicht zu, daß der Bediente seines Untergebenen ein Vertrauter und halber Hofmeister desselben werde. 7. Man hüte sich auch selbst vor aller Vertraulichkeit mit den Bedienten, nehme auch an ihren Parteyen und Plaudereyen keinen Antheil. 8. Man hänge sich ja nicht an eine der weiblichen Bedienten seiner Herrschaft; denn man zieht sich sonst unbeschreiblich viel Verdruß, Schaden und Unglück zu. 9. Die Beleidigung des Gesindes ertrage man, so lange es möglich ist, mit Geduld; werden sie aber zu arg, so thue man zuerst ihnen selbst sanftmüthige Vorstellungen; und wenn diese nichts ausrichten, so beklage man sich über das erlittene Unrecht mit Bescheidenheit und Sanftmuth bey seiner Herrschaft.
Geziemende Bitten an alle diejenigen, welche Informatoren und Hofmeister für ihre Kinder suchen und annehmen. 1. Man verspreche den Candidaten, welche man entweder zu Informatoren oder zu Hofmeistern annimmt, ein mehreres nicht, als man gewiß leisten kann und will, und erfülle seine Zusagen pünctlich. 2. Man sehe die Dienste, welche <24, 202> man von den Informatoren und Hofmeistern verlangt, für das an, was sie wirklich sind, nähmlich für sehr mühsam und wichtig, und erleichtere, befördere und versüße dieselben so viel es möglich ist. 3. Man begegne den Informatoren und Hofmeistern seiner Kinder nicht wie seinen Bedienten, sondern ehre dieselben, sowohl in der Titulatur, als übrigen Begegnung, insonderheit in Gegenwart fremder Personen, so wird man sich dieselben dadurch mehr, als durch Geschenke, verpflichten, und ihnen auch bey seinen Kindern desto größere Achtung verschaffen. 4. Man muthe ihnen keine niederträchtige, unanständige, oder gar ungewissenhafte und sündliche Dinge an. 5. Man denke nicht, daß seine Kinder nur alsdenn etwas lernen würden, wenn sie täglich 6 oder noch mehrere Stunden, und zwar sowohl Vor= als Nachmittags einige Stunden hinter einander unterrichtet würden. Eine solche gesetzmäßige Einrichtung ist sowohl für die Kinder, als deren Lehrer, beschwerlich und schädlich. Man lasse beyden mehrere Freyheit und Zwischenzeit zur Erhohlung und Ergetzung. Es kommt nicht auf die Menge der Stunden, sondern auf die Munterkeit und Lust der Kinder und deren Informatoren an. Man trenne auch zuweilen seine Kinder von ihren Informatoren; das ist beyden Theilen nützlich: jenen, damit sie nicht bloß ihre Lehrer nachahmen; diesen, damit sie sich erhohlen, ihre eigene Studia fortsetzen, und zu ihrer eigenen Belehrung mit erfahrenen Personen umgehen können. 