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Ulrich Troitzsch: Artikel "Krünitz", aus: Biographische Enzyklopädie der deutschsprachigen Aufklärung, hrsg. von R. Vierhaus u. H. E. Bödeker, München 2002, S. 178

Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verfassers. © Ulrich Troitzsch

Krünitz, Johann Georg, Mediziner, Lexikograph, * 28. 3. 1728 Berlin, gestorben 20.12. 1796 Berlin.

Der Kaufmannssohn studierte zunächst in Göttingen und anschließend in Frankfurt/Oder Medizin sowie Philosophie, Mathematik und Chemie. Bereits 1749 wurde er dort promoviert (De matrimonio multorum morborum remedio), heiratete 1752 eine Frankfurter Kaufmannstochter, praktizierte als Arzt, hielt Privatvorlesungen und veröffentlichte physikalische und medizinische Artikel in Zeitschriften. Da Krünitz offenbar keine Chancen sah, in Frankfurt/Oder an der Universität zu lehren, zog er 1759 nach Berlin, wo er sich als freier Schriftsteller niederließ und sein hauptsächliches Einkommen durch die Übersetzung von englischen und französischen naturwissenschaftlichen und medizinischen Werken sowie das Korrekturlesen für Berliner Verlage bezog. So erschien 1772 seine deutsche Übersetzung der Geschichte der Elektricität von Joseph Priestley. 1792 wurde Krünitz in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen. Doch Krünitz wäre wohl längst vergessen, hätte er sich nicht mit einem Werk ein Denkmal gesetzt, das immer noch eine der wichtigsten Quellen zur Geschichte des 18. und frühen 19. Jh. darstellt: Oekonomisch-technologische Encyklopädie, oder allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirthschaft und der Kunstgeschichte in alphabetischer Ordnung. Der Ausgangspunkt war die Übersetzung einer in Yverdon (Schweiz) erschienenen sechzehnbändigen Encyclopèdie Oeconomique, die K. allerdings mit Ergänzungen versehen wollte. Doch schon ab dem dritten Band wurde daraus ein eigenständiges Werk, das bei seinem Tod bereits 73 Bände mit einem durchschnittlichen Umfang von 600 Seiten umfaßte und jeweils mit einem Porträtkupfer und zahlreichen Kupferstichen im Anhang versehen war. Dank einem immer wieder in Preußen erneuerten Privileg für den Verleger und seine Nachfolger konnte die Veröffentlichung fortgesetzt werden, bis schließlich im Jahr 1858 mit dem 242. Band die Enzyklopädie abgeschlossen war.

Krünitz, den Gedanken der Spätaufklärung verbunden, stellte den Nützlichkeitsaspekt in den Vordergrund, bemühte sich, alle Wissensgebiete, soweit sie mit dem programmatischen Titel der Enzyklopädie in Zusammenhang standen, zu erfassen, machte auf Mißstände aufmerksam, ohne jedoch die bestehende Gesellschaftsform in Frage zu stellen. Aufgrund seines breiten Wissens, seiner Sprachkenntnisse, seiner Kontakte zu zahlreichen Gelehrten und seiner großen Privatbibliothek war er in der Lage, für jeden Fachartikel die relevante in- und ausländische Literatur des 18. Jh. kritisch auszuwählen und die eigene Position darzustellen. Die von ihm verfaßten Bände stellen für die Sozial-, Wirtschafts- und Technikgeschichte, aber auch die Geographie-, Biologie- und Medizingeschichte sowie die Rechts- und Verwaltungsgeschichte eine bei weitem noch nicht ausgeschöpfte Fundgrube zum 18. Jahrhundert dar.

LITERATUR: Johann W. A. Kosmann: Leben des verstorbenen Herrn Doktor J. G. Krünitz. In: Denkwürdigkeiten und Tagesgeschichte der Mark Brandenburg, Bd. 3 (1797) S. 372-391. - Ulrich Troitzsch: J. G. Krünitz. In: Wilhelm Treue/Wolfgang König (Hrsg.): Berlinische Lebensbilder. Techniker. Berlin 1990, S. 1-14. -Annette Fröhner: Technologie und Enzyklopädismus. J. G. Krünitz (1728-1796) und seine Oekonomisch-technologische Encyklopädie. Mannheim 1994.

Ulrich Troitzsch