6. Wenn die Informatoren und Hofmeister Fehler begehen, so halte man ihnen dieselben auf eine leutselige, sanftmüthige und freundschaftliche Weise vor, und zwar unter vier Augen, nicht aber in Gegenwart der Kinder, des Gesindes und fremder Leute. Man spreche in Gegenwart seiner Kinder von den abwesenden Informatoren und Hofmeistern nichts nachtheiliges, nehme auch die Klagen seiner Kinder nicht <24, 203> sogleich als gegründet an, und sey nicht fertig, ihnen wider ihre Informatoren und Hofmeister Recht zu geben, sondern kehre es vielmehr um, so gar auch alsdenn, wenn die Kinder nicht ganz Unrecht hätten. Man halte diese zum hochachtungsvollen und willigen Gehorsam gegen ihre Lehrer und Hofmeister an; und wenn diese gegen ihre Untergebene die Achtung beweisen, zu welcher sie oben, S. 193, ermahnet worden, so nehme man hinwieder seinen Kindern das Vorurtheil, als ob ihr Stand sie schon während der Zeit, da sie Lehrlinge und Untergebene sind, über ihre Lehrer und Hofmeister erhebe. Man gedenke an das nachahmungswürdige Beyspiel eines vornehmen Grafen, welcher dem Hof=Meister seiner Kinder ausdrücklich verboth, den Vorzügen ihres Standes zu viel einzuräumen, und verlangte, daß er sie in dem, was ihnen nützlich und nöthig sey, unterrichten, ihm aber überlassen solle, sie künftig zu belehren, daß sie Grafen wären, wozu ihm eine Stunde hinlänglich seyn würde. 7. Man hindere einen vernünftigen, vorsichtigen und rechtschaffenen Informator nicht, wenn er an den Kindern gute Zucht ausüben will, gebe ihm vielmehr in Gegenwart der Kinder große Gewalt und Ansehen über dieselben, wenn man gleich in geheimer Unterredung mit ihren Informatoren sich ausbedinget, daß sie alle wichtige Fälle der Zucht mit uns überlegen sollen. 8. Man verstatte nicht, daß den Informatoren und Hofmeistern von den Bedienten Unrecht geschehe, und traue den heimlichen Anklagen derselben nicht ohne genaue Untersuchung. 9. Man suche zwar geschickten, rechtschaffenen und treuen Informatoren und Hofmeistern seiner Kinder durch würdige Belohnungen und andere Gefälligkeiten ihre Dienste zu vergelten, und sie dadurch zu bewegen, daß sie nicht leicht und geschwinde von uns gehen; wenn sie uns aber unterschiedene Jahre lang nützliche Dienste geleistet haben, und sich ver<24, 204>bessern können, so halte man dieselben auf keinerley Weise auf; und wenn man ihnen zu bessern Umständen und würdigen Aemtern behülflich seyn kann, so unterlasse man es nicht. Man lasse auch keinen ohne ein Geschenk von sich. Solcher Gestalt wird man die Lehr= und Hofmeisterschaften bey seinen Kindern beliebt machen, und sich nicht leicht vergeblich um vorzüglich brauchbare Leute bemühen.
Der Hofmeister, st. im 21--24 St. der Hannov. gel. Anz. v. J. 1754.
Zufällige Gedanken über die Wahl der Hofmeister. Wien, 1779, 8. 2 und ein Viertel Bog.
Ant. Fr. Büschings Grundriß eines Unterrichts für Informatoren und Hofmeister. Altona 1760, 8. Zweyte Aufl. 1763.
Eb. Dess. Unterricht für Informatoren und Hofmeister. Hamb. 1773, 8. 11 B.
Plutarch von der Erziehung der Kinder; aus dem Griech. übersetzt, und mit einer Vorrede, mit einigen Anmerkungen, einer Rede des Isokrates, und einem Unterricht für Hofmeister, begleitet von Chr. Wilh. Kindlebn. Lemgo, 1779, 8.
Weil einem Staate an guter Erziehung und Unterweisung seiner Kinder unbeschreiblich viel gelegen ist, und dieses wichtige Geschäfft gemeiniglich jungen Männern übergeben wird, welche eben die hohen Schulen verlassen haben, auf welchen sie sich zwar, wenn sie fleißig gewesen, den Grundriß der Wissenschaften bekannt gemacht, aber noch keine Uebung und Erfahrung, und also auch nicht die daraus erwachsende Fertigkeit und Klugheit haben: so ist ja wohl höchst nützlich und nöthig, daß man, zu einiger Ersetzung dieses Mangels, sie selbst vorläufig unterrichte, wie sie sich künftig als Hofmeister und besondere Lehrer junger Leute pflichtmäßig, wohlanständig und klüglich verhalten müssen. Ein solcher Unterricht sollte billig auf allen hohen Schulen, und von einem halben Jahr zum andern ertheilet, auch von den Studierenden wohl zwey Mahl, und zum ersten Mahl gleich im Anfange ihres akademischen Lebens angehöret werden, damit sie sich zu rechter Zeit desjenigen befleißigen könnten, welches <24, 205> sie zu künftigen Lehrern und Hofmeistern der Jugend geschickt macht. Ein solcher Unterricht muß von Zeit zu Zeit erneuert, und so eingerichtet werden, daß er den Menschen, Gewohnheiten und Bedürfnissen der neuesten Zeit gemäß sey. Ob nun gleich der Nutzen desselben unläugbar und unstreitig ist: so ist er doch nicht hinlänglich, die Studierenden zu recht brauchbaren Hofmeistern und Lehrern zu bilden, sondern zur bessern Erreichung dieses Zweckes sollten auf den Universitäten eigene Pflanzschulen errichtet werden, in welchen tugendhafte und fähige Studierende, durch ganz besondere Anweisung und eigene Uebungen, zur Erziehung, Anführung und Unterweisung junger Leute, insonderheit junger Standespersonen zubereitet würden. Man dürfte ja hoffen, daß alle diejenigen, welche geschickte und zuverlässige Hofmeister und Lehrer für ihre Kinder gebrauchen, und würdig belohnen, sie aus solchen Pflanzschulen zu bekommen suchen würden.
Aller dieser Rathschläge ungeachtet, sehe ich es für ein Uebel an, daß heutiges Tages die Privatlehrer in so großer Menge verlangt und gebraucht werden, und glaube, daß sie zum Verfall der Gelehrsamkeit sowohl, als der öffentlichen Schulen, nicht wenig beytragen, insonderheit so lange auf den Universitäten die vorhin angeführten Pflanzschulen fehlen. Nicht nur Edelleute, sondern auch die Beamten, Pächter und Prediger auf dem Lande, und in den Städten so gar Handwerksleute, wollen Informatoren, oder, wie diese sowohl als jene sagen, Hofmeister für ihre Kinder haben. Den vornehmsten jungen Standespersonen gestehe ich Privatlehrer zu; ich erkenne auch, daß die Hofmeister vielen jungen Leuten, welche auf hohe Schulen und auf Reisen gehen, sehr nützlich und unentbehrlich sind; ich will auch zugeben, daß unterschiedene auf dem Lande lebende Personen, wenigstens eine Zeit lang besondere Lehrer bey ihren Kindern ge<24, 206>brauchen müssen; allein, daß jedermann, der Kinder hat, wo es ihm nur irgend möglich ist, einen Informator für dieselben annimmt, ist für die Gelehrsamkeit, für die öffentlichen Schulen, und also auch für den Staat sehr nachtheilig. Ins besondere tragen die vielen Privat=Unterrichte in einer Hauptstadt dazu viel bey, daß es nicht allein Aeltern auf dem Lande, und die von öffentlichen Schulen entfernt sind, sehr schwer wird, tüchtige Hauslehrer zu erhalten, da diese, sie mögen beschaffen seyn wie sie wollen, in der Stadt ihr Unterkommen finden können, sondern daß auch andere große Schulanstalten solches Ortes an rechtschaffenen Lehrern öfters einen Mangel haben. Junge Leute, welche daselbst unter Aufsicht und Zurechtweisung einiger erfahrnen Vorgesetzten die Kinder unterrichten, und sich dadurch zu ihren kunftigen Aemtern bilden könnten, meiden solche Anstalten eben darum weil man genau, sowohl auf ihren Unterricht, als auch auf ihren Wandel, Acht gibt, wenn sie gleich für ihre Arbeit gut bezahlet werden. Sie lassen sich lieber gefallen, etwas wenigeres von Handwerkern und einfältigen Leuten zu nehmen, weil sie daselbst weniger eingeschränkt sind, keinen Aufseher haben, und niemand sie meistern kann noch darf. Nicht zu gedenken, daß die bisher zum Nachtheil der öffentlichen Schulen eingeführte Gewohnheit, sich einen Hauslehrer zu halten, Gelegenheit gibt, daß die Studierenden weniger, als in vorigen Zeiten, auf der hohen Schule lernen und diese beziehen, nicht sowohl die Lehrstunden ihrer Lehrer ordentlich zu besuchen, und auf den in den niedern Schulen gelegten Grund zu bauen, als vielmehr ihr Leben durch den Hausunterricht zu erhalten, und wenn sie einige Jahre, von der untern Schule an, also mit Informiren zugebracht haben, welches nunmehr so viel heißt, als auf der Akademie leben, sogleich in Aemter gesetzet werden. Ich will es der Obrigkeit und den <24, 207> Polizeyämtern überlassen, ob es nicht von guter Wirkung wäre, die Freyheit, sich einen Hauslehrer zu halten, mehr einzuschränken, und solche wenigstens zuerst denen, die ein bürgerliches Gewerbe treiben, entweder gänzlich zu untersagen, oder wofern sie dennoch auf einen Hauslehrer bestehen, ihnen aufzulegen, von jedem schulfähigen Kinde, welches bloß zu Hause unterrichtet wird, den angeordneten Schul=Lehrern das wenige Schulgeld so gut zu bezahlen, als wenn sie das Kind zur Schule schickten. Auf dem Lande sind Privat=Lehrer höchstens nur in den ersten Jahren der Kindheit unentbehrlich, wenn man nähmlich dafür hält, daß die Kinder schon zeitig täglich verschiedene Stunden lang unterrichtet werden müssen, und die Väter weder Zeit noch Geschicklichkeit haben, ihre Kinder selbst zu unterrichten. Wenn aber die Kinder schon über 12 Jahr alt sind, können sie gar wohl in die Städte zu den öffentlichen Schulen geschickt werden. Hiergegen könnte man zwar einwenden, daß die Kosten, welche dazu erfordert werden, eine große Schwierigkeit verursachen, weil ein Informator auf dem Lande weit weniger kostet, als die Unterhaltung eines Kindes, geschweige denn mehrerer Kinder in der Stadt. Wie haben sich aber unsere Vorfahren geholfen, bey welchen die Privat=Lehrer auf dem Lande weit seltener gewesen sind, als heutiges Tages? Diejenigen, welche Informatoren für ihre Kinder halten, sind entweder reiche, oder mittelmäßig begüterte Personen. Bey jenen fällt die Schwierigkeit des Unterhaltes weg; und bey diesen kann sie sehr verringert werden, wenn die Aeltern nur so vernünftig sind, und nicht alle ihre Söhne studieren lassen, sondern diejenigen, die kein vorzügliches Genie hätten, (s. Th. XVII, S. 321, fgg.) den Künsten und Handwerken widmen, und letztere, wenn es ja nöthig ist, ihnen in den Städten einigen Unterricht ertheilen zu lassen, daselbst nur <24, 208> Jahr und Tag unterhalten, die Kinder nach und nach dahin schicken, und solche Einrichtungen mit ihnen machen, daß sie ihnen nicht mehr, oder doch nicht viel mehr kosten, als sie an einen Informator verwenden müßten, und solcher Gestalt ihre Kinder zeitig zur guten Haushaltung, Mäßigkeit, Arbeitsamkeit und Dienstfertigkeit gegen andere Leute, zur Beförderung ihres Unterhaltes, anhalten. Die Erfahrung hat in alten und neuen Zeiten gelehret, daß alles dieses möglich, und für die jungen Leute in vielerley Absicht sehr vortheilhaft sey.
Hof=Meisterinn, s. oben, S. 169.
Hof=Meisterinn, (französische) Französinn, s. Th. XIV, S. 749, f.
Hofmeistern, s. oben, S. 170.
Hof=Metzger, s. Hof=Handwerker.
Hof=Meyer, s. Hof=Meier